Wegen schweren Raubs steht ein Mann vor dem Landgericht. Foto: Archiv

Verhandlung gegen einen Reutlinger wegen schweren Raubes. Genetischer Beweis belastet den Beschuldigten stark.

Winterlingen/Hechingen - Rund fünf Jahre ist es her, dass die Mitarbeiterin eines Schreibwarengeschäfts mit Poststelle in der Winterlinger Ortsmitte von einem maskierten, bewaffneten Räuber überfallen und mit Klebeband gefesselt worden ist. Kurz vor Ladenschluss räumte der Täter die Kassen leer und ließ die Frau am Boden zurück. Jetzt wurde vor dem Landgericht die Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Räuber eröffnet, dessen DNA am Tatort sichergestellt worden war.

Er sei serbischer Staatsbürger, lebe aber seit seiner Jugend mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis in Deutschland, gab der Angeschuldigte zu Protokoll. Der 1962 geborene Gelegenheitsarbeiter war mit seinem Pflichtverteidiger zur Verhandlung erschienen. Gegen ihn wurde erst ab 2013 ermittelt, da zunächst ein anderer Mann verdächtigt wurde, am 19. August 2010 den Raub begangen und neben einem Handy rund 2380 Euro erbeutet zu haben.

Dem Angeklagten droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Er bestreitet die Vorwürfe. Am fraglichen Abend habe er in einem Gastronomiebetrieb gearbeitet. Er wisse nicht einmal, wo der Laden sei und kenne sich in Winterlingen nicht aus.

Zweifel an den Aussagen des Angeklagten

Dass die DNA-Untersuchung unzweifelhafte Spuren des Mannes auf den Klebebändern nachgewiesen hat, erklärt sich der Verdächtige damit, dass ihm während eines kurzen Einkaufs in einer Supermarkt-Bäckerei in Winterlingen im Frühjahr sein Werkzeugkoffer aus dem Auto gestohlen worden sei. Dieser habe auch das braune Paketklebeband enthalten. Aufgrund des geringen Wertes der Sachen habe er damals keine Anzeige erstattet.

Die Staatsanwaltschaft und das Gericht hegten Zweifel an den Ausführungen des Beschuldigten. Dessen finanzielle Situation war 2010 nicht gerade rosig. Er hatte Schulden aus einer gescheiterten Selbstständigkeit, einer Scheidung in den 1990er-Jahren, offene Verbindlichkeiten bei Familie, Freunden und Bekannten, außerdem hohe Mietschulden. Diese lasteten schwer auf dem Reutlinger, der mit Nebenjob und Gelegenheitsarbeiten kaum den Lebensunterhalt für seine vierköpfige Familie und den Unterhalt für seine weiteren Kinder aus früheren Beziehungen aufbringen konnte.

Er wurde schuldig gesprochen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen die Hackfleischverordnung, vorsätzlichen Fahrens mit einem nicht versicherten Fahrzeug, schweren Bandendiebstahls in zwölf Fällen, Computerbetrugs in sechs Fällen, versuchter Hehlerei sowie gewerbsmäßigen Betrugs in mehreren Fällen. Der Mann hat bereits einige Jahre in Haft zugebracht.

Am Nachmittag wurde als erste Zeugin die Lebensgefährtin des mutmaßlichen Täters gehört, die alle Aussagen ihres Lebensgefährten bestätigte. Der zweite Zeuge, Senior-Chef einer Winterlinger Firma, in welcher der Angeklagte kurzzeitig beschäftigt war, sagte aus, er habe den Tatverdächtigen auf freundschaftlicher Basis unterstützt. Sein Sohn und jetziger Inhaber des Betriebs wurde als dritter Zeuge befragt: Die Arbeitsmoral des Beschuldigten sei eher schlecht ausgeprägt gewesen. Der vierte Zeuge, ein Beamter der Post, erklärte dem Gericht, wie der entstandene Schaden für die Poststelle ermittelt worden war. Anschließend erläuterte der Inhaber des Schreibwarengeschäfts, wie sich der Fehlbetrag in der Kasse seines Ladens herleiten ließ. Außerdem trug er seine Einschätzung vor, dass die Mitarbeiterin nach wie vor Schwierigkeiten habe, unbefangen zu sein – im ersten halben Jahr ließ der Eigentümer sie nicht mehr alleine im Geschäft.

Die Betroffene selbst äußerte sich ähnlich zu den Folgen des Überfalls: Sie beschrieb ein besonderes Sicherheitsverhalten – der Laden wurde so umgebaut, dass nun alle Ecken einsehbar sind – sowie Schlafstörungen und Ängste bei ihren Kindern. Ein Kunde, der den Laden betrat und den Räuber vermutlich gesehen hat, konnte nicht als Zeuge gehört werden, da er zwischenzeitlich gestorben ist.

Die Verhandlung wird am Montag fortgesetzt.