Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Foto: dpa

Bundesverkehrsminister Dobrindt hat neue Pläne für eine Pkw-Maut vorgelegt. Im Südwesten werden sie kritisch beäugt. Landesressortchef Hermann sieht damit keine Probleme gelöst.

Stuttgart - Auch die neuen Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für eine Pkw-Maut stoßen im Südwesten auf verhaltene Reaktionen und Kritik. Landesressortchef Winfried Hermann (Grüne) monierte am Donnerstag in Stuttgart, die vorgesehene Maut bringe weder die notwendigen Einnahmen für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur, noch sei damit der Verkehr sinnvoll zu lenken.

Vize-Regierungschef Nils Schmid (SPD) sagte: „Die Beschränkung auf Autobahnen führt zu erheblichen Ausweichverkehren und damit zu einer enormen Mehrbelastung der ohnehin schon überlasteten Bundesstraßen bei uns im Land.“ Der Vorsitzende des Autoclubs ACE, Stefan Heimlich, meinte: „Wir sehen nicht, wie die klaffende Finanzlücke von jährlich 7,2 Milliarden Euro mit diesem Mautkonzept geschlossen werden soll.“

Hingegen hatte CDU-Landeschef Thomas Strobl bereits am Mittwoch erklärt: „Das neue Konzept können und werden wir mittragen.“ Denn die jetzt vorgelegten Vorschläge berücksichtigten die Bedenken aus den grenznahen Regionen. Auch CDU-Fraktionschef Peter Hauk sprach von einer guten Lösung. Nach Widerstand - auch aus Baden-Württemberg und der Südwest-CDU - war Dobrindt davon abgerückt, das ganze Straßennetz samt Landes- und Kommunalstraßen mautpflichtig zu machen. Kritikern der ursprünglichen Mautpläne sahen vor allem den „kleinen Grenzverkehr“ mit dem benachbarten Ausland wie der Schweiz in Gefahr.

Erwartet werden  500 Millionen Euro mehr im Jahr

Nach Dobrindts neuen Plänen soll für inländische Autobesitzer die Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen kommen und unter dem Strich keine Mehrbelastungen bringen. Pkw-Fahrer aus dem Ausland sollen nur auf Autobahnen zahlen. Von ihnen erwartet Dobrindt nach Abzug der Kosten Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro im Jahr. Der Gesetzentwurf soll nun in der schwarz-roten Bundesregierung abgestimmt werden. Die Pkw-Maut soll 2016 eingeführt werden.

Verkehrsminister Hermann kritisierte, Dobrindt schaffe ein bürokratisches Monster, das sich mit Ach und Krach selbst finanziell tragen dürfte, aber zur Lösung der Finanzierungsprobleme bei der Verkehrsinfrastruktur nichts beitrage. Hermann plädierte stattdessen abermals für eine zügigen Ausweitung der bestehenden Lkw-Maut.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg lobte, dass nun überhaupt eine Pkw-Maut komme. Es sei dringend Geld nötig, um die Straßen vor einem weiteren Verfall zu bewahren, sagte eine Sprecherin. Mittel- bis langfristig sei aber eine intelligente Maut nötig, die zum Beispiel berücksichtige, wie viel jemand unterwegs sei und zu welchen Zeiten.

Wird auf kleinere Straßen ausgewichen?

In den Grenzregionen befürchten Kritiker der Maut, dass Autofahrer aus dem Ausland auf kleine Straßen ausweichen und diese über Gebühr belasten könnten. Im Südwesten wären davon neben den Kreisen Konstanz und Lörrach mit der Autobahn 98 unter anderem wohl auch die Regionen um die Autobahn 5 an der französischen Grenze betroffen.

Ob sich die Mautpläne auf die Einkaufslust der Eidgenossen im Nachbarland auswirken könnte, ist dagegen umstritten: In grenznahe Städte wie Konstanz kommen viele Schweizer bislang schon mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad - eine Maut würde daran nichts ändern, glauben einige Einzelhändler in der Stadt.

Kritischer beurteilt das der Handelsverband Südbaden. Nach dessen Angaben lassen sich rund ein Drittel des Konstanzer Umsatzes auf Schweizer Kunden zurückführen. Eine Maut auf deutschen Straßen wäre durchaus eine „Eintrittshürde“, hieß es kürzlich beim Verband.

2012 haben die Schweizer 4,6 Milliarden Franken (rund 3,8 Milliarden Euro) in Deutschland ausgegeben - das hat eine Studie des Marktforschungsinstituts GfK ergeben. Und ihre Einkaufslust ist ungebrochen: Mehr als neun Millionen Ausfuhrzettel hat das Hauptzollamt Singen 2013 vor allem an Schweizer Nachbarn ausgestellt - rund 30.000 pro Werktag. Mit diesen „Grünen Zetteln“ können sich Nicht-EU-Bürger ihre auf Einkäufe in Deutschland gezahlte Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen.