Uwe Traub ging mit seinem Schwiegersohn, Frank Taschke, als Radbegleitung an den Start. Foto: Traub

161 Kilometer im Gedenken an die Maueropfer. Vortrag im im evangelischen Gemeindezentrum.

Wildberg-Effringen - "100 Meilen Berlin": Das sind rund 161 Kilometer, die nicht nur an die körperlichen Grenzen führen, sondern auch entlang der Berliner Mauer. Uwe Traub war einer der 300 Teilnehmer an einem Lauf, der nicht nur sportlich herausfordernd ist.

Am Ende der Autoschlange blickt der Grenzer streng und abweisend. Scheinbar willkürlich werden Autos zur Seite gewunken. Schon kirchliche Flyer sind Anlass genug, um ganze Autos auseinanderzubauen.

"Es war schon beklemmend bis man die Grenzkontrollen durch hat", blickt Uwe Traub zurück. Heute ist er Ortsvorsteher von Effringen und erinnert sich an die Begegnungen mit der DDR-Grenzpolizei zu Zeiten, in denen die innerdeutsche Grenze ein schwer zu überwindendes Hindernis gewesen ist.

Wegen einer grenzüberschreitenden Partnerschaft zwischen den evangelischen Landeskirchen Thüringen und Württemberg war Traub "mehrmals in der DDR". Der kommunistische Staat ging unter, die Freundschaften überdauerten: "Wir haben seit 1982 Kontakt zu einer Familie aus der Nähe von Eisenach. Wir schreiben uns zum Beispiel zu Geburtstagen", berichtet er.

Traub, der die Teilung hautnah erfahren hat, "erschreckt, weil man fast nichts mehr von der Mauer feststellt". Nur noch ein schmaler Steinstreifen auf dem Boden weist auf die Schrecken hin, die die Berliner Mauer verbreitete. "Die Erinnerung daran verblasst, weil es immer weniger Leute werden, die nie erfahren haben, was es bedeutet, was es bedeutet Mauer zu überwinden", erklärt Traub.

"Mehr als ein reiner Lauf"

Es sei daher "mehr als ein reiner Lauf". Mit seinen 160 Kilometern hat er nicht die Länge eines echten Marathons, dafür aber die Länge der Berliner Mauer. Der Verlauf entspricht etwa dem früheren Patrouillenweg der DDR-Grenztruppen.

Zahlreiche Schicksale fanden hier ihr tragisches Ende. Die Mauer war ein Ort, an dem flüchtige DDR-Bürger gefangen genommen oder im schlimmsten Fall erschossen wurden. Der Mauerweglauf erinnert jedes Jahr mit an ein anderes Opfer, das es nicht heil über die Grenze schaffte. Bei Traubs Lauf war es Marienetta Jirkowsky, die im November 1980 an der Mauer gestorben ist.

Traub findet, dass man sich "richtig ins damalige Geschehen hineinversetzen" konnte, zumal Marienetta im gleichen Jahr geboren wurde wie er. "Als sie fliehen wollte, war ich genauso alt wie sie". Ihr Leichnam wurde, wie Traub sagt, in der DDR anonym begraben.

"Ob man es selbst gewagt hätte oder nicht – so etwas geht einem durch den Kopf", blickt Traub zurück. Der Mauerfall sei für ihn verbunden mit einem "riesigen Hochgefühl und einer riesen Befreiung".

Ähnlich geht es dem Sportler aber auch beim Durchschreiten der Ziellinie. "Es ist die Herausforderung, die mich reizt", sagt Traub, der seit sechs Jahren hobbymäßig laufen geht. Wichtig sei "mentale Stärke". Wenn der Körper sage, er könne nicht mehr, müsse der Kopf gegensteuern.

Am Mauerlauf haben rund 300 Läufer jeden Alters teilgenommen. Der 54-Jährige belegte den 23 Platz. "Ich kann auch mit den Jüngeren noch mithalten", schmunzelt er. 2017 will Traub wieder beim Mauerweglauf mitmachen – dann will er die Strecke entgegen des Uhrzeigersinns laufen.

Vortrag im evangelischen Gemeindezentrum

Seine Erfahrungen trägt Uwe Traub auf Einladung der Mittwochsgesellschaft des Stadtseniorenrats Wildberg vor. Sein Vortrag findet am morgigen Mittwoch, 30. November, ab 14.30 Uhr im evangelischen Gemeindezentrum Wildbgerg statt. Der Nachmittag steht unter dem Titel: "In 20 Stunden rund um Westberlin oder 100 Meilen gegen das Vergessen". Für Kaffee, Kuchen und Brezeln ist gesorgt.