Nach der Krise beim Liederkranz macht die Hauptversammlung den verbliebenen Mitgliedern Hoffnung

Von Martin Bernklau

Wildberg-Sulz. "Helfer bei der Wiedergeburt" wolle er sein, sagte Ortsvorsteher Eberhard Fiedler im Sportheim bei der Hauptversammlung des traditionsreichen Liederkranzes Sulz am Eck. Der gemischte Chor sucht nach einem schweren Jahr einen Neuanfang.

Als am Ende der aus Moskau stammende Dirigent Sergej Riasanow sein Bajan-Akkordeon zur Hand nahm und ein Andalusisches Nachtlied anstimmte, da hörte sich das doch ganz gut an – weniger nach Ende als nach Hoffnung. Zwar zählt der Chor momentan nur noch acht aktive Sänger, aber insgesamt fast 40 Sulzer waren an diesem Abend ins Sportheim gekommen.

Eigentlich wäre das vergangene Jahr gar nicht so schlecht gewesen, sagte der Vorsitzende Christian Wolf in seinem Bericht. Maihocketse, Volksliedersingen, das überraschend stark begehrte Sommerferienprogramm für die Kinder, Weihnachtsliedersingen, auch die Singstunden mit dem zuverlässigen und engagierten Chorleiter liefen gut und waren achtbare Erfolge des Engagements. Doch bei der Kirbe im vergangenen Oktober – einer Erfindung des 1962 aus dem Männerchor (1843) neu gegründeten gemischten Chores – brach ein offenbar jahrelang schwelender Konflikt aus, der schließlich zu einer Spaltung im Vorstand und zum Austritt von 14 wichtigen Mitgliedern, überwiegend auch aktive Sänger, führte.

Vor der Wahl des Vorstands selbst wollte Christian Wolf eigentlich die Vertrauensfrage stellen, ob die verbliebene Vereinsführung um ihn, Schriftführerin Elfriede Dongus, Notenwartin Ursel Weber und Otto Köhler überhaupt noch antreten solle. So etwas sei aber in der Satzung nicht vorgesehen, griff Eberhard Fiedler moderierend ein und machte das Votum zu einem Stimmungsbild, ob der Liederkranz überhaupt weitermachen und einen Neubeginn versuchen solle.

Nach dieser eindeutigen Rückendeckung durch die vielen Anwesenden war die einstimmige offene Wahl dieses Notvorstandes durch die aktiven und passiven Mitglieder nur noch Formsache. Otto Köhler rief Heiterkeit hervor, als er sich keinesfalls zum Schatzmeister, sondern zum schlichten Kassier wählen lassen wollte. Er stellte in einem vermittelnden Rückblick auch noch einmal die Positionen der abtrünnigen Fraktion dar und rief zu einem Neuanfang auf.

Die Stellungnahmen ließen die Hoffnung erkennen, dass die ausgetretenen Mitglieder ihre Entscheidung revidieren und sich an einer "Reanimation des Vereines" beteiligen könnten, wie der Ortsvorsteher und Christian Wolf das nannten. Denn zusätzlich, so Eberhard Fiedler, machen allen Gesangvereinen Überalterung und Nachwuchsmangel zu schaffen.

Auch der seit gut zwei Jahren erfolgreich amtierende Chorleiter Sergej Riasanow appellierte an die Erneuerungskräfte seines "guten Chors". Er hatte keine Mühe, die verbliebenen Sängerinnen und Sänger zu einem kraftvollen "Rennsteig-Lied" zu animieren. Und die meisten der übrigen Anwesenden liehen auch ihre Stimmen für einen Gefangenenchor aus Verdis "Nabucco", der zuversichtlich nach Frieden, Freiheit und Heimat klang.