Besonders in der Kammerensemble-Besetzung entfalteten Violinen, Celli und Klavier ein breites Interpretations-Spektrum von technischer Sicherheit bis hin zu bemerkenswerter Expressivität. Foto: Koswska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Junge Künstler aus Sankt Petersburg offenbaren beim Sommermusik-Konzert in der Schäferlaufstadt Aufsehen erregendes Potenzial

Maria Kosowska-Németh Wildberg. Allmählich neigt sich das 27. Sommermusik-Festival im Oberen Nagoldtal dem Ende zu. Eines der letzten Konzerte gestaltete in der Wildberger Stadthalle die musikalische Jugend aus Sankt Petersburg.Seitdem Leopold von Auer, der ausgezeichnete Geiger und Pädagoge, im 19. Jahrhundert den Grundstein für die so genannte "russische Schule" gelegt hat und damit legendären Talenten wie Jascha Heifetz oder Nathan Milstein den künstlerischen Weg ebnete, erfreuen sich die russischen Virtuosen des besten, oft sogar gefürchteten internationalen Rufs und Respekts.

Wohlgemerkt nicht nur die Violinisten. Zwar beherrschten die Geigen das Wildberger Konzert, doch auch die Cello- und Klavierproduktionen bestachen durch diese technischen und musikalischen Eigenschaften, welche an die traditionsreiche Petersburger Kontinuität anknüpfen.

Die jungen Instrumentalisten boten dem enthusiastischen Publikum ein von der Musik ihrer Heimat geprägtes Programm, "um die russische Seele spielen zu lassen" – wie sich ihr Kammermusikpädagoge und fabelhafter Klavier-Korrepetitor Evgueny Sinayskiy ausdrückte. Neben den Klassikern Tschaikowsky, Prokofiev, Schostakowitsch und Arensky bekamen die Besucher andere Perlen der nicht minder anspruchsvollen slawischen Musikliteratur von Wieniawski, Zarzycki und Dvorak zu hören.

Obwohl sämtliche Beiträge ein sehr hohes Aufführungsniveau aufwiesen, stellten sich schon bei den jüngeren Geigern bedeutsame Unterschiede ein. Die einen punkteten beim Publikum mit technischem Geschick, die anderen einfach mit Herz.

Gemessen an den hauseigenen, anspruchsvollen Maßstäben hielt ihre technische Fertigkeit nicht immer Schritt mit dem musikalischen Ausdruck und umgekehrt – bei der aufkeimenden Innigkeit fehlte es manchmal an Souveränität und Überzeugungskraft. Anstands- und ausnahmslos hingegen präsentierten die Streicher das Markenzeichen ihrer nationalen Geigenschule – die imponierende Bogentechnik, dazu den überaus kultivierten, heranreifenden Ton.

Ein hohes Maß an Motivation und musikalischer Aussagekraft strahlten die älteren Hoffnungsträger aus. Besonders in der Kammerensemble-Besetzung entfalteten Violinen, Celli und Klavier ein breites Interpretations-Spektrum von technischer Sicherheit bis hin zu bemerkenswerter Expressivität. In den gesamten Klavier-Beiträgen standen Musikverständnis und Ausdrucksstärke im Vordergrund. Ein Beispiel an einfühlsamer, höchst professioneller Klavierbegleitung boten Elena Nemtsova und Evgueny Sinayskiy.

Laut Sinayskiy entsandte die Petersburger Musikschule keine "Wunderkinder" ins Nagoldtal, sondern einen "Querschnitt" ihrer Schützlinge. Die Gruppe der Begabten – Marina Komarova, Natalia Zernova, Vsevolod Nazarov, Apollinaria Nosacheva, Darya Zemskaya, Angelina Saitfudina, Sofya Loos (Violinen), Daria Stepanova, Polina Krasovskaya (Celli), Ksenija Zakolodkina, Andrei Reshetnik und Irina Bedoeva (Klavier) – beeindruckte jedoch die Zuhörer sehr mit ihrem Aufsehen erregenden Musikpotenzial.

Das i-Tüpfelchen über dem gelungenen Konzert stellte das Duo Mikhail Nemtsov/ Elena Nemtsova mit ihrer fabelhaften Interpretation der drei Sätze aus Brittens Sonate für Violoncello und Klavier dar.