Polizeihauptkommissar Volker Weingardt (links) schaute auf Initiative von Annika Schüle (rechts) vom Jugendzentrum Wildberg mit dem Graffiti-Mobil vorbei. Fotos: Klossek Foto: Schwarzwälder-Bote

Engagement: Jugendliche überstreichen Graffiti / Aktion soll auf eine Initiative der Polizei aufmerksam machen

Bahnhof, Wasserhaus und Jugendzentrum erstrahlen in neuem Glanz: Vier Jugendliche haben gemeinsam mit der Polizei in Wildberg Graffiti übermalt, um ein Zeichen gegen Vandalismus zu setzen. Im besten Fall soll die Aktion Anstoß für eine kreisweite Bewegung sein.

Wildberg. Für den einen ist es Kunst, für den anderen Schmiererei: Graffiti finden sich an Bahnübergängen, Hauswänden oder Schildern – auch in Wildberg. Deshalb rückten nun vier Jugendliche mit Farbe, Malerkittel und Pinsel aus, um dem Wasserhaus, Bahnhof und Jugendtreff zu ihrem altem Glanz zu verhelfen.

Ehrenamtliche helfen bei Graffiti-Mobil mit

Hintergrund dieser Aktion war eine Werbemaßnahme für eine Initiative der Pforzheimer Polizei, die bereits bundesweit für positive Schlagzeilen gesorgt hat: Das Graffiti-Mobil. Ehrenamtliche Maler arbeiten dabei mit straffällig gewordenen Jugendlichen zusammen, um Graffiti zu entfernen. Einen Tag lang machte dieses Vorzeigeprojekt nun also in Wildberg Station.

Doch wie kam es dazu, dass die Pforzheimer Polizei das Graffiti-Mobil ins Leben rief? Ende der 90er-, Anfang der 2000er-Jahre häuften sich die Sachbeschädigungen durch Graffiti. Einer der Schäden, verursacht durch die Schmierereien von drei Jugendlichen, lag damals im sechsstelligen Bereich.

Als die Polizei die Täter ermittelt hatte, schlugen sie ihnen einen Deal vor: Wenn sie sich selbst um die Beseitigung des Schadens kümmern, verzichtet die Staatsanwaltschaft auf eine Anklage. "Die haben dann zu Dritt den ganzen Schaden behoben", erzählte Weingardt. "Und danach gesagt, das machen sie nie wieder."

Als die Beamten gemerkt hatten, dass dieser Ansatz bei Jugendlichen wirkt, riefen sie 2003 das Graffiti-Mobil ins Leben. "Die Jugendlichen müssen lernen, was für Arbeit es ist, das weg zu machen, und was fremdes Eigentum bedeutet", sagte Weingardt. Mehr als 20 000 Quadratmeter haben Jugendliche mithilfe der ehrenamtlichen Maler seither kostenlos überstrichen. Das Material hierfür finanziert sich über Geldstrafen aus Gerichtsverfahren.

Jugendliche übermalen rund 60 Quadratmeter

In Wildberg waren es bislang zwar nur 60 Quadratmeter – doch angesichts der relativ kurzen Arbeitszeit von gerade einmal zwei Stunden zeigte sich schon jetzt, wie viel man mit dem Graffiti-Mobil erreichen kann. Außerdem hatten sich die Jugendlichen – zwei Jugendtreffbesucher und zwei Flüchtlinge – freiwillig für die Aktion gemeldet. "Die Jungs mussten wir teilsweise sogar bremsen, statt sie zu motivieren", beurteilte Weingardt ihren Arbeitseinsatz. Ein offizieller Malerbetrieb hätte für diese Arbeiten laut dem Polizeihauptkommissar etwa 1000 Euro verlangt.

Auch vonseiten der Stadt zeigte man sich begeistert über so viel Einsatzfreude. "Wir finden das ganz toll, dass das hier in Angriff genommen wird", sagte Hauptamtsleiterin Christina Baumert. Denn für jeden Schaden, den die Stadt bereinigen muss, müsste Steuergeld ausgegeben werden. Das Problem mit Graffitis sei auch in Wildberg nicht unerheblich. "Wir hoffen, dass es irgendwann zurückgeht."

Als die letzten Pinselstriche geschafft waren, zeigte sich Annika Schüle vom Jugendtreff stolz, was "ihre Jungs" geschafft haben. Schüle hatte den Werbebesuch des Graffiti-Mobil initiiert. Jochen Völpel vom Polizeiposten Wildberg hatte den Kontakt zu Weingardt hergestellt.

"Wir wollen damit etwas anstoßen", begründete Schüle die Aktion. Denn auch im Kreis Calw wäre eine solche Initiative möglich – vorausgesetzt es finden sich Ehrenamtliche, die das Projekt unterstützen. "Das alles steht und fällt mit Leuten, die da Herzblut reinstecken" so Weingardt. "Und die Struktur hier im Kreis und speziell in Wildberg ist da."