"Eintracht"-Dirigentin Mirjam Scheider übernahm mit 18 Jahren ihren ersten Chor. Foto: M. Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Chorgesang: Seit fünf Jahren führt Mirjam Scheider den Effringer Gesangverein "Eintracht" zu neuen Ufern

Von Martin Bernklau

Wildberg-Effringen. Alle ihre Geheimnisse will sie nicht preisgeben. Vieles sei auch Intuition. Aber so viel verrät Mirjam Scheider über ihre erfolgreiche Chorarbeit: "Man muss Mut machen, gerade bei Unsicherheit die Angst wegnehmen." Nicht nur bei der Effringer Eintracht kommt sie damit gut an – und gut voran, zuletzt mit dem Operettenkonzert in der Schönbronner Halle, gemeinsam mit dem Liederkranz Holzbronn.

Mirjam Scheider ist studierte Evangelische Kirchenmusikerin mit B-Examen und hat auch schon den Bachelor für Chordirigieren in der Tasche, mit Bestnote. Der dritte Abschluss als Master Dirigieren, ebenfalls an der Stuttgarter Musikhochschule, ist noch in Arbeit. Dazu gehören Meisterkurse bei Koryphäen des Fachs und Stipendien wie etwa beim berühmten SWR-Vokalensemble oder der Internationalen Bachakademie. Trotzdem leitet sie nebenher noch fünf Chöre aus de Region, von denen die Effringer Eintracht der entfernteste ist. Eine Stunde Fahrt hat sie vom Wohnort Stuttgart-Degerloch.

Keinen von diesen Chören möchte sie missen, am allerwenigsten ihre Effringer, die ihr auch wegen der besonderen Bedingungen so ans Herz gewachsen sind: ein Dorfchor, bei dem die Mehrheit der Sängerinnen und Sänger nicht Noten lesen kann. Fast fünf Jahre leitet sie den Chor nun schon, nachdem sie der Studienfreund Felix Schuler-Meybier, heute am Münchner Gärtnerplatz-Theater, mal als Co-Dirigentin eines Probenwochenendes für seinen kleinen Chor aus der Heimat angeworben hatte. Er habe, sagt sie, bei der Eintracht "schon tolle Vorarbeit geleistet".

HerauforderndesRepertoire bringtden Chor weiter

So eine Verbindung von hoch qualifizierter Musikerin mit der Sangesbegeisterung eines bescheidenen Dorfs funktioniert nur, wenn der Chor mit ganz viel Einsatz mitzieht und die Führung des Vereins der Dirigentin in allen organisatorischen Fragen den Rücken freihält, damit sie sich ganz auf das Musikalische konzentrieren kann. In Effringen sorgt das Team um Werner Dengler dafür. Dieses Jahr, im Juni, gab es eine Chorreise nach Bremen, spontan organisiert mit Hilfe des Internets. Man sang dort ein Musical-Programm, mit dem dortigen Gastgeberchor. Es könnte sich eine Partnerschaft daraus entwickeln, wie mit dem Liederkranz Holzbronn, den Mirjam Scheiders Freundin und Studienkollegin Rabea Kramp leitet.

Im vergangenen Winter gab es, von einem Orchester begleitet, glanzvolles Barock mit Antonio Vivaldis "Gloria" in der Effringer Marienkirche, nach Musical wollte Mirjam Scheider "unbedingt Operette machen". Solch eine "schöne Mischung" ist ihr wichtig, ein "herausforderndes Repertoire, das den Chor weiter bringt". Im Prinzip, findet die Dirigentin, sei die Arbeit – vom Notenlesen abgesehen – "auch nicht anders als beim Vokalensemble" .

Schon mit zwölf Jahren saß Mirjam Scheider, 1985 in Backnang geboren, auf der Orgelbank. Der Vater, ein Diplom-Ingenieur, orgelte ein bisschen privat, die Mutter spielte zwar kein Instrument, brachte den vier Kindern aber ihre Liebe zur Musik nahe. Mit 18 übernahm die begabte Tochter ihren ersten Chor. Dass sie in Heidelberg, ein Kirchenmusik-Studium aufnahm, war ganz selbstverständlich.

Was Mirjam Scheider seither alles an Studien, Stipendien, Assistenz-Stellen und Meisterkursen hinter sich gebracht hat, spricht für einen ausgeprägten musikalischen Ehrgeiz und Leistungsanspruch. Über so etwas wie Karriere macht sie sich trotzdem keine allzugroßen Gedanken. Ob nach dem Examen freiberuflich oder mit fester Stelle, ob als Kirchenmusikerin, an Schulen oder am Theater – sie lässt es auf sich zukommen und ist ganz offen. "Sehen, wo Türen aufgehen", so sagt sie, das habe sich bei ihr immer bewährt.

Das "sehr, sehr herzliche Verhältnis" mit ihren Effringern möchte sie trotz des hohen Aufwands so lange wie möglich fortführen. "Von Anfang an mutig singen", wollte sie ihrem Chor nahebringen. Die Erfolge haben ihrem Ansatz recht gegeben: "Ich finde es so toll, was in so einem Dorf passieren kann."