Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinsehen soll: Auch Bürgermeister Ulrich Bünger (rechts) bewunderte die zahlreichen Gemälde des Wildberger Künstlers. Foto: Kosowska-Németh Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemälde von Albert Kappis sind im Wildberger Fruchtkasten zu sehen / Vom Naturalismus zum Impressionismus

Von Maria Kosowska-Németh

Wildberg. Der gebürtige Wildberger Maler Albert Kappis war überaus fleißig – er hinterließ der Nachwelt hunderte Gemälde und Bilder. Seit Sonntag sind anlässlich seines 100. Todestages rund 50 davon im Fruchtkasten zu bewundern.Bis zum 28. September ist die Kunstausstellung über dem Wildberger Museum mit Werken des Malers Albert Kappis (1836-1914) jeden Sonntag zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Am Wochenende besichtigten bereits die ersten Gäste die repräsentative Auswahl seiner Bilder bei der Ausstellungseröffnung. Für den Musikakzent sorgte die Wildberger Musikschule.

Kappis hinterließ 680 dokumentierte und viele nicht datierte Werke. Die Gesamtzahl seiner Bilder und Zeichnungen dürfte aber mindestens doppelt so hoch sein. Viele sind verschollen, eins wurde in der Ukraine gefunden, mehrere mögen irgendwo auf Dachböden schlummern. Das vermutet zumindest Kurt Zimmermann, der Geschäftsführer des Stuttgarter Kunsthauses Bühler. Zusammen mit seiner Frau Gabrielle beteiligte er sich maßgeblich als Kunstberater an der Wildberger Exposition.

Mehr als 50 Leihgaben aus dem Besitz privater Sammler aus Wildberg, der Kreissparkasse Nagold und nicht zuletzt der Stadt Wildberg – einige Bilder von Kappis schmücken gewöhnlich die Wände des Sitzungssaals im Rathaus – stellte der Arbeitskreis Museum- und Heimatgeschichte unter der Leitung von Christine Seibold und Herbert Bantle im Fruchtkasten aus. Das Ambiente des ehemaligen Getreidespeichers sowie die passende Beleuchtung hoben die Vielseitigkeit der Stile, Sujets und Maltechniken dabei besonders gut hervor.

Kappis war bereits ein ausgebildeter Künstler mit besonderer Vorliebe für die Landschaftsmalerei, als er 1876 in Paris ganz neue Impulse bekam. Seine bis zu diesem Zeitpunkt naturalistischen Bilder, die eine kultur-historische Dokumentation des ländlichen Lebens im 19. Jahrhundert darstellen ("Flachsbrechen", "Bauerjunge mit Rindergespann") zeigen seitdem deutliche impressionistische Einflüsse. Bilder wie "Frühmorgens am Eibsee" oder "Fischer am Bodensee" offenbaren eine neue Betrachtung der Naturphänomene. Bei den in Momentaufnahmen erfassten Nebelschwaben, Wasserspielen und Lichtreflexen verwischen die Konturen. Auch die Maltechnik und Farbpalette veränderten sich offenbar zusehends, sie wirken weicher und subtiler. Als Freiluftmaler und bedeutendster Vorreiter des schwäbischen Impressionismus wurde Kappis 1880 zum Professor für die Landschaftsmalerei der Königlichen Kunstschule in Stuttgart berufen.

Bei Betrachtung der Bilder fiel leider auf, dass etliche Exponate vernachlässig wirken und auch die Einrahmung mancher kleinerer Skizzen einen geradezu schäbigen Schatten aufwarf. Den zweiten Wermutstropfen, die steile Treppe zu den Ausstellungsräumen, versüßte Bürgermeister Ulrich Bünger mit der Beteuerung, ein barrierefreier Zugang zum Museum sei im Rathaus bereits im Gespräch.

Das Kunsthaus Bühler lädt die Interessenten ab 8. September bis 31. Oktober in eigene Räume in Stuttgart ein, wo eine umfangreiche Ausstellung der Kappis-Werke zu sehen ist. Im selben Zeitraum erscheint das Werkverzeichnis des Künstlers.