Trudel Wulle wurde heute vor 90 Jahren in Heilbronn geboren. Ein Auftritt beim Schäferlauf brachte sie und ihren Mann Walter Schultheiß in den 60er-Jahren zum ersten Mal nach Wildberg. Foto: SWR Foto: Schwarzwälder-Bote

Die Schauspielerin und Sprecherin feiert heute in Wildberg ihren 90. Geburtstag / SWR würdigt Jubilarin mit einem einstündigen Film

Von Martin Bernklau

Wildberg. Gefeiert wird auch öffentlich ein bisschen, mit den verbliebenen alten Freunden und den inzwischen meist jüngeren Kollegen, mit dem Bürgermeister. Aber der heutige 90. Geburtstag von Trudel Wulle ist ein Familienfest dieses unvergleichlichen Paares im Hause Schultheiß am Wächtersberg.

Vor 48 Jahren haben sie ihr Haus gebaut in Wildberg. Die beiden Volksschauspieler, Sprecher, Parade-Schwaben und Humoristen sind die vielleicht prominentesten Wildberger.

Man neckt sich natürlich immer noch, auch auf öffentlicher Bühne, nach 65 Ehejahren, die – alles in allem – eigentlich nur unglaublich glücklich gewesen sein können. Walter Schultheiß, ein gutes Jahr älter als seine Frau, spöttelt bei der Frage nach beider Gesundheit über seine "ausgebesserte Hälfte". Sie stoppt ihn beim gemeinsamen Sprudeln all der Anekdoten sanft: "Jetzt, Walter, geht’s mehr um mich!" Sie hat, damals schon, ihren Namen behalten, der ein besonders guter Name war auf dem Theater der ersten Nachkriegsjahre: Trudel Wulle. "Beim Finanzamt und im Pass", witzelt ihr Mann, "heißt sie aber schon Schultheiß."

Die Klassiker stehen immer noch in den Bücherregalen des Hauses. Lessings "Emilia Galotti" hatte die vielleicht zwölfjährige Heilbronnerin im Radio hören dürfen, als das noch Volksempfänger hieß. Sie lernte das ganze Stück auswendig. Noch während des Krieges begann sie mit Schauspielunterricht. Der Bombenangriff vom 4. Dezember 1944, der das alte Heilbronn vernichtete, nahm ihr auch die Eltern. Bis heute kann Trudel Wulle die Erschütterung über diese Katastrophe nicht verbergen.

Das Volkstheater Stuttgart war die Bühne in karger Zeit, auf der sie erste große Erfolge feierte – und ihren Mann kennenlernte, einen Kriegsheimkehrer aus Tübingen mit ganz offenkundigem Schauspieltalent. Was beiden bis heute wichtig ist: "Wir haben nie leere Häuser gehabt, nie." Walter Schultheiß steht bis heute auf der Bühne, mit seinen Filmrollen erzielt er eine noch größere Reichweite. Trudel Wulle hat das Theater auch der Familie mit dem 1955 geborenen Sohn wegen allmählich aufgegeben – zugunsten von Hörspiel- und Sprecherarbeit beim Rundfunk und vielerlei kleinen und größeren Rollen in Film und Fernsehen.

Nach Wildberg kam man zufällig, vom damaligen SDR-Rundfunk in den Sechzigern für ein Schäferlauf-Beiprogramm engagiert. Der Kollege Werner Veith hatte von dem Städtchen im ganz günstig gelegenen Nagoldtal geschwärmt und ein Wochenendgrundstück, ein großzügiges Gütle am Wächtersberg vermittelt. Als das dann bald zu Bauland erklärt wurde, errichteten Trudel Wulle und Walter Schultheiß statt einem Hüttle ihr Heim – und haben es nie bereut: "Wir haben nie wieder wegwollen", sagt sie.

Dass ihr der Gatte und Sohn Götz, ein Journalist, das Autofahren ausreden wollten, gehört zu den unerschöpflichen Anekdoten, bei denen ihr Mann sich nie die Variante oder Ergänzung nehmen lässt. Trudel Wulle war für ihre Arbeit in Stuttgart oft mit dem Zug unterwegs, über Calw und Weil der Stadt oder über Horb und Tübingen. Der Ehemann bestand auch bei seinen Abend-Engagements an Stuttgarter Theatern immer darauf, im heimischen Wildberg schlafen zu dürfen.

Was das bühnenerprobte Humoristen-Ehepaar nach wie vor gemeinsam macht, das sind Lesungen, oft mit den eigenen Texten von Walter Schultheiß, der übrigens auch mit Leidenschaft malt. Trudel Wulle weiß um ihre Bühnenpräsenz und um ihre ganz besondere Stimme. Es ist nicht nur die markante helle Höhe, die schon Theater zu füllen wusste, es ist natürlich auch ihr geliebter schwäbischer Tonfall.

Damals, direkt nach dem Krieg, waren auf den improvisierten Bühnen und im Funk gerade Leute gesucht, die auch das Schwäbische beherrschten. Dass Trudel Wulle und ihr Mann diesen eigenen Zungenschlag behalten und kultiviert haben, erwies sich auf lange Sicht als Erfolg. Vielleicht haben sie mit ihrem professionellen Können gerade auch als Paar zu einer Renaissance des Dialektes beigetragen, die weit über das Schwäbische hinausreicht. Über das zur echten Heimatstadt gewordene Wildberg sowieso.

Weitere Informationen: Der SWR ehrt die vitale, liebenswerte Jubilarin mit einem einstündigen, sehr persönlichen Film. Dieser läuft am heutigen Samstag von 18.45 bis 19.45 Uhr im SWR- Fernsehen.