Werner Reutter (links) und Jabbar Karim berichteten in Sulz über ihre Hilfsaktion. Ende Januar wollen sie wieder nach Kurdistan aufbrechen, um Hilfsgüter zu verteilen. Foto: Roller Foto: Schwarzwälder-Bote

Werner Reutter und Jabbar Karim informieren Sulzer Spender über Hilfe für Kurdistan / Nächster Transport startet noch diesen Monat

Von Timo Roller

Wildberg-Sulz. Wie hilft man Flüchtlingen am besten? Werner Reutter machte sich auf in den Nordirak und verteilte direkt unter bedürftigen Familien Kleidung, Decken, Matratzen und kleine Geldbeträge.

Nach einem Spendenaufruf im Oktober 2014 "hat uns eine überwältigende Flut der Solidarität erreicht", berichtete der Gültsteiner bei einem Vortragsabend im Sulzer Gemeindehaus. Da auch viele Einwohner des Wildberger Stadtteils gespendet hatten, hatte die örtliche evangelische Kirchengemeinde Werner Reutter und seinen ortskundigen Mitstreiter Jabbar Karim eingeladen, um über ihre Hilfsaktion und die Situation vor Ort zu berichten.

Alles komme bei den Notleidenden an, kein Geld versumpfe in Korruption oder übermäßigen Verwaltungskosten. Und doch sei diese Aktion nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weil es im Norden des Irak unglaublich viele Flüchtlinge gibt, die vor der Schreckensherrschaft des "Islamischen Staates" geflohen sind. Aber es sei ein wirksamer Tropfen, der Hoffnung mache.

Als Reutter und Jabbar Karim, der seit 18 Jahren in Deutschland lebt, in Erbil landeten, hatte der Pilot die Positionslichter des Flugzeugs zur Sicherheit abgeschaltet: Der Flughafen befinde sich in Reichweite der "ISIS"-Stellungen.

In der Umgebung von Erbil lebten etwa zwei Millionen Flüchtlinge, die von südlicheren Regionen dorthin geflohen sind. Sie wohnten in 600 größeren Zeltlagern und auch in Dörfern aus Rohbauten, die aufgrund der politischen Situation nicht fertiggestellt werden konnten.

Reutter und Karim ließen sich zu jenen Flüchtlingen in den Regionen um die Kurdenstädte Erbil und Dohuk führen, die Hilfe am nötigsten hatten. Unter ihnen verteilten sie insgesamt 16 000 Euro Spenden – in kleinen Beträgen von etwa 30 Euro pro Familie. Als nach einigen Schwierigkeiten an der Grenze schließlich die beiden Lastwagen einer türkischen Spedition mit den Hilfsgütern aus Deutschland eintrafen, wurden auch Winterkleidung, Wolldecken und andere Sachspenden verteilt.

Reutter brachte bereits 1991 einen Hilfstransport in den Nahen Osten, als die Kurden vor Saddam Hussein in die Berge fliehen mussten. Zusammen mit Karim, der ihm als Kurde im vergangenen Herbst seine Hilfe angeboten hatte, fiel es Reutter dieses Mal wesentlich leichter, sich in Kurdistan zu orientieren und sein Anliegen den Einheimischen verständlich zu machen. Zwar hatte er mit Bischof Emanuel Youkhana in Dohuk bereits einen Ansprechpartner und Koordinator vor Ort, doch die direkte Kommunikation Jabbar Karims in kurdischer und arabischer Sprache erleichterte die Hilfsaktion ungemein, betonte Reutter.

In Zusammenarbeit mit dem Bischof, der einen Geländewagen zur Verfügung stellte, kamen die Helfer aus Deutschland bis in Gegenden nur wenige Kilometer von der Front zwischen kurdischen Peschmerga-Kämpfern und den Außenposten des selbst ernannten "Islamischen Staates", sahen dabei viel Elend und hörten von grauenhaften Schicksalen.

Nahe der Front sehendie Helfer viel Elend

Nun sollen weitere Lastwagen mit Hilfsgütern in den Nordirak gebracht werden. Schon am 20. Januar geht es wieder los. Am dringendsten benötigt werden Schlafsäcke, Decken, Matratzen, Rollstühle, Planen, Decken, Kleidung und Spielsachen. An mehreren Annahmestellen werden die Spenden gesammelt, Hauptsächlich beim "Hilfswerk Samariterdienst" in Herrenberg. Dort gibt es Auskunft bei Walter Beutel, Telefon 0172/7 36 36 00. In Sulz koordiniert Uli Gerber die Hilfe (Telefon 07054/71 68), auch das Pfarramt (07054/56 88) hilft gerne weiter. Informationen – beispielsweise zu Spendenkonten – gibt es außerdem im Internet auf der Homepage www.fluechtlingshilfe-kurdistan.de.

Am 29. Januar wollen Reutter und Karim wieder für zwei Wochen nach Erbil fliegen, um bei der Verteilung dabei zu sein. Und wahrscheinlich wird der Pilot wieder die Positionsleuchten abschalten, wenn er zur Landung ansetzt.