Foto: Schaible Foto: Schwarzwälder-Bote

Rüdiger Schaible blickt auf über 60 Jahre Flugerfahrung zurück und erinnert sich nun an die Anfänge in Wildberg

Über den Wolken: Flieger Rüdiger Schaible wagte einen Blick zurück in die Anfänge der Wildberger Fliegerei.

Wildberg. Der Stadtseniorenrat Wildberg kündigte Schaibles Vortrag an – und füllte damit gleich das Bürgertreff-Café im Jugendtreff. Schaible eröffnete den Nachmittag mit dem Lied "Über den Wolken" von Reinhard Mey. Kaum legte er die Gitarre weg, stellte er klar, dass die Fliegerei lange Zeit unterhalb der Wolken stattfand. Einige Weggefährten erinnerten sich an die Anfänge in Wildberg und bestätigten: Es waren mehr Hüpfer als Flüge.

Schaible sah mit 14 das erste Modellflugzeug und war infiziert. Von da an war er ständig bei den Fliegern. Eifrig wurde gebastelt, Sperrholz besorgt und die Tragflächen mit Segeltuch bespannt. Der sehr junge Flugschüler hatte das ideale Gewicht und durfte sich in den Gleiter setzen: Gummiseile, von starken Mannen gespannt, und losgelassen. Wider Erwarten war das kein Hüpfer, er war in der Luft. Unter ihm Wildberg, sehr nahe, fast bedrohlich. Eine schöne Rechtskurve und eine erfolgreiche Landung. Jetzt musste das Fluggerät wieder mühsam den Wächtersberg hochgeschoben werden.

Alle halfen mit, auch Bauern, die auf ihren Wiesen bei der Heuernte waren. So reichte es jedem Flieger zu einem Start pro Tag. Als man eine Seilwinde zum Hochziehen baute, gab es dann zwei Flüge täglich.

Schrecksekunde bei einem Flug über Amerika

Von der Fliegerei so begeistert, radelte Schaible 1956 nach Stuttgart zum Flughafen. Ein ganzes Monatsgehalt von 56 Mark investierte er in einen Linienflug Stuttgart-Frankfurt und zurück. Am nächsten Tag schraubte man wieder am Wächtersberg.

Zirpen, Summen oder Ächzen der Spanndrähte und der Konstruktion, zeigten Geschwindigkeit, Wind und Höhe an. Instrumente gab es damals in den Segelfliegern nicht. 1959 holte Schaible zusammen mit Rudi Pape mit einem 170 Kilometer langen Flug den 1. Platz der Jugendmeisterschaft in Baden-Württemberg. Bald danach ging es schon an die erste motorisierte Fliegerei. Viele Geschichten, Bilder und ein Film von Flugtagen auf dem Wächtersberg folgten. Auch vier Phantoms und eine Transall der Bundeswehr simulierten einen Landeanflug auf das Fluggelände.

Das wird es leider nie wieder geben, meinten die Zuhörer. Auf einem Flug, der innerhalb von Amerika in eine einsame Bergregion führte, hatte Schaible ein bleibendes Flugerlebnis: Explosionen im Heck erschreckten die Insassen. Doch gleich folgte die Entwarnung: Ein Blick nach hinten zeigte Schaibles Sohn voll bedeckt mit Popcorn. Wegen des Überdrucks waren die Tüten explodiert.

Schaible griff am Ende seines Vortrages erneut zur Gitarre und sang von Hannes Wader "Heute hier, morgen dort". Ein Chor von begeisterten Zuhörern begleitete ihn.