Die Arbeiten zur Versetzung des "Effringer Schlössles" ins Freilichtmuseum Vogtsbauernhof in Gutach haben begonnen (von links): Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger, der letzte Schlössle-Bewohner Dietmar Gauß, Vogtsbauernhof-Geschäftsführerin Margit Langer, JaKo-Projektleiter Hubert Maucher, JaKo-Geschäftsführer Bernd Jäger, Axel Burkarth von der Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg) und Thomas Hafen, der wissenschaftliche Leiter des Freilichtmuseums Vogtsbauernhof. Foto: M. Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Abriss und Umsetzung des Effringer Schlössles ins badische Freilichtmuseum Vogtsbauernhof haben begonnen / Projekt kostet 3,55 Millionen

Von Martin Bernklau

Wildberg-Effringen. Der Dachstuhl ist schon zerlegt und lagert im einstigen Wehrgraben des Effringer Schlössles. Zum Beginn von Abriss, Transport, Restaurierung und Wiederaufbau des historischen Gebäudes im Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof stellten die Verantwortlichen das spektakuläre Projekt gestern gemeinsam der Öffentlichkeit vor. Mit dabei, "sehr froh und sehr traurig" zugleich: die bisherige Effringer Besitzerfamilie Gauß.

Ellen Gauß hatte vor drei Jahren nach einem Besuch des Freilichtmuseums in der badischen Ortenau die Idee und rief dort einfach mal an. Dort habe man, sagt Dietmar Gauß, "sofort angebissen". Er selbst verbrachte noch bis 1972 seine Kindheit in dem alten, "wohlig gemütlichen" Gemäuer und stemmte sich seit Jahrzehnten zusehends vergeblich dem allmählichen Verfall seines leer stehenden Elternhauses entgegen. Er wird nun – mit seiner ältesten Schwester Friedhilde Schneckenburger und zwei weiteren Geschwistern – auch ein wichtiger Zeitzeuge. Denn das Freilichtmuseum will nicht nur das 1406 oder gar noch früher erbaute Landschlösschen komplett ins Gutachtal versetzen lassen, als erstes Gebäude aus dem Nordschwarzwald. Die dortigen Historiker wollen die Inneneinrichtung auch auf dem Stand ab Mitte des 20. Jahrhunderts konservieren.

Neben Margit Langer, der Geschäftsführerin des Vogtsbauernhof-Museums, dem wissenschaftlichen Leiter Thomas Hafen und Axel Burkarth von der Museumsbehörde des Landes waren auch Bernd Jäger von der beauftragten Spezialfirma JaKo aus Rot an der Rot und sein Bauleiter Hubert Maucher gekommen. Auch Wildbergs Bürgermeister Ulrich Bünger und der Effringer Ortsvorsteher Uwe Traub waren zugegen. Bünger überbrachte namens des Gemeinderats das Angebot, eine "wie immer geartete Patenschaft" für das dann im Frühjahr 2018 im Badischen wiedererstandene schwäbische Schlössle zu übernehmen.

Denn schwäbisch ist die Geschichte dieses Landsitzes neben der Effringer Kirche durchaus. Laut erster urkundlicher Erwähnung als "Burg" ist der damalige Meiereihof mitsamt der benachbarten Kirche und dem Neubulacher Gotteshaus im Jahr 1379 von den schwäbischen Benediktinern des Klosters Sankt Georgen in Stein am Rhein (heute Schweiz) an die mit Silberbergbau reich gewordene Neubulacher Bürgerfamilie Grückler als Patronat verkauft worden. Das herrschaftliche Haus war später Pfarrhof und Teil einer größeren Hofanlage, bevor es um 1880 seinen letzten Umbau zu einem zweistöckigen Bauernhaus erhielt.

Über dem Gewölbekeller (der eingeebnet wird, weil am künftigen Standort das Grundwasser zu hoch steht) waren im Erdgeschoss Ställe für vier Pferde, für Schweine, Rinder und Hühner vorhanden. Der in den 90er-Jahren verstorbene Vater Gauß, Waldarbeiter, Landwirt und Imker, nutzte sie nach einigen landwirtschaftlichen Neubauten nebenan nur noch als Lager. Darüber gab es drei wechselnd genutzte geräumige Wohn- und Schlafstuben und eine Küche sowie einen Abtritt. Der Dachboden, die "Frucht", diente als Getreidelager.

Einen einzigen Wasserhahn gab es im Haus. Heizung gab es nicht, außer dem Küchenherd. Friedhilde Schneckenburger kann sich noch an winterliche Eisblumen an der Innenseite der Fenster erinnern. Ihrem jüngsten Bruder Dietmar Gauß blieb im Gedächtnis, wie man ihn von der Badstube und Waschküche im neuen Stallgebäude gegenüber in einen Teppich eingewickelt über den Hof zurück ins Haus trug.

All die Balken- und Dielenböden und die Mauern des Schlössles, 70 Zentimeter bis (am Boden) anderthalb Meter dick, wird die Spezialfirma nun zersägen und in transportablen Stücken von rund 20 Tonnen in ihre Restaurationshalle im oberschwäbischen Rot an der Rot bringen. Fertig aufbereitet, werden die etwa 60 Teile dann im Sommer 2017 wieder vollständig im Freilichtmuseum zusammengesetzt und danach mit der Inneneinrichtung versehen. Parallel dazu läuft die schon begonnene wissenschaftliche Aufarbeitung weiter. Die Hinweise mehren sich, dass es Substanz gibt, die noch älter ist als das durch (dendrochronologische) Holzanalysen ermittelte Baujahr 1406.

Unter den vielen wiederaufgebauten Gebäuden des Museumsdorfes, darunter viele berühmte umgesetzte Schwarzwaldhöfe und Handwerkerhäuser um den ursprünglichen Vogtsbauernhof von 1612 herum, wird das Effringer Schlössle dann das einzige Haus aus dem Nordschwarzwald ab der Kinzig-Linie sein, und dazu das älteste von allen.

Die Eröffnung ist für den Saisonbeginn im März 2018 vorgesehen. Auf stolze 3,55 Millionen Euro Kosten ist das ganze Unterfangen für das privatwirtschaftlich verfasste Freilichtmuseum Vogtsbauernhof berechnet. Das Land bezuschusst Abriss und Transport mit 1,75 Millionen, der Ortenau-Landkreis stockt für die Umsetzung des Effringer Schlössles sein Eigenkapital an der Touristenattraktion um eine knappe Million Euro auf. Den Fortgang des Projekts, so der Hinweis von Geschäftsführerin Margit Langer, können auch die Effringer auf der neu eingerichteten Homepage www.schloessle-effringen.de verfolgen.