In Algier geht die Polizei hart gegen die Demonstranten vor. Foto: dpa

In der Hauptstadt Algier verhinderte die Polizei am Samstag einen Marsch der Opposition.

Algier/Paris - In Algerien haben prügelnde Sicherheitskräfte die Hoffnung von Regimegegnern auf Massenproteste wie in Ägypten fürs Erste zunichte gemacht. In der Hauptstadt Algier verhinderte die Polizei am Samstag einen Protestmarsch der Opposition.

Am Startpunkt der nicht genehmigten Kundgebung in der Innenstadt gingen die Uniformierten mit Schlagstöcken gegen Demonstranten vor, die Absperrungen durchbrechen wollten. "Hunderte Bürger", darunter auch Oppositionspolitiker, wurden nach Angaben der algerischen Menschenrechtsliga LADDH vom Samstagabend zeitweise festgenommen.

Der von den Organisatoren der Demonstration erhoffte Volksaufstand gegen Präsident Abdelaziz Bouteflika (73) nach ägyptischem und tunesischem Vorbild blieb aus. Über Verletzte gab es zunächst keine Angaben.

Westerwelle auf Besuch in Tunesien

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich besorgt über die Entwicklung in Algerien. Bei einem Besuch im Nachbarland Tunesien ermahnte er die Führung in Algier, auf "jede Form von Gewalt zu verzichten". "Wir setzen darauf, dass sich die Vernunft durchsetzt", sagte Westerwelle. Bereits am Freitagabend hatten algerische Sicherheitskräfte in Algier eine spontane Kundgebung von Regimegegnern als Reaktion auf den Machtwechsel in Ägypten niedergeschlagen.

Die algerische Staatsspitze ließ die Hauptstadt am Samstagmorgen komplett abriegeln. Rund 30.000 Sicherheitskräfte sollen im Einsatz gewesen sein. Der Zugverkehr wurde ausgesetzt, zahlreiche Straßensperren behinderten den Verkehr, berichtete die Zeitung "El Watan" im Internet. In vielen Stadtteilen seien gepanzerte Lastwagen und Geländewagen der Sicherheitskräfte aufgefahren.

Größere Gruppen von Regimegegnern waren am Vormittag bereits auf dem Weg zum Startplatz der Demo umzingelt und am Weitergehen gehindert worden. Rund 2000 schafften es aber dennoch auf den Platz des 1. Mai. Sie forderten Bouteflika auf, dem Beispiel des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak zu folgen und abzutreten. Auch in anderen algerischen Städten wie Oran, Annaba und Tizi Ouzou gab es es von massiven Polizeiaufgeboten begleitete Proteste und Festnahmen. Einige der Betroffenen wurden nach Angaben der LADDH auch am Abend noch festgehalten.

Beflügelt von den Ereignissen in Tunis und Kairo ist in Algerien der Zorn gegen die Herrschaft Bouteflikas in den vergangen Wochen angewachsen. Zahlreiche Menschen im Land sehnen sich nach besseren Lebensverhältnissen, nach mehr Demokratie und Chancengleichheit. Seit Wochen gibt es in dem nordafrikanischen Mittelmeerland nahezu täglich Streiks. Junge Algerier versuchten mehrfach, mit Selbstverbrennungen und Hungerstreiks auf die Perspektivlosigkeit in ihrem Land aufmerksam zu machen. Bouteflika versprach daraufhin unter anderem ein Ende des seit 19 Jahren andauernden Ausnahmezustands und Preissenkungen für Grundnahrungsmittel.