Wellendinger Welt: Traurig ist (fast) keiner, als Schultes Albrecht (nahezu genau mittig, zeigt Zähne) abgesetzt wird. Foto: Riedlinger Foto: Schwarzwälder-Bote

Absetzung: Schweigt der Schultes, lobt der Kämmerer / Narren leeren lieber Gläser

Bürgermeister Thomas Albrecht ist gewiss nicht auf den Mund gefallen. Das hilft üblicherweise. Wie bei seiner Absetzung.

Wellendingen (rd). Erst vor fünf Tagen zum zweiten Mal Vater geworden – und während der Fasnet die Bürgermeisterwahl Ende April im Kopf: Diese Gedanken von Thomas Albrecht wurden bei seiner Absetzung durch den hochwohllöblichen Wellendinger Narrenrat am Schmotzigen kund getan.

Im Ortskern sei ja nach den Renovierungen der vergangenen Jahre alles klar, dichtete Narrenvater Robert Baier bei der Absetzung des Bürgermeisters. Der Schultes sei "manchmal voller Tatendrang – trifft Entscheidungen und froget it lang". Ein Mitbewerber für das Amt des Bürgermeisters sei schwer zu finden, der Schultes könne "nicht nur schwätza, sondern ka’ au ab und zua mittrinka".

Mit der Geburt der zweiten Tochter habe er nun das Stimmrecht daheim verloren. Die Narrenschar sprach aber die herzlichsten Glückwünsche aus und freute sich mit ihrem Schultes. Und die Geburt am vergangenen Wochenende sei ein gutes Timing gewesen, damit er am Bunten Abend in Wellendingen teilnehmen könne.

Thomas Albrecht, bei den Narren schon durch seine markigen Sprüche bekannt, bezeichnete sich selbst so kurz vor der Wahl ob der Erfolge in der Ortschaft "als echten Knaller": "Eigenlob stinkt, des weiß i’ genau – aber sonst lobt mi’ ja offe kui alte Sau."

Boulevards wie in Paris

Schnell übergab er das Mikrofon an Kämmerer Phillippe Liebermann, damit dieser mit Betreutem Wohnen, Bürgerhaus, Jugendhaus, Pflegeheim, Feuerwehrhaus, Kinderzentrum und Ortsmitte seinen Chef über den Schellenkönig loben konnte. Bei den in Wilflingen gerichteten Ortsdurchfahrten sprach er gar von "Prachtboulevards wie in Paris oder am Mittelmeer".

Liebermann hatte sich für den Auftritt in einen alten Polizeimantel gewandet, die jungen Damen des Rathauses liefen in Sträflingsanzügen herum. Zufall?

Thomas Albrecht ergänzte: "Jetzt habt ihr ’s gehört, ihr liabe Leit – die reine unabhängige Wahrheit und Klarheit. Also stürmet die Wahlurne im April – und mached des Kreizle da, wie ich es gern will."

Solchermaßen konditioniert, machte sich die Narrenschar auf in den Schlosskeller, um sich mit Butterbrezeln und manchem zu leerenden Glas auf die schweren Aufgaben einzustimmen, die es in den kommenden fünf Tagen während ihrer Narrenherrschaft zu erledigen gilt.