Helfer und Flüchtlinge verbringen dank einet Spende einen Tag auf der Insel Mainau (oben). Zur Einschulung gibt es, wie hierzulande üblich, auch für die Flüchtlingskinder Schultüten (unten, links). Die Kleinen erkunden spielend den Ort. Fotos: Helferkreis Foto: Schwarzwälder-Bote

Flüchtlinge: Helferkreis unterstützt Neuankömmlinge in Wellendingen und Wilflingen / Gerüchte erschweren die Arbeit

Von Verena Parage

Seit Ende Februar leben im Wilflinger "Rössle" 44 Flüchtlinge. Vom ersten Tag an werden sie von Ehrenamtlichen des Helferkreises Asyl betreut. Diese kümmern sich auch um die Neuankömmlinge in Wellendingen.

Wellendingen. "Die Arbeit des Helferkreises kann man gar nicht hoch genug schätzen", sagt Bürgermeister Thomas Albrecht. Ohne die gut 20 Ehrenamtlichen, den harten Kern bilden zehn, hätte die Gemeinde zusätzliches Personal einstellen müssen. Das würde zusätzliche Kosten bedeuten. Doch der Einsatz der Gruppe komme der Gemeinde nicht nur finanziell zugute. Ehrenamtliche seien mit mehr Engagement bei der Sache, als es ein Mitarbeiter – selbst wenn er seinen Beruf gern macht – wäre, meint Albrecht.

Silke Flaig und Karin Angst gehören zum harten Kern dieses Helferkreises. Sie kümmern sich um die 60 Flüchtlinge, die inzwischen in Wellendingen und Wilflingen leben. Die beiden bestätigen, was der Schultes anklingen ließ: "Wir sind mit Herzblut dabei", sagt Flaig.

In ihr Engagement stecken sie viel Zeit. Die Helfer seien täglich im Einsatz, geben den Flüchtlingen Deutschkurse, bringen sie zu Ärzten und zum Einkaufen oder erklären ihnen, wie das Einkaufen im Supermarkt überhaupt funktioniert. Der Wilflingerin Angst geht es wie ihrer Mitstreiterin aus Wellendingen: Morgens sei sie bei der Arbeit, mittags im "Rössle" tätig.

Flaig war es ein Anliegen, auch der Öffentlichkeit etwas von den Aufgaben und gemeinsamen Erlebnissen zu berichten. Sie erzählt beispielsweise, dass jede der zwölf Familien, die in Wilflingen untergebracht sind, einen Paten hat. Berichtet von gemeinsamen Einkaufsfahrten nach Rottweil mit den Bewohnern des "Pflegehaus am Schloss", und von den Kindern, die bereits Schulen oder Kindergärten besuchen, oder, dass die Familien inzwischen sogar wissen, was die Kehrwoche ist, und diese erledigen.

Einmal war auch die Feuerwehr im "Rössle" und erklärte den Bewohnern, was im Brandfall zu tun ist. Gleichzeitig wollte sie ihnen die Angst vor Unformen und Masken nehmen. Weil die Flüchtlinge "aus Kriegsgebieten kommen, ist dies sehr wichtig, um Paniksituationen zu vermeiden", erläutert Flaig.

Darüber hinaus hätten vier Freundinnen eine Spaßolympiade für die Flüchtlingskinder organisiert, damit diese ihren neuen Wohnort kennenlernen. Auch sonst erfahren die Helfer viel Unterstützung von Einwohnern, die Kleider, Fahrräder, Schulausrüstung oder Geld spenden. Flaigs Liste ist lang.

"Das größte Erlebnis für alle Bewohner war jedoch Anfang Mai der Besuch der Insel Mainau", schreibt sie. Ein unvergesslicher Tag. Möglich gemacht habe diesen Ausflug eine Bekannte. Die Frau hatte an ihrem Geburtstag auf Geschenke verzichtet, sich dafür aber Spenden gewünscht, um den Flüchtlingen einen schönen Tag zu ermöglichen. Das zeigt: Es gibt viele, die die Ehrenamtlichen und ihre Schützlingen unterstützen.

Einfach mal hinterfragen

Allerdings, und das ist eine schmerzliche Erfahrung, gibt es auch Dinge, die den Helfern die Arbeit erschweren. Gerüchte, die im Ort die Runde machen. Etwa, dass die Asylbewerber auf Staatskosten einen schönen Tag am Bodensee erlebt hätten. Oder abfällige Nachrichten über Flüchtlinge, die Flaig aufs Handy kriegt. "Das macht Dir das Leben schon schwerer", sagt sie. Ihre Reaktion darauf ist, über die Arbeit des Helferkreises zu berichten.

Aus Einzelfällen zu folgern, dass ganz Wilflingen gegen die Flüchtlinge ist, hält das engagierte Duo für falsch. Das geht auch Ortsvorsteher Andreas Muschal so. Natürlich hätten viele Bürger zunächst Angst gehabt, als es hieß, dass 50 Flüchtlinge in den Ort kommen. Aber 90 Prozent der Bevölkerung hätten die Situation inzwischen akzeptiert. Über die Neuankömmlinge sagt er: "Die Leute sind freundlich, höflich, da gibt’s gar nichts."

Blöde Sprüche höre man überall, eine negative Stimmung im Ort macht Muschal nicht aus. Auch Bürgermeister Albrecht hat das Gefühl, dass die große Mehrheit der Bürger ("die schweigende Mehrheit") eher positiv überrascht sei, wie friedlich alles verläuft. Und dass es Gerüchte gebe, sei in Wilflingen nicht anders als in anderen Dörfern.

Fragen und Vorbehalte findet auch Silke Flaig normal. "Mir ist bewusst, dass das, was ich mache, nicht jeder toll findet." Das müsse aber auch gar nicht so sein. Einen Wunsch allerdings hat sie: Dass sich Mitbürger mit ihren Bedenken direkt an sie wenden. "Am besten persönlich." Der Wellendinger Gemeinderat hat genau das vor: Er will am 23. Juni dem "Rössle", seinen Bewohnern und den Helfern einen Besuch abstatten.

Darüber hinaus empfiehlt Thomas Albrecht Bürgern, denen ein Gerücht zu Ohren kommt: "Einfach mal hinterfragen." Das ist für ihn die bessere Alternative als vermeintliche Tatsachen ungeprüft weiterzuerzählen – und gelte im Übrigen nicht nur für das Thema Flüchtlinge, sondern für alle kommunalpolitischen Belange.