Sie wollen Bürgermeister Richard Ege beerben (von links): Gerhard Reiner, Reinhold Weiß, Dorothee Baur und Stephan Reuß. Foto: Visel

Vier Bürgermeister-Kandidaten stellen sich vor und müssen viele Fragen beantworten. Nein-Sager kommt nicht. Mit Kommentar.

Weilen u.d. R. - Großer Andrang hat am Freitagabend in der Weilener Gemeindehalle geherrscht. Die vier ernsthaften Bewerber um die Nachfolge von Bürgermeister Richard Ege haben sich den Bürgern präsentiert, von denen rund 300 zur Vorstellung gekommen sind.

Kurz nach 19 Uhr gab Bürgermeister Richard Ege den Startschuss. Die vier Bewerber, die in der Reihenfolge ihrer Bewerbung auftraten, stellten sich und ihre Ideen über die Zukunft der Gemeinde vor. Alle erhielten kräftigen Applaus. Kurz vor 21 Uhr war das Ganze beendet, Ege freute sich über den reibungslosen Ablauf und ermunterte die Weilener, am 1. März zur Wahl zu gehen.

Bei den Fragerunden wurden zahlreiche Themen angesprochen. Reinhold Weiß wurde zur Hochwassersituation gefragt und zur künftigen Baulandpolitik, die er offen und attraktiv auch für Auswärtige gestalten wolle. Er würde die Bürgerbeteiligung intensivieren und prüfen, ob in Weilen ein Mehrgenerationenwohnen möglich sei. Angesprochen wurde er auch auf eine Geschwindigkeitsreduzierung in der Ortsdurchfahrt.

Stephan Reuß wurde gefragt, ob er im Falle seiner Wahl nach Weilen ziehen werde, was er nicht abschließend beantworten wollte. Er schloss aber aus, neben dem Amt in Weilen noch eine ehrenamtliche Bürgermeisterstelle übernehmen zu wollen. Er werde eine zweite und dritte Amtszeit anstreben und sich voll einsetzen. In Sachen Plettenberg-Abbau sagte er, das müsse man kritisch sehen. Die Gemeinde müsse sich rechtzeitig positionieren, weil das Verfahren für den späteren Kalksteinabbau in Deilingen bald beginnen werde.

Gerhard Reiner wurde nach Radwegeverbindungen zwischen Weilen und Deilingen sowie Ratshausen gefragt. Sein Amt als Gemeinderat in Deilingen müsse er nicht abgeben, falls er in Weilen gewählt würde, sagte er. "Aber der Hauptberuf ist natürlich das Wichtigste." Eine zweite Amtszeit werde er anstreben, betonte Reiner, wenngleich er diese aus Altersgründen nicht mehr ganz vollenden könnte – zumindest nach der derzeitigen Rechtslage.

Dorothee Baur wurde als einzige Frau in der Runde – fast könnte man sagen erwartungsgemäß – nach ihrer Familienplanung gefragt. Ja, sie wolle Kinder, bekräftigte sie ohne Wenn und Aber. Und Familie und Beruf zu vereinbaren, sei auch als Bürgermeisterin möglich. Klar sei, die Gemeinde dürfe nicht darunter leiden. Eine dreijährige Elternzeit sei also nicht drin. Die Frage, ob sie ihren Familienwohnsitz dann in Weilen nehmen werde, ließ sie offen. Weil ihr Partner aus Hausen am Tann stamme, sei es auch denkbar, sich dort niederzulassen: "Dann ist auch eine gewisse Neutralität gewahrt."

Bezweifelt wurde von einem Bürger, ob ihre Ausbildung als Verwaltungsfachangestellten für das Bürgermeisteramt in Weilen ausreiche. Baur: "Ich habe das Geschäft von der Pike auf gelernt. Ich kann es und werde mich behaupten." Eine Weiterbildung sei jedoch denkbar.

Weiß: habe das "Weilen-Gen"

Der 50-jährige Betriebswirt Reinhold Weiß aus Weilen reklamierte für sich das "Weilen-Gen". Er wolle Bewährtes bewahren, aber für frischen Wind sorgen. Weiß will den Ortskern beleben und die Gemeinde attraktiver machen, um so für ein qualitatives Wachstum zu sorgen. Weitere Themen seien der Breitbandanschluss, der demografische Wandel und Angebote für die Jugend. Viele Wünsche der Bürger seien schnell und ohne große Kosten umzusetzen, etwa ein Honau-Grillplatz. Weiß: "Weilen soll ein Ort bleiben, der gut tut."

Reuß: mit den Bürgern gestalten

Der 31-jährige Verwaltungswirt Stephan Reuß aus Balingen versprach, gemeinsam mit den Bürgern Visionen für die Weiterentwicklung Weilens zu entwickeln. Das Bürgermeisteramt sehe er als langfristige Aufgabe, nicht als Karrieresprungbrett. Auch er hat auf seiner Agenda die innerörtliche Entwicklung stehen sowie Angebote für Kinder, Jugendliche und Senioren. Fördern will er die Vereine und die Feuerwehr sowie attraktive Rahmenbedingungen für das Gewerbe schaffen, wozu auch das schnelle Internet gehöre.

Reiner: Fleiß und Tatkraft gefragt

Der 54-jährige Verwaltungswirt Gerhard Reiner aus Deilingen will den guten Zusammenhalt in der Gemeinde stärken, damit sich alle Generationen in Weilen weiter wohlfühlen. Im Rahmen eines mit dem Gemeinderat und den Bürgern zu erarbeitenden Gesamtkonzepts sei der Ortskern zu entwickeln, die Infrastruktur zu erhalten und eine familienfreundliche Politik zu gestalten: "Dazu gehört auch der Verkauf von Bauland an Auswärtige." Als wichtige Ziele nannte er zudem die Förderung des örtlichen Gewerbes und des Ehrenamts.

Baur: mit Herz und auf Dauer

Die 26-jährige Verwaltungsfachfrau Dorothee Baur aus Hechingen würde das Amt der Bürgermeisterin mit ganzer Kraft und auf Dauer angehen. "Das ist für mich eine Herzenssache." Wichtig sei, die Selbstständigkeit zu bewahren und dafür zu sorgen, dass Weilen mit den anderen Kommunen im Schlichemtal auf Augenhöhe agiere. Sie sprach sich für eine offensive Wirtschaftsförderung und eine familienfreundliche Politik mit flexibler Kinderbetreuung und Angeboten für die Jugend aus. Wichtig wäre ihr ein "Senioren-Check".

Kommentar: Alle können es

Bernd Visel

Eine Frau und drei Männer: Sie wollen die Nachfolge von Bürgermeister Richard Ege antreten. Und allen ist zuzutrauen, dass sie im Rathaus eine gute Figur machen würden. Davon konnten sich die Weilener gestern bei der Vorstellung der Bewerber überzeugen. Aber: Nur einer kann gewinnen. Wer derjenige sein wird, ist schwer zu sagen. Die Frage lautet: Was wollen die Bürger?

Wollen sie einen von ihnen wie Reinhold Weiß, der die Gemeinde aus dem Effeff kennt, oder setzen sie eher auf einen ausgewiesenen Verwaltungsmann, wie es der Schömberger Stadtkämmerer Gerhard Reiner zweifellos ist. Vielleicht sind aber auch junge, ehrgeizige Leute wie Dorothee Baur und Stephan Reuß gefragt, die in dem Amt an Profil gewinnen können. Vieles spricht für einen zweiten Wahlgang. Vielleicht aber sorgen die Wähler ja schon in einer Woche für eine dicke Überraschung.