Schwarzwaldguide Gaby Greza kann Unkräutern nur Gutes abgewinnen / Helfer für beinahe jedes Zipperlein im Garten zu finden

Von Martina Lachenmaier

Pfalzgrafenweiler/Waldachtal. Un-Kraut! Diesen negativen Anstrich, den die Vorsilbe "Un" den Kräutern verleiht, haben die Wildkräuter, wie man Unkräuter besser nennt, wirklich nicht verdient. Sie sind gesund, interessant und haben in der Natur durchaus ihre Berechtigung. Internationale Pflanzenfreunde feiern heute zu Ehren der viel Geschmähten den Ehrentag des Unkrauts.

Wie die ganze Natur stehen auch die Wildkräuter in den Startlöchern. "Wenn jetzt Regen und Wärme kommen, starten die Wildkräuter richtig durch", sagt Gaby Greza. Sie ist Schwarzwaldguide, Vorstandsmitglied des Nabu Waldachtal und Naturliebhaberin von Kindesbeinen an. Sie erkennt Vögel an ihren Gesang, sie kennt Insekten und jeden Baum und sie kann Tierspuren lesen. Auch was Wildkräuter angeht, ist die 58-Jährige eine echte Expertin. Sie ist bewandert in Kräutern, weiß wann und wo sie blühen, kennt den optimalen Erntezeitpunkt und weiß gegen welche Zipperlein sie helfen. "Unkraut gibt es genauso wenig wie Ungeziefer", so die Kräuterexpertin. "Alles hat seine Daseinsberechtigung. In der Natur leben alle Lebewesen miteinander und voneinander."

Wildkräuter sind weder uninteressant, noch unnütz, noch ungesund. Das Gegenteil ist der Fall. "Viele Wildkräuter haben wertvolle Inhaltsstoffe", weiß die Expertin. "In einer Handvoll Wildkräuter ist ungefähr so viel Vitamin C wie in einem ganzen Kilo Gemüse", sagt sie. Da reichen schon wenige Blättchen, um sich etwas Gutes zu tun. Ihr Rat: Wildkräuter in den Salat geben.

Sobald die ersten Blättchen sprießen, rückt sie zur Ernte aus. Im eigenen Garten muss sie nicht lange suchen. Löwenzahn, Spitzwegerich, Gundermann, Gänseblümchen, Veilchen oder Scharbockskraut kann man jetzt schon ernten. Die meisten der Frühjahrs-Wildkräuter haben eine blutreinigende Wirkung. Sie wirken entgiftend und ausleitend und sind ein gutes Mittel gegen die Frühjahrsmüdigkeit.

Auch die in den Wildkräutern enthaltenen Bitterstoffe sind gesund. Grundsätzlich, so der Rat der Expertin, "muss man wegen der Inhaltsstoffe aber auf den richtigen Erntezeitpunkt achten". Das Scharbockskraut darf man beispielsweise nur vor der Blüte essen, weil danach der Anteil der Giftstoffe zu hoch wird. Bevor die gelben Blüten zum Vorschein kommen, ist das Scharbockskraut wegen seines hohen Vitamin C-Gehalts sehr gesund, erklärt Greza. Schon am Namen könne man die Wirkung des Krauts erkennen, denn Scharbock ist der alte Name für die Vitamin-Mangelkrankheit Skorbut. Am besten, man erntet die jungen Blätter, denn sie sind schön zart.

Löwenzahn gibt es bei Gaby Greza als Salat. Am liebsten eine ganze Schüssel voll mit einer Soße aus Olivenöl, Zitronensaft, Senf, Honig und einem zerdrückten gekochten Eigelb. "Das mögen sogar Kinder." Einen überraschend süßen Genuss bereiten darüber gestreute süße Löwenzahnblütenblättchen, die aber aus dem Blütenkörbchen gezupft werden. Schön sieht es obendrein aus. Das Auge isst ja bekanntlich mit. Auch die Blüten von Gänseblümchen und Vergissmeinnicht oder das später im Jahr blühenden Wiesenschaumkraut machen sich gut in jedem Salat. Veilchenblüten schmecken auch gut. Aber Gaby Greza findet sie zu schade zum Essen. " Die lasse ich stehen. Die schönen Blüten sind gut für die Seele", ist sie überzeugt.

Spitzwegerich, der jetzt das erste Grün treibt, ist beste Hustenmedizin. Die Expertin verwendet ihn getrocknet oder frisch als Tee, oder macht Sirup daraus. Spitzwegerich hilft auch gegen Insektenstiche. "Einfach die Blätter so lange reiben, bis der Saft austritt", empfiehlt sie. Er lindert den Juckreiz und mildert das Anschwellen. "Ich betupfe auch Stellen eines Zeckenbisses mit der Tinktur." Auch Huflattich und Gänseblümchen helfen bei Husten. So wie der Gundermann, der bei eitriger Bronchitis Linderung verschafft. Oder man bereitet ihn als Deko-Dessert zu und taucht seine Blätter in flüssige Bitterschokolade. "Schon hat man ein Kräuter-After-Eight."

Vergissmeinnicht soll, wie der Name schon sagt, gegen Vergesslichkeit helfen. Beinwell ist der Knochenheiler. "Das ist meine Pflanze, wenn es zwickt." Aus lauwarmem Wasser, Beinwellpulver und Olivenöl bereitet sie eine Paste, die sie über Nacht auf die schmerzenden Stellen streicht. "Das hilft bei Arthrose und Gelenkbeschwerden. Man müsse bei Naturmedizin Geduld haben, sie also mehrmals anwenden", sagt die Pflanzenkennerin. Und: "Was lange besteht, muss auch lange behandelt werden."

Gaby Greza freut sich schon darauf, wenn es mit dem Kräutersammeln im April richtig losgeht. Dann gibt es Giersch, den sie wie Spinat zubereitet. Gärtner mögen ihn nicht, weil er im Garten leicht überhandnimmt. Ihre Devise: "Die hartnäckigen Kräuter, lassen sich nicht aus dem Garten ekeln. Die wollen genutzt werden."

Nutzen statt ausreißen hält Gaby Greza für die bessere Lösung bei allen Wildpflanzen. Und schwärmt regelrecht davon, wenn Insekten und Honigbienen beim weiß blühenden Giersch im Sommer Nektar sammeln oder Wiesen in großer Artenvielfalt blühen.

Man sollte sich mehr an die Wildkräuter erinnern, "nicht nur wenn man krank ist", rät sie. Jeder kann etwas tun für die Natur, sagt Gaby Greza. "Man muss ja nicht jeden Löwenzahn gleich aus dem Garten reißen."