Die Weihnachtsbotschaft und Gottes Wort unter die Menschen zu bringen, war Reformator Martin Luther (Porträt, rechts im Bild) ein Anliegen. Beim Öffnen des ersten Fensters des Adventskalenders sangen die Christen in Waldachtal 15 Strophen seines Gassenhauer-Liedes „Vom Himmel hoch“.  Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Advent: "Vom Himmel hoch" ist heute so modern wie im Jahr 1534 / Erstes Fenster des Adventskalenders geöffnet

25 Christen aus Waldachtal kamen zum Försterhaus nach Tumlingen, um das erste Fenster des Lebendigen Adventskalenders zu öffnen. Ein mittelalterliches Gassenhauer-Lied von Martin Luther "Vom Himmel hoch, da komm ich her" stand als adventliche Botschaft im Mittelpunkt.

Waldachtal. 15 Verse dieses Liedes sangen die Teilnehmer am Abend des ersten Dezember-Tages in heimeliger Atmosphäre vor dem illuminierten alten Försterhaus, dem Wohnhaus von Aktionsleiterin Anouschka Hornberger und Diakon Ralf Hornberger. Luthers Lied, das bis ins Jahr 1534 zurückreicht, passte im Vorfeld des Luther-Jubiläums-Reformations-Jahres 2017 wie der Deckel zum Topf. "Der guten Mähr bring ich so viel, davon ich singen und sagen will", wurde von Waldachtaler Christen beherzigt.

Die ursprüngliche Melodie, dies erklärte Anouschka Hornberger, ist noch in einem anderen Weihnachtslied von Martin Luther erhalten geblieben, das auch heute noch in den evangelischen Gesangsbüchern enthalten ist: "Vom Himmel kam der Engel Schar." Diese eingängige und zutiefst weltliche Melodie war zu Luthers Zeiten ein richtiger Ohrwurm-Hit, der mit diesen 15 Strophen dann auf den Straßen und Plätzen zum Besten gegeben wurde. Dazu kam noch irgendeine Klatschgeschichte, die für Aufsehen sorgen und den Zuhörern zu Herzen gehen sollte. Und dann wurde der nächste Tanz eröffnet. Wie die Aktionsleiterin erzählte, wurde seinerzeit auch im Weihnachtsgottesdienst getanzt. Vor dem Altar war eine Krippe aufgestellt, neben der Maria und Josef ihren Platz fanden. Zwischen diesen beiden erhob sich ein Wechselgesang, das "Kinde wiegen". Der Chor und die Solisten entfalteten die Weihnachtsgeschichte. Und die kleineren Kinder tanzten dazu um die Hauptdarsteller vor dem Altar im Kreis.

Luther wolle durch die Auswahl dieser bekannten Melodie erreichen, dass die Besucher im Gottesdienst ganz genau hinhörten. Die Weihnachtsbotschaft sollte durch diese damals moderne Melodie und den Liedtext die Menschen in ihrer Lebenswelt erreichen. Sie sollten neugierig darauf werden, was Gott mitteilen will. Gottes Wort sollte unter die Leute in einer Sprache und auf eine Weise, dass sie das auch verstehen konnten. "Das war Luthers großartige Mission", zitierte Anouschka Hornberger. "Deshalb hat er auch die Bibel in die deutsche Sprache übersetzt, dass jeder lesen und verstehen konnte, was Gott zu sagen hat."

Wichtiger Meilenstein

I m Jahr 1534, in dem aller Wahrscheinlichkeit nach dieses Weihnachtslied entstanden ist, gab der 51-jährige Martin Luther die erste vollständige deutsche Bibelübersetzung in Druckauftrag. Das war nicht nur ein wichtiger Meilenstein in der Reformationsgeschichte, sondern ein unermesslicher Beitrag dazu, dass Gottes Wort sich in Deutschland ausbreiten konnte.

Heute, im 21. Jahrhundert im Zeitalter von Facebook, Twitter und Whatsapp laufen viele Nachrichten Gefahr, zu verblassen. Man muss neue Wege suchen, um Botschaften zu vermitteln. Und da kann Luther ein großes Vorbild sein, wie er bemüht war, Gottes Wort in der Lebenswelt seiner Zeitgenossen zu platzieren. Dietrich Bonhoeffer hat Wirkung des Wunders von Bethlehem in einer Weihnachtspredigt einmal ausgedrückt: "Von der Geburt eines Kindes ist die Rede, nicht von der umwälzenden Tat eines Mannes." Worum sich Könige und Staatsmänner, Philosophen und Künstler, Religionsstifter und Sittenlehrer vergeblich bemühen, das geschieht nun durch ein neugeborenes Kind. Wie zur Beschämung der gewaltigsten menschlichen Anstrengungen und Leistungen wird hier ein Kind in den Mittelpunkt der Weltgeschichte gestellt. Es geht wirklich über alles Begreifen: Die Geburt eines Kindes soll die große Wende aller Dinge herbeiführen, soll der ganzen Menschheit Heil und Erlösung bringen.

In den letzten Strophen seines Weihnachtsliedes schlägt Martin Luther eine ganz persönliche Note an. Ganz in dem Sinn, wie es der deutsche Barockdichter Angelus Silesius geschrieben hat: "Wär’ Christus tausendmal zu Bethlehem geboren, doch nicht in dir: du bliebst noch ewiglich verloren." Anouschka Hornberger sagte: "Lassen wir dieses Wunder in unser Herz. Lassen wir uns anstecken von dieser Freude. Gott wurde Mensch. Der Himmel auf Erden hat begonnen."

Das nächtlich beleuchtete große Bildnis des deutschen Reformators Martin Luther zog vor dem Haus der Familie Hornberger in Tumlingen die Blicke der evangelischen und katholischen Christen auf sich. Julia Störzer, so berichtete Diakon Ralf Hornberger, habe dieses eindrucksvolle Porträt des Mönchs und Theologie-Professors vor fast zehn Jahren anlässlich einer Kinderbibelwoche gemalt. Es hat schon einige Einsätze hinter sich und trotzte Wind und Wetter.

Anouschka Hornberger sprach den Irischen Weihnachtssegen: "Gott nehme dir Sorgen und Angst und schenke dir neue Hoffnung." Trotz Minusgraden verweilten die Christen noch bei Glühwein, Punsch und Leckereien vor dem alten Tumlinger Försterhaus. Bis Weihnachten wird das Licht weiter getragen: Jeden Abend öffnet sich in Waldachtal ein Adventsfenster.