Sie koordinieren die ehrenamtliche Arbeit für Flüchtlinge in der Gemeinde Waldachtal und gehen mit gutem Beispiel voran (von links): Pfarrer Anton Romer, Bürgermeisterin Annick Grassi und Pfarrer Markus Arnold. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Bürgermeisterin hält nichts von Obergrenzen. Erste Maßnahmen von Arbeitskreis zeigen ihre Wirkung.

Waldachtal - Ein Dreigestirn koordiniert in Waldachtal die Aufgabenverteilung und die praktische Arbeit: Bürgermeisterin Annick Grassi sowie Pfarrer Anton Romer (katholisch) und Markus Arnold (evangelisch) gehen in dieser Aufgabe auf, obwohl sie eigentlich wenig Zeit haben. Vieles wurde schon angepackt. Noch mehr ist zu tun.

"Bei uns gibt es keine Probleme, sondern Lösungen", sagt die prominent besetzte Führungsspitze in Waldachtal unisono. Pfarrer Romer meint: "Was ansteht, versuchen wir zu lösen." Pfarrer Arnold bestätigt das funktionierende Miteinander von Bürgermeisterin und Pfarrern: "Wir pflegen einen guten Draht zueinander und wir haben kurze Wege." Das gute Verständnis mit Sozialarbeiterin Simone Ehler vom Landratsamt Freudenstadt, so Bürgermeisterin Grassi, erleichtere die Zusammenarbeit. Beim Treffen der Ehrenamtlichen in Freudenstadt, so Arnold, sei deutlich geworden, dass es in Waldachtal im Vergleich zu anderen Gemeinden "gut" laufe: "Hier wird intuitiv vieles richtig gemacht." Rund 70 ehrenamtliche Helfer engagieren sich in der Gemeinde Waldachtal für die Flüchtlinge, vom Fahrrad reparieren bis zu Fahrdiensten ins Krankenhaus.

Praktische Hilfe bekommen die 60 Asylbewerber in Form von Unterstützung für den Haushalt oder durch Kleidung und Deutsch-Sprachkurse. Das erste Begegnungs-Café im Gemeindesaal Tumlingen mit den Flüchtlingen aus Pakistan und Gambia wurde zu einem Erfolg. Unter den rund 200 Gästen waren 50 Flüchtlinge, die von der Bürgermeisterin vorgestellt wurden. Gerade die Gambier erlebten ein Stück weit, "wie man hier lebt", so Pfarrer Arnold. Sie machten erstmals Bekanntschaft mit Hefezopf und Brezeln. Das Café Brünz spendierte den Kuchen. Bei guten Gesprächen zwischen Jung und Alt kam man sich näher. Unter den Einheimischen befanden sich Jugendliche und Erwachsene bis hin zu einer über 90 Jahre alten Frau. In Gesprächen mit den Pakistani erfuhr Markus Arnold von deren Erstaunen darüber, dass in Deutschland noch so viele ältere Frauen Auto fahren. Die Flüchtlinge halfen beim Auf- und Abbau mit. "Unsere Erwartungen wurden voll erfüllt", resümierte Pfarrer Romer. "Das war eine gute Veranstaltung. Solche wollen wir gern auch in den anderen Ortschaften machen", erklärte Bürgermeisterin Grassi.

Bürgermeisterin Grassi hält nichts von Obergrenzen

Die Waldachtaler Asylbewerber aus Eritrea, Gambia und Pakistan sind in Salzstetten (36), Lützenhardt (zwölf) und Hörschweiler (zwölf) untergebracht. Elf weitere Flüchtlinge werden für Oberwaldach (Familiendorf) und 118 für Lützenhardt (Sattelacker Hof) erwartet. Die Bürgermeisterin erläutert den Ablauf: Von den Landeserstaufnahmelagern (LEA) kommen die Asylbewerber über die Kreis-Unterbringung nach Waldachtal. Nach spätestens zwei Jahren sollen sie in eine Anschlussunterbringung" Sie dürfen sich auch selbst eine Unterkunft suchen. Die Gemeinde Waldachtal weiß nicht, wie viele Flüchtlinge noch kommen. Bürgermeisterin Grassi bezieht Position: "Ich halte nichts von Obergrenzen. Überhaupt: Drei Monate lang dürfen die Asylbewerber überhaupt nicht arbeiten. Und nach 15 Monaten unter gewissen Bedingungen."

Seine Eindrücke nach ein paar Monaten gibt der evangelische Pfarrer Arnold wieder: "Ich erlebe junge Männer, die neugierig sind und mitmachen wollen. Sie wollen nicht nur Nutznießer sein. Sie sind an unserer Kultur interessiert. Ich hatte aber den Eindruck, dass Deutschland nicht ihre Heimat wird. Sobald sie können, wollen sie wieder in ihr Mutterland zurück." Lernbegierig seien sie allemal, wenngleich es unter den 60 auch Analphabeten gebe. Drei bis vier Mal in der Woche lernen sie Deutsch. Sätze wie "Das ist eine Banane" können manche schon sprechen. Moussa aus Gambia sei schon weiter und habe zu ihm gesagt: "Markus, rede Deutsch!" Pfarrer Arnold ist dankbar, dass sich in Waldachtal eine große Zahl von 35 Sprachlehrern engagiert. Die Bürgermeisterin bekräftigte: "In Sachen Lernen ist ein Großteil hoch motiviert."

Freundeskreis Asyl sucht derzeit noch nach einem Leiter

Der Freundeskreis ist noch auf der Suche nach einem Leiter. Das könne ein anspruchsvoller Job werden, meint Arnold. Effektiv arbeitet schon der Lenkungskreis mit Annick Grassi, Anton Romer, Markus Arnold, Christa Schmelzle, Waltraud Welle, Wilhelm Azizi, Margret Störzer und Gerd Schedler. Diese Mitarbeiter tauschen sich regelmäßig aus, organisieren und planen.

Ins Leben gerufen wurde der Freundeskreis Asyl Waldachtal durch eine Initiative der katholischen und evangelischen Kirchengemeinde sowie der bürgerlichen Gemeinde Waldachtal (wir berichteten). Bei der Auftakt-Veranstaltung am 8. September im katholischen Gemeindezentrum haben rund 100 Bürger ihr Interesse bekundet. Durch Listen wurde abgefragt, wer sich in welchen Bereichen mit welchem zeitlichen Aufwand engagieren kann. Um eine humanitäre Betreuung der Flüchtlinge zu gewährleisten, sind verschiedene Arbeitskreise gegründet worden: n Hauswirtschaft: Unter Leitung von Christa Schmelzle soll versucht werden, den Flüchtlingen den richtigen Umgang mit Herd und Waschmaschine sowie die richtige Mülltrennung nahe zu bringen. Auch die Ausstattung mit notwendigen Dingen für den alltäglichen Gebrauch gehört zum Aufgabengebiet des Arbeitskreises. n Kleidung: Kleiderspenden akquiriert dieser Kreis unter Leitung von Waltraud Welle. Neue Kleidung wird besorgt, wenn es aus hygienischen Gründen vorgeschrieben ist. Hierfür sind auch Geldspenden willkommen. Der Arbeitskreis organisiert regelmäßig einen Kleiderbasar, bei dem die Flüchtlinge sich dann Kleidung kaufen können. Mit einem Betrag von einem Euro pro Kleidungsstück, so Pfarrer Romer, soll das Wertschätzen der gespendeten Sachen deutlich werden. n Sprache: Regelmäßig Deutschunterricht in den einzelnen Unterkünften organisiert Pfarrer Markus Arnold. Auch das Üben der deutschen Sprache wird organisiert und koordiniert. n Freizeit und Kultur: Unter der Regie von Bürgermeisterin Annick Grassi soll versucht werden, die Ankommenden in Vereinen unterzubringen beziehungsweise diese am normalen Spiel- und Trainingsbetrieb teilnehmen zu lassen. Etliche nehmen in Waldachtal schon am Fußballtraining teil. Über gezielte Spendenaufrufe sollen alle Flüchtlinge mit Fahrrädern ausgestattet werden. Begegnungs-Cafés sollen zukünftig in den verschiedenen Ortschaften stattfinden. Tumlingen hat am 23. Oktober den Anfang gemacht. Hier kann sich jeder einbringen, auch unabhängig von Arbeitskreisen. n Ehrenamtliche Helfer: Um die Flüchtlinge schneller und langfristig zu integrieren, braucht es noch mehr Ehrenamtliche, die versuchen, den Flüchtlingen unsere Gemeinschaft und Kultur sowie die Sprache nahezubringen. "Wichtig ist es dabei, den Flüchtlingen offen und mit Respekt zu begegnen", heißt es vom Asyl Freundeskreis Waldachtal. Wer sich im Freundeskreis engagieren möchte, kann sich direkt bei einem der Arbeitskreisleiter/innen oder bei Pfarrer Markus Arnold, Pfarrer Anton Romer oder Bürgermeisterin Annick Grassi melden.

Weitere Informationen: www.asylfreunde-waldachtal.de