Der Besitzer des Sattelacker Hofes, Abraham Bulun aus Singen (links), Bürgermeisterin Annick Grassi und Landrat Klaus Michael Rückert müssen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abwarten, bevor sie den Sattelacker Hof in Lützenhardt als Flüchtlingsunterkunft nutzen dürfen. Foto: Wagner Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommunales: Waldachtaler Gemeinderat spricht sich gegen Sattelacker Hof als Flüchtlings-Unterbringung aus

Von Eberhard Wagner

Waldachtal. Eigentlich sollten am Donnerstag rund 120 Flüchtlinge in den Sattelacker Hof einziehen. Dass die geplante Unterbringung seitens des Landkreises nicht gelungen ist, hängt mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts zusammen, das aufgrund der Eil-Klage einer Bürgerin aus Waldachtal die Belegung des ehemaligen Hotels bis zu seiner endgültigen Entscheidung ausgesetzt hat.

Der Investor Abraham Bulun aus Singen, der den Sattelacker Hof gemeinsam mit seinem Bruder gekauft hat, hat bereits einen Mietvertrag mit dem Landratsamt Freudenstadt auf zehn Jahre abschlossen. Die Befreiung, die Bulun für die Nutzungsänderung des Gebäudes und die Unterbringung der Flüchtlinge benötigt, ist bereits seit geraumer Zeit beim Baurechtsamt des Gemeindeverwaltungsamts (GVV) Dornstetten in Bearbeitung. Der Ortschaftsrat Lützenhardt hatte diesem Nutzungsänderungsantrag widersprochen. Ungeachtet dessen wurde im Sattelacker Hof in den vergangenen Monaten fleißig gearbeitet und die Voraussetzung für die Unterbringung der 120 Flüchtlinge geschaffen. Dafür gibt es gute Gründe und kaum Risiko für den Investor, seitdem Bundestag und Bundesrat das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen beschlossen haben.

"Klar ist das eine Art Freifahrtschein"

Mit verschiedenen Zusätzen versehen, bietet nun der Paragraf 246 des Baugesetzbuches (BauGB) einen speziellen Befreiungstatbestand, den die Länder bei geplanten Nutzungsänderungen anwenden dürfen und auch sollen. Damit können Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden. Das hat aber auch zur Folge, dass das Baurechtsamt in Dornstetten von der betreffenden Landesstelle angewiesen werden kann, die Befreiung auch dann zu erteilen, wenn Ortschaft- oder Gemeinderat ihre Zustimmung versagen. Genau diese Neuregelung wurde nun in Waldachtal in Verbindung mit dem Sattelacker Hof angewendet.

Zur Flüchtlingsunterbringung in Lützenhardt gab es deshalb neben der vorangegangenen Informationsveranstaltung eine Sondersitzung des Gemeinderats. Bürgermeisterin Annick Grassi kommentierte das geänderte Baugesetz so: "Klar ist das eine Art Freifahrtschein, damit die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen können." Fest steht aber auch, dass mit der Änderung der Entscheidungsspielraum von Kreisen, Gemeinden und Städten hinsichtlich eines Mitsprache- und Planungsrechts bei der Flüchtlingsaufnahme weitgehend ausgehebelt werden sollte – so sehen es jedenfalls rechtskundige Bürger in Waldachtal.

Die Befreiung des Baurechtsamts an den Eigentümer des Sattelacker Hofes soll demnach in der letzten Woche (auf Anweisung) ergangen sein. Nun sollte der Gemeinderat also entscheiden, ob die Gemeinde bezüglich der Nutzung des Sattelacker Hofs als Flüchtlingsunterkunft Rechtsmittel einlegen soll. Grassi, die selbst nicht gegen die Anordnung des GVV stimmen wollte, sah sich dem massiven Widerstand ihrer Räte gegenüber. Ihr Argument, dass die Flüchtlingspolitik so gewollt sei und von den Kommunen gemeistert werden müsse, überzeugte die Räte nicht. Bei einer Enthaltung stimmte der Rest des Gremiums (zwölf Räte) für das Einlegen von Rechtsmitteln gegen die angeordnete und erteilte Nutzungsänderung. Viele Mitglieder des Rats setzen dabei auf jüngste Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, die bisher selbst dann den Klägern Recht gaben, wenn es sich bei den Gebieten um reine Wohngebiete handelte.

Der Sattelacker Hof liegt im Bebauungsplan "Sondergebiet Schelmenhecke". Dort sind laut Baunutzungsverordnung Kliniken, Sanatorien und Ähnliches, Stallungen, Therapie-Reithalle zuzüglich Nebenanlagen zulässig. Ebenfalls möglich wären dort auch Einrichtungen für den Fremdenverkehr. Ausnahmsweise erlaubt sind auch Wohngebäude sowie Kurkliniken wie die "Mutter-Kind-Klinik" im nahen "Zauberwald". Nach wie vor sieht das Gremium die Nutzungsänderung des ehemaligen Hotels zur Flüchtlingsunterkunft als starke Abweichung vom Bebauungsplan und dass diese unter Würdigung der nachbarlichen Interessen und bezüglich der weiteren Entwicklung der Ortschaft/Gemeinde nicht vereinbar sind.