Ein Jahr nach Zwangsversteigerung: Betrieb nimmt langsam Fahrt auf / Investor wartet geduldig auf Rendite

Von Lena Müssigmann

Waldachtal-Lützenhardt. Toni König hätte niemals gedacht, dass sie heute noch im Hotel am Waldsee hinter der Theke steht. Vor einem Jahr wurde das Haus zwangsversteigert. Der neue Inhaber ist Gerd Harter. Er verfolgt eine überraschende Strategie: Dass er keine Rendite macht, ist ihm erst mal egal, und er hält an König fest.

"Brechend voll", sagt Toni König (55), sei es an einem Tag im Januar gewesen, als der Lützenhardter Sänger Claudio Roncaldi aufgetreten ist. "Brechend voll", diesen Ausdruck hat König schon seit mindestens fünf Jahren nicht mehr gebraucht. Seither lief es schlecht in ihrem Hotel, so schlecht, dass es im Februar 2014 zwangsversteigert wurde. Der neue Inhaber ist Gerd Harter.

"Das Hotel soll eine langfristige Anlage sein"

Er hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 50 000 Euro in das Hotel investiert, neue Bodenbeläge verlegt, die Wände gestrichen, ein paar neue Fernseher für die Zimmer gekauft. Jetzt sei das Hotel wieder auf "Vordermann", sagt Harter. Er arbeite daran, dass das Haus Drei-Sterne-Standard erreicht.

Harter ist eigentlich nur Inhaber der Immobilie samt Inventar. Betreiberin ist nach wie vor Toni König. Harter unterstützt sie in ihrer Arbeit überraschend tatkräftig. König zahlt bislang keine Pacht, sie erstattet Harter Nebenkosten und zahlt ihm eine Umsatzbeteiligung, nach ihren Angaben fünf Prozent.

Aber warum investiert Harter, wenn er kaum etwas zurückbekommt? "Auf der Bank kriegt man doch auch kein Geld", sagt Harter. "Das Hotel soll eine langfristige Anlage sein." Er habe durchaus damit gerechnet, dass er drei bis fünf Jahre keine Rendite aus dem Projekt ziehen kann. Aber Harter ist überzeugt, dass die goldenen Zeiten zurückkommen.

Seine These: Wellnessurlaube mit Anwendungen von morgens bis abends seien auf eine gewisse Art Stress, aber immer noch im Trend. "Das geht noch zwei, drei Jahre, dann sind die Leute einfach nur froh, wenn sie abschalten können", sagt er. Dafür sei der Wellnesswald genau das richtige. Dann würde es zur Marke, dass in Lützenhardt "Tote Hose" sei, sagt Harter.

Zunächst will er aber im Gegenteil erst mal Leben ins Hotel bringen, indem er Veranstaltungen organisiert, eventuell in Kooperation mit anderen Hotelliers in der Gemeinde. Er setzt auf "Kooperation statt Konkurrenz", man müsse sich gegenseitig die Gäste nicht neiden, sagt er.

Harter scheint viel am Waldsee zu liegen. Er sagt, er sei im vergangenen Jahr 7000 Kilometer zwischen seinem Wohnort Waghäusel bei Karlsruhe und Lützenhardt gefahren, des entspricht knapp 30 Besuchen im Waldachtal. Toni König stärke er, weil das Hotel auch für ihn wertlos sei, wenn es nicht bewirtschaftet wird. Seine Einschätzung: "Der Aufwand lohnt sich, wir gewinnen das Vertrauen der Lützenhardter zurück."

Für Toni König ist es bewegend, wenn sie mal wieder sieht, dass der Laden läuft: Dann denke sie zurück an die 80er-Jahre, die goldenen Zeiten, in denen das Geschäft im Hotel am Waldsee brummte.