Sie wirkten mit beim Jubiläums-Festgottesdienst 500 Jahre Reformation in Waldachtal (von links): Lektorin Bettina Müller, Organistin Margrit Baur, Pfarrer Markus Arnold, Prädikantin Andrea Stoll, Diakon Ralf Hornberger und Mesnerin Anna Wieler. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Religion: 500 Jahre nach der Reformation: Gottes Liebe gibt Halt und Geborgenheit / Festgottesdienst in Waldachtal

Mut zum Gottvertrauen sollen die Christen aus dem Reformations-Jubiläum schöpfen. Auch in Waldachtal wurde in der evangelischen Christuskirche Tumlingen-Hörschweiler die Befreiung von falscher Angst gefeiert.

Waldachtal-Tumlingen. 1625 wurden Teilorte der heutigen Gemeinde Waldachtal evangelisch – ein erster Reformationsblitz schlug schon 1549 ein: Während Tumlingen, Hörschweiler und Cresbach sich der Glaubenserneuerung anschlossen und evangelisch wurden, blieben Salzstetten und Lützenhardt römisch-katholisch.

Mit dem herrschaftlichen Wechsel zu Württemberg wurde die Waldachtalgemeinde 1625 evangelisch. Hier waren die Menschen nicht frei, sondern leibeigen, abhängig von Herren. Zuvor gehörte Tumlingen samt Cresbach zu der großen katholischen Parochie Altheim. Etwas Fuß fasste die Reformation im Raum Waldachtal ab 1534, die von Dornstetten ausging. 1554 kam mit Heinrich Finenz (oder Finitz), einst Stadtpfarrer in Dornhan, erstmals ein reformierter Geistlicher nach Tumlingen. Heute wohnen an die 2000 evangelische Christen in der Gemeinde Waldachtal und bemühen sich um Ökumene.

Angst hat viele Gesichter

Pfarrer Markus Arnold, Diakon Ralf Hornberger und Prädikantin Andrea Stoll feierten jetzt mit der Gemeinde in der voll besetzten Christuskirche das 500. Reformations-Jubiläum in Form der evangelischen Messe von Martin Luther (1483-1546). Organistin Margrit Baur begleitete Luther-Lieder wie den Klassiker "Eine feste Burg" und "Nun freut euch, lieben Christen g’mein", an der Vleugels-Barock-Orgel, die Professor Artur Fischer gestiftet hat.

"Besonders im Mittelalter, aber auch noch heute lebten wir Menschen mit vielfachen Ängsten und Sorgen", meinte Prädikantin Andrea Stoll in ihrer Predigt. Die Angst habe viele Gesichter: Sorge um Gesundheit, Leib und Leben, Furcht vor dem Gerede der Leute, Unsicherheit um den Arbeitsplatz, Besorgnis um Kirche und Kultur.

Viele Vorsichtsmaßnahmen gegen Gefahren seien gut und sinnvoll. Nicht alle Risiken könne man absichern. "In einem Zeitalter der Angst hatte Luthers Wiederentdeckung des Evangeliums eine wunderbare Wirkung. Sie nahm den Menschen ihre Angst, machte ihr Gewissen frei und froh, getrost und fröhlich", sagte Stoll im Festgottesdienst.

Martin Luther gab den Gläubigen vor 500 Jahren mit auf den Weg: "Gott sollt ihr über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen." Er habe das Gottvertrauen wiederentdeckt, das uns frei mache, und die Gottesliebe, die uns Halt und Geborgenheit gebe.

Die Verbreitung der 95 Luther-Thesen von Wittenberg vor 500 Jahren hätten tief greifende Veränderungen in unserem Land angestoßen, nicht nur für die Kirche. Dazu sagte die Predigern in der Christuskirche: "Wenn wir 500 Jahre Reformation feiern, dann feiern wir nicht Martin Luther. Wir feiern auch nicht die Geburtsstunde der evangelischen Kirche. Die ereignete sich nach der Apostelgeschichte schon vor 2000 Jahren beim ersten Pfingstfest. Und wir feiern erst recht keine Kirchenspaltung."

Sondern: "Wir feiern die Wiederentdeckung des Evangeliums, der guten Nachricht von Jesus Christus. Wir feiern die froh machende Botschaft von seinem Tod und seiner Auferstehung. Diese Botschaft will uns frei machen von falscher Sorge und Angst."

Aufgewachsen in einem Zeitalter der Angst

Luther war aufgewachsen in einem Zeitalter der Angst. Fast ein Drittel der Bevölkerung war im späten Mittelalter durch die Pest gestorben. Die Menschen hatten Angst um ihr Leben, vor dem Weltgericht und der Hölle. Durch den Ablasshandel machte die katholische Kirche ihr Geschäft mit der Angst. Frei nach dem Motto: "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt."

In dieser Situation hat Luther neu entdeckt, welch befreiende Kraft das Evangelium hat, und wie es das Gewissen frei machen kann. Der Augustinermönch übersetzte als Erster 1521/22 das Neue Testament ins Deutsche.

In Fürbitten wurde darum gebetet, den Glauben zu stärken und die Liebe zu allen Menschen wachsen zu lassen.