Historisches: Professor hat Historisches über Salzstettens Ritter zusammengetragen / Vortrag im Schlössle

Die Geschichte des Salzstetter Adels war mit der Geschichte des Salzstetter Schlössles verknüpft. Aufsehen erregte zum Tag des offenen Denkmals 2017 eine Ausstellung, in der Grabfunde des Salzstetter Ritters gezeigt wurden.

Waldachtal-Salzstetten. Landeshistoriker Professor Franz Quarthal hat historisches Material zum Leben von Salzstettens Ritter, Melchior Thumb von Neuburg, zusammengetragen. In einem heimatgeschichtlichen Vortrag möchte der Experte über seine weiteren Erkenntnisse berichten.

Gall Schütz residierte auf der Burg Eutingertal und kam zur Abhaltung des Vogtsgerichts nach Salzstetten. Im Jahre 1607 muss er tot gewesen sein, denn die Vormünder seiner Kinder schrieben die Herrschaft zum Verkauf aus. Offensichtlich war die Familie der Wirtschaftskrise, wie sie Gert Kollmer für den niederen Adel in Schwaben beschreibt, zum Opfer gefallen. Vollzogen wurde der Verkauf am 16. August 1611. Der Käufer war Melchior Thumb von Neuburg, der bis dahin das Schlösschen am Haag in Haigerloch bewohnt hatte. Er erwarb neben dem Schloss das halbe Dorf Salzstetten mit allen Rechten und Zubehör für die beachtliche Summe von 24 000 fl (Gulden). Die Thumbs sind ein Geschlecht, das aus dem Raum Ravensburg stammt und im Vorarlberger Raum und in Graubünden größere Besitzungen erwarb.

1382 konnten sie das Dorf Köngen erwerben, wohin sie im 15. Jahrhundert ihren Hauptwohnsitz verlagerten. Seit dem ersten Drittel des 15. Jahrhunderts waren die Thumbs eng mit den Grafen und später den Herzögen von Württemberg verbunden. Der finanzielle Niedergang des Reichsrittergeschlechts im 17. Jahrhundert führte dazu, dass 1666 Friedrich Albrecht Thumb von Neuburg eine Hälfte von Köngen und einen Teil des dortigen Stammschlosses an Württemberg verkaufte.

Familienzweig in Horb

Ein Zweig der Familie Thumb war im Horber Raum ansässig. Er lässt sich zuerst in Haigerloch nachweisen. Der erste Vertreter dieser Familien war Diepold Thumb von Neuburg, ein Sohn Adam Thumbs von Neuburg und der Anna von Sandizell. Im Unterschied zu den Köngener Thumbs stand er auf österreichischer Seite. Nach der Vertreibung Herzog Ulrichs aus Württemberg durch den Schwäbischen Bund im Jahre 1519 war er Provisioner bei der österreichischen Regierung in Württemberg. Verheiratet war er mit Magdalena von Ow, Schwester des bekannten Hans von Ow, der wiederum Gemahl der Markgräfin Rosina von Baden war. Sein ältester Bruder wirkte als Chorherr im Stift Ellwangen, die anderen kämpften als Kriegsleute in Frankreich und gegen die Türken. Sein einziger Sohn Hans Christoph war 1572 Obervogt zu Haigerloch. Die Thumbs besaßen einen schlossartigen Wohnsitz in Haigerloch, das Schlössle im Haag, den Melchior von Thumb 1612 neben anderem an Graf Christoph von Haigerloch verkaufte. Der Verkauf hängt wohl damit zusammen, dass die Thumbs ihren Wohnsitz nach Salzstetten verlegten, wo sie 1611 das Schloßgut Salzstetten mit dem halben Dorf von den Schütz von Eutingertal gekauft hatten. Hans Christoph Bernhard Thumb wurde 1619 von Erzherzog Leopold V. zum Vogt von Horb bestellt. In Horb ist er durch Seelgerätstiftungen für das Heiligkreuz-Spital in Erinnerung geblieben. Er ist 1631 verstorben. Die Haigerloch-Horber Linie der Thumbs ist katholisch geblieben, während die Köngener Linie evangelisch wurde.

Melchior von Thumb war mit Salome von Leonrod verheiratet und hatte, als er nach Salzstetten kam, 13 Kinder, sechs Söhne und sieben Töchter. Melchior starb 1622 und wurde vermutlich in der früheren katholischen Kirche von Salzstetten bestattet.

Schwert und Sporen

Sein Schwert und seine Sporen, die man bei den Abbrucharbeiten der alten St. Agatha- Kirche vor dem Neubau (1894) der gleichnamigen Kirche 1893 fand und geborgen hat, befinden sich heute im Besitz der Freiherren von Ow in Wachendorf. Das Salzstetter Erbe ging an Melchiors ältesten Sohn Christoph Bernhard. Auch er war Obervogt von Horb und kam selten nach Salzstetten. 1645 starb er ohne Nachkommen. Salzstetten ging an seinen Bruder Georg Wilhelm über, der Deutschordensritter und Komtur zu Rufach war. Er residierte auf der Mainau, wo er 1662 starb. Die anderen Brüder waren ebenfalls Ordensritter oder Kleriker. Sie verstarben in Altshausen und Konstanz. Von den sieben Schwestern waren drei verheiratet, eine Äbtissin von Gutenzell, eine Stiftsdame und zwei waren Nonnen. Mit ihnen starb die katholische Linie der Thumbs in Salzstetten aus.

Wohl wegen des finanziellen Niedergangs der Familie verkauften die Erben von Christoph Bernhard Thumb das Schlossgut Salzstetten am 24. September 1663 für 18 000 fl (Gulden) an den Horber Spital. Zusätzlich übernahm der Spital die Rückzahlung eines Darlehens der Thumbs von Neuburg an die Grafen von Zollern, so dass der Spital insgesamt 25 000 fl für den Erwerb der zweiten Hälfte Salzstettens aufbringen musste. Also rund 1000 fl mehr als die Thumbs früher an die Erben der Familie Schütz gezahlt hatten. Real machten die Thumbs bei dem Verkauf von 1663 aber angesichts der Geldentwertung des 17. Jahrhunderts einen Verlust, der noch viel gravierender war. Im Jahr 1667 verkauften der Bürgermeister, das Gericht und der Rat der Stadt Horb, auch im Namen des Spitals, das Schlössle an Jakob Steimlin, Baltas Dettling und andere Bürger von Salzstetten. Verkauft wurde das Schloßgebäude mit Scheuer und Hofraum, dazu ein kleiner Garten für 350 fl. Damit war das Schlössle nur dreimal so teuer wie ein gutes Bauernhaus in Salzstetten. Professor Quarthal resümiert: "Damit endet die Geschichte des adligen Ansitzes in Salzstetten."

Franz Quarthal hält am Samstag, 28. Oktober, um 19.30 Uhr im Schlössle einen heimatgeschichtlichen Vortrag über die am Tag des Denkmals 2017 ausgestellten Grabfunde des Melchior Thumb von Neuburg, welche in der alten Salzstetter Kirche gefunden wurden. Der Vortrag, so Fördervereins-Vorsitzender Eberhard Armbruster, verspricht neue Einblicke in die Ortsgeschichte Salzstettens zwischen Spätmittelalter und früher Neuzeit.