Eugenie Pfeiffer (rechts) in Lützenhardt ist 105 Jahre alt geworden. Sie ist die älteste Einwohnerin in der Gemeinde Waldachtal. Tochter Ingeborg sorgt sich um ihre Mutter. Yorkshire-Rüde Timmy ist der treue Freund der Jubilarin. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Eugenie Pfeiffer aus Lützenhardt hat ihren 105. Geburtstag gefeiert / Bürstenmacher-Handwerk bestimmte ihr Leben

Dieser Tage feierte Eugenie Pfeiffer in Lützenhardt ihren 105. Geburtstag. Sie ist nicht nur die Dorfälteste, sondern auch die älteste Einwohnerin in der Gemeinde Waldachtal. Sie wohnt in einem Gebiet, wo "Eisheilige" lebten und leben. Etliche Bürgerinnen erreichten in der Forchenwaldstraße ein hohes Lebensalter.

Waldachtal-Lützenhardt. Schon im Methusalem-Alter angelangt, erfreut sich die Jubilarin noch bemerkenswerter geistiger Frische. "Nur das Kurzzeit-Gedächtnis hat nachgelassen", erklärt die 73-jährige Tochter Ingeborg Siebers. Urlaub ist ein Fremdwort für die einstige Handelsreisende, Hausfrau und Mutter. Die Sorge um die Familie und das Auskommen hielt sie immer auf Trab. Sie hat das Leben so genommen, wie es gekommen ist. Das war die beste Lebensrezeptur. Altersbedingt kann sich die Jubilarin in Lützenhardt nicht mehr an die Kinder- und Jugendjahre in ärmlicher Zeit erinnern.

Seit jüngst ein Flachbild-Fernseher Einzug gehalten hat, schaut sie wieder gern Natursendungen an: An Tieren und besonders Pferden kann sie sich erfreuen. Den katholischen Sonntagsgottesdienst am Fernseher mitzuerleben, gehört zu ihrem sonntäglichen Ritual. Die Betagte betet viel. Sie ist zwar an den Rollstuhl gefesselt, aber ein Dasein im Altenheim kann sie sich nicht vorstellen. "Solange ich meine Leute um mich herum habe, will ich nicht sterben", sagte die Jubilarin, die hofft, dass ihre einzige Tochter Ingeborg weiterhin gesund bleibt und für sie sorgen kann. Jedenfalls zeigt die 105-Jährige noch Lebenswillen. Beim Frühstück sitzt Yorkshire-Terrier "Timmy" täglich unmittelbar neben ihr. "Was sie nicht mehr beißen kann, bekommt der Hund", erzählt die Tochter. Und wenn sie mal was braucht oder einen Wunsch hat, schickt sie den Hund auf die Suche nach ihrer Tochter. Neben Verwandten kamen Bürgermeisterin Annick Grassi und Pfarrer Anton Romer ins Haus, um ihr Glückwünsche zu überbringen.

Das Bürstenmacher-Handwerk bestimmte ihr Leben. Zusammen mit ihrem Mann Johann Georg Pfeiffer war sie 40 Jahre lang unterwegs als Handelsreisende. Auch mit Unterstützung von Tochter Ingeborg waren die Eheleute Pfeiffer in Ermangelung eines eigenen Autos mit Bus und Bahn viele Tage auf Reise zu ihren Kunden auf den Fildern, im Raum Göppingen und im Hochschwarzwald. Zuhause wurde fleißig in der eigenen Bürstenmacher-Werkstatt gearbeitet. Das noch vorhandene Inventar, gespickt mit Raritäten, taugt als ein Stück Lützenhardter Ortsgeschichte für ein mögliches Bürstenmacher- und Heimatmuseum. Während der Kriegsjahre mussten Bürsten gegen Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Mehl bei Bauern eingetauscht werden. Die schwere Last der Bürsten wurde von Haus zu Haus getragen. Eines Tages wurden sie aus einem Schneesturm von einem Taxi vor dem Erfrieren gerettet. Das Miteinander schweißte die Familie zusammen.

Eugenie Pfeiffer wurde am 25. September 1911 in Lützenhardt als drittes von fünf Kindern der Eheleute Josef Schmid und Ida, geborene Witzelmaier, geboren. Sie erlebte die Entbehrungen des Ersten und Zweiten Weltkriegs. Weil die Eltern arbeiteten, musste sie nach der Schulzeit ihre beiden jüngeren Brüder versorgen. Die Hochzeitsglocken läuteten für die Jubilarin am 18. Oktober 1943, an einem Montag, wie es damals so üblich war. Zur öffentlichen Hochzeit in der Krone in Lützenhardt musste das Brautpaar Getränke und Essen "in der schlechten Zeit" von Zuhause selbst mitbringen. Der Hochzeitszug mit der Musikkapelle führte in die katholische Herz-Jesu-Kirche. 1993 konnte sie mit ihrem Mann noch Goldene Hochzeit feiern. 1999 ist Johann Georg Pfeiffer verstorben.

Rückblende: An ihrem letzten runden Geburtstag sagte sie: "Mit 100 bin ich nicht mehr so strapazierfähig." Noch bis Frühjahr 2015 hat sie am öffentlichen Leben Anteil genommen. Etwas langweilig ist es ihr schon, da ihre Augen nicht mehr mitmachen beim Zeitung lesen. Sie ist nicht bettlägerig und kann auf die tägliche Versorgung ihrer einzigen Tochter Ingeborg Siebers vertrauen. Die Jubilarin kann jeden Tag aufstehen und selbst noch gut essen. "Sie war immer sehr fürsorglich für die ganze Familie", erzählt Tochter Ingeborg. "Gutes, das meine Mutter getan hat, kann ich ihr jetzt wieder zurückgeben durch die Pflege." Die Jubilarin blickt auf ein arbeitsames Leben zurück. "Die Familie ist mein ein und alles", bilanzierte sie schon an ihrem 100. Geburtstag im Jahr 2011. Glücksmomente erlebte sie durch die Geburt ihrer beiden Enkeltöchter Jutta und Heike.