Yasar Calik verteilt Stofftaschen, bei denen die türkische Mondsichel in das „C“ des Parteilogos eingearbeitet ist Foto: Nitschmann

Im NRW-Kommunalwahlkampf verfremdet ein Kandidat das Parteilogo der CDU, um bei türkischstämmigen Wählern zu punkten.

Neuss - Ein rotes CDU-Logo mit einem islamischen Halbmond sorgt für Aufregung im nordrhein-westfälischen Kommunalwahlkampf. Der Deutsch-Türke Yasar Calik, der am 25. Mai als CDU-Kandidat für den Neusser Stadtrat antritt, hat in seinem Wahlkampf Stofftaschen verteilt, bei denen in das „C“ des offiziellen Parteilogos die türkische Mondsichel (Hilal) eingearbeitet worden ist. Inzwischen hat die CDU-Parteiführung die Verwendung des umstrittenen Parteilogos untersagt. „Das CDU-Logo ist als Marke geschützt“, erklärt der NRW-Generalsekretär Bodo Löttgen, „für CDU-Mitglieder verbieten sich jegliche Veränderungen.“

Vor allem bekennende Katholiken in der CDU sehen in dem umgestalteten Parteilogo einen Affront. Im ersten Jahrtausend hatten Muslime das Kreuz bei der Inbesitznahme und Umwandlung christlicher Kathedralen zu Moscheen durch die Mondsichel ersetzt. Zugleich ist die Sichel aber auch das Symbol der türkischen Nationalflagge, die von nichtstaatlichen Organisationen wie Parteien und Vereinen nicht verwendet oder gar verfremdet werden darf. „Das veränderte Logo wird nicht weiter verwendet“, versichert der Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Neuss, Jörg Geerlings. „Integration heißt gegenseitiger Respekt, aber nicht Beliebigkeit. Das christliche Menschenbild bildet die Grundlage unserer politischen Arbeit in der Union.“

Der unter Beschuss geratene Neusser CDU-Ratskandidat ist über die empörten Reaktionen sichtlich überrascht. Er sei 2007 als Muslim bei den Christdemokraten eingetreten, weil er sich mit deren Werten identifiziere, erklärt der 37-jährige Calik. Mit seinen Wahlkampfaktionen wolle er die CDU den in Deutschland lebenden Türken und türkischstämmigen Menschen „näher bringen“. Daher habe er ursprünglich neben dem CDU-Logo die türkische Flagge zeigen wollen, um auf seine Herkunft hinzuweisen. „Leider“ habe es dann bei der Herstellung der Wahlkampfmaterialien in der Druckerei „Fehler und Missverständnisse“ gegeben.

Doch das nimmt dem ehemaligen Bundeswehr-Hauptfeldwebel und heutigen Fahrschullehrer ein Teil seiner Parteifreunde nicht ab. In den sozialen Netzwerken warnen etliche Christdemokraten vor einer „Muslimisierung“ der CDU und drohen mit Parteiaustritt. In dem „Neusser Stadt-Kurier“ treibt der Kirchen-Historiker Michael Hesemann die Kritik auf die Spitze: „Im Zeichen des islamischen Halbmonds“ seien im Ersten Weltkrieg über 2,5 Millionen armenische Christen ermordet worden. „Das Hakenkreuz der Nazis ist Gott sei Dank verboten. Aber mit dem Halbmond, dem Symbol des Mondgottes von Mekka, wirbt jetzt die Neusser CDU.“

Dagegen warnt die integrationspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Serap Güler, davor, das CDU-Logo mit dem Sichelmond „über zu interpretieren“. Vermutlich habe Calik mit dem Symbol gezielt die türkische Community in seinem Wahlkreis ansprechen wollen, ohne sich über die Religionshistorie der Mondsichel Gedanken zu machen. Dennoch habe sie bisher in ihren Wahlkämpfen bewusst darauf verzichtet, türkische Symbole zu verwenden, erklärt Güler. Stattdessen habe sie ihre Kandidaten-Flyer ins Türkische übersetzt.

Gesundheitsminister Hermann Gröhe findet die Vorgänge um den CDU-Kandidaten Calik in seiner Heimatstadt Neuss ärgerlich. „Wir müssen das CDU-Logo vor politischen Missverständnissen schützen“, sagt der ehemalige CDU-Generalsekretär und bekennende Protestant. Die CDU stehe für eine starke Verwurzelung in ihren christlichen Werten. Selbstverständlich aber könnten auch Andersgläubige und Religionslose Parteimitglieder werden, wenn sie diese Wertvorstellungen mit ihrer überzeugenden Menschlichkeit teilten. Gröhe: „Wir sind nicht trotz, sondern wegen des ,C‘ tolerant.“ Der CDU-Kandidat Calik wirkt zerknirscht. Mit der Symbolik des Halbmonds, habe er sich nicht gegen das Christentum wenden wollen. „Falls es falsch verstanden wurde“, sagt Calik, „möchte ich mich entschuldigen.“

In der nordrhein-westfälischen CDU tobt bereits seit Monaten eine Auseinandersetzung um die Aufnahme türkischstämmiger Mitglieder in die Partei. Auf dem kommenden Landesparteitag der NRW-CDU in Düsseldorf wollen Delegierte der Landeshauptstadt einen Unvereinbarkeitsbeschluss zwischen der CDU und Mitgliedern der als rechtsextremistisch geltenden „grauen Wölfe“, der Ülkücü-Bewegung, durchsetzen. Doch die Antragskommission des Parteivorstandes hat Nichtannahme empfohlen.