Luftgitarre mit dem Bügelbrett: Hans Jürgen Topf wäscht die Wäsche der Stars. Foto: Ilg

Für Stars wie Beyoncé, AC/DC oder U2 wäscht Hans Jürgen Topf die schmutzige Wäsche und reist weltweit mit auf Tournee.

Stuttgart - Vor dem Lieferanteneingang der Schleyerhalle in Stuttgart parken vier, fünf große Trucks. Natürlich in Schwarz, wie es sich für Tour-Trucks von Rock'n'Rollern gehört. Etwa 40 Roadies begleiten Peter Gabriel auf seiner Europa-Tournee. In einer Stunde beginnt das Konzert, die Bühne ist bereitet für den Auftritt des früheren Frontmanns von Genesis. Weitere 20 Personen halten sich um diese Zeit ebenfalls im tristen Untergeschoss der Halle auf. Sicherheitskräfte vor allem. Im hintersten Eck des Kellers hat Hans Jürgen Topf (57) drei Waschmaschinen und drei Trockner aufgebaut. 15 Quadratmeter, weiß gekachelte Wände, schwarz gefliester Boden.

'Wenn man mal drin ist im Showbusiness, ist außerhalb der Bühne alles unspektakulär.' Topf begleitet Rock'n'Roll-Stars auf ihren Tourneen. Weltweit, von AC/DC über die Rolling Stones bis ZZ Top, Madonna und Beyoncé. Topf gehört die Rock'n'Roll-Laundry, eine mobile Wäscherei. Saubere Sachen liegen Topf im Blut. Aufgewachsen ist er in Ludwigshafen, hat dort ein schlechtes Abitur gemacht und, um die Wartezeit auf einen Studienplatz für Sozialarbeit zu überbrücken, in der Wäscherei der Eltern gearbeitet. Frühmorgens hat er die Mangelmaschinen eingeschaltet, tagsüber Waschmaschinen befüllt, Keilriemen gespannt, Waschpulver bestellt. Das Vater-Sohn-Verhältnis war nicht gut. 'Er war der Patriarch, für mich war es schwierig, meine Position zu finden.' Die Eltern machte es stolz, den Sohn im Geschäft und damit einen Nachfolger zu haben.

Eine rote Ampel beendete die Lebenskrise

Mit 26 arbeitete der junge Topf immer noch für ein Taschengeld bei ihnen. Er lernte seine heutige Frau kennen, die in einer Bank arbeitete. 'Ich empfand meine Situation mit einem Mal deprimierend und bekam Existenzängste.' Topf jr. war verzweifelt, doch eine rote Ampel in Ludwigshafen löste seine Lebenskrise, noch bevor sie grün wurde. Er war mit dem Lieferwagen unterwegs, fuhr frische Wäsche aus. Neben ihm stand der Tour-Bus von Ted Nugent, einem amerikanischen Rockmusiker. Er wusste, dass Nugent an diesem Abend in Ludwigshafen spielte. Als Rock'n'Roll-Fan besuchte er häufig Konzerte.

'Die hatten sich offensichtlich verfahren, denn sie standen auf der falschen Spur und wären in die entgegengesetzte Richtung als zur Konzerthalle abgebogen.' Topf lotste sie dorthin. An ihrem Ziel angekommen, bedankte sich der Tour-Manager und fragte Topf, was er so mache. Er bot ihm an, für Freikarten seine Wäsche zu waschen. Als Topf die sauberen Sachen zurückbrachte, sagte der Manager: 'Mach das doch auch für andere Bands.' Drei Tage später spielten Meat Loaf in Ludwigshafen, fünf Tage darauf die Scorpions. Topf fuhr jeweils morgens zur Halle, stand vor die Bühne und sagte den Tour-Mitgliedern, dass er für Freikarten wasche.

'Die waren froh, dass ich ihre Wäsche abgenommen habe, ich über die Eintrittskarten.' Während Topf seine Geschichte erzählt, holen die Roadies in der kleinen Waschküche ihre Rucksäcke ab. Darin von Topf fein säuberlich zusammengelegt ihre frischen Sachen. Hosen, Shirts, Unterwäsche, Socken. 'Auf Tour benutze ich ausschließlich biologisches Waschmittel, das schont die Materialien.' Mit jedem hält er kurz Small Talk in perfektem Englisch, und ein jeder bedankt sich höflich. 'Ich bekomme ein tolles Feedback für meine alltägliche Arbeit.' Topf wäscht auch die Kleidung der Stars - wenn es das Material zulässt. Peter Gabriels Bühnen-Outfit musste in die Reinigung.

'Manche Veranstalter machen mir schriftliche Vorgaben, nach welchen Kriterien ich eine chemische Reinigung aussuchen darf.' In Gabriels Fall nicht. Da war es wichtig, am Sonntag eine Reinigung zu finden, die überhaupt arbeitet. Topf erinnerte sich an einen Bekannten, ein Fahrer brachte die Kleidung hin und holte sie frisch gereinigt ab. Angus Young von AC/DC und einige andere große Stars saßen schon bei ihm auf einer der Waschmaschinen, um ein lockeres Schwätzchen zu halten. Solche Momente aber sind seltene Ausnahmen. 'Man begegnet sich auf den Gängen. Das reicht mir schon, mehr brauche ich nicht.

"Mein Alleinstellungsmerkmal ist meine totale Verfügbarkeit"

Die Wäscherei ist meine, die Bühne deren Arbeitsplatz.' Meist bringen ihm Garderobieren die Wäsche der Künstler. Mal vor, mal während oder nach der Show. 'Mein Alleinstellungsmerkmal ist meine totale Verfügbarkeit rund um die Uhr.' Gebucht und bezahlt wird Topf vom Veranstalter, in Stuttgart war das die Peter Rieger Konzertagentur. Mit etwa 40 Tour-Mitgliedern ist der Gabriel-Tross ein kleiner im Vergleich zu den 300 Leuten, mit denen Topf auf Welttournee von U2 war. Sechs Wochen Amerika, vier Wochen Australien, vier Wochen Asien und dazwischen immer wieder mal für ein, zwei Wochen daheim. 'Als kleines Rädchen habe ich meinen Teil dazu beigetragen, die Show am Laufen zu halten.' Wenn die Stromspannung im Ausland passt, nimmt Topf seine Maschinen mit. In Amerika stellt ihm ein Kooperationspartner die Geräte zur Verfügung.

Während die Klamotten der Roadies Alltagskleidung von der Stange sind, tragen Tina Turner, Cher oder Madonna schicke und hochwertige Kleidung, die ordentlich gepflegt werden muss. 'Manchmal stehen die Garderobieren mächtig unter Dampf, und was die Stars darunter tragen, werde ich auf keinen Fall verraten.' Für alle Tour-Begleiter gelte das ungeschriebene Gesetz: Rede nie über die Marotten der Stars. Wer das macht, fliegt sofort raus! Die Laundry ist lange Zeit Topfs Hobby gewesen. 'Immer in Ludwigshafen eingesperrt zu sein, hätte mich verrückt gemacht. Ich musste raus. Und ich bin ein Rock'n' Roller, mir gefällt diese Art von Musik.'

Sein Job hat ihn um die ganze Welt gebracht und ihm wirtschaftlichen Erfolg. 'Ich bin ein Paradiesvogel an der Waschmaschine, seit 30 Jahren, und das verbraucht einen schon.' Mit 70 wolle er nicht mehr vor einer Waschmaschine stehen. Dafür hat er gesorgt. Topf hat die Wäscherei seiner Eltern übernommen und den Drei-Mann-Familienbetrieb zu einem Wäschereiunternehmen mit 20 Angestellten ausgebaut. Er vermietet Handtücher und Waschmaschinen für Veranstaltungen; allein beim Wochenende von 'Rock am Ring' bestellt der Veranstalter des Festivals rund 4000 Stück. Sein ältester Sohn ist Textilreinigungsmeister, arbeitet in der Firma und geht am liebsten nach Amerika mit auf Tour.