Sabine Hagmann, die Geschäftsführerin des Handelsverbandes Baden-Württemberg, appellierte an die Landesregierung, über den Bundesrat Druck auszuüben. Foto: dpa

Im Kaufhaus mal kurz das Smartphone zücken und online gehen: unter jungen Leuten ist das gang und gäbe. Doch was, wenn der Empfang schlecht ist - also raus aus dem Laden? Bloß nicht, bleibt bei uns und nutzt unser W-Lan, meinen Händler. Der Haken: Es gibt Auflagen.

Stuttgart - Der Handelsverband Baden-Württemberg hat eine Gesetzesänderung zur Internetnutzung gefordert. Die sogenannte Störerhaftung sei nicht kundenfreundlich und somit schlecht für den Einzelhandel, sagte Geschäftsführerin Sabine Hagmann. Bei der Störerhaftung wird der Anbieter einer W-Lan-Verbindung zur Rechenschaft gezogen, wenn ein Internetsurfer beispielsweise illegal Daten downloadet. „Also müssen sich die Kunden im W-Lan mit einem Code einwählen und sich registrieren - aber das macht kaum jemand, weil das aufwendig ist.“

Die Einzelhändler wollten kostenlos W-Lan anbieten, damit der Kunde gern ins Geschäft komme und dort länger als üblich verweile. „Wir wollen W-Lan nutzerfreundlich offerieren, aber die Rechtslage erlaubt das nicht wegen der Störerhaftung.“ Für Menschen auf Shoppingtour werde der Zugriff auf digitale Datenströme immer wichtiger. „Jeder Kunde hat ein, zwei Smartphones, mit denen will er auch im täglichen Einkauf problemlos umgehen können, um Angebote vergleichen oder auch nur mit der Freundin kommunizieren zu können.“

Bonde sieht aktuell keine Chance auf Änderung

Hagmann appellierte an die Landesregierung, über den Bundesrat Druck auszuüben. Es sei ihr völlig unverständlich, warum diese Debatte nicht an Schwung gewinne und warum das Bundesgesetz nicht längst geändert sei.

Auch Baden-Württembergs Verbraucherschutz-Minister Alexander Bonde (Grüne) hält wenig von der aktuellen Regelung. „Die Störerhaftung ist nicht mehr zeitgemäß und ein Hemmnis, daher gibt es eigentlich dringenden Handlungsbedarf“, sagt Bonde. Die bisherige Störerhaftung basiere letztlich auf dem Pauschalverdacht, dass Nutzer offener Netze zum Illegalen neigten und anonym „wüste Dinge“ tun würden. Diese Annahme sei Unsinn, machte Bonde klar.

Eine Neuregelung müsse aber die Bundesregierung in die Wege leiten. „In der großen Koalition in Berlin gibt es nach meiner Wahrnehmung aber keine Bereitschaft zur Modernisierung der Gesetze.“ Daher sehe er aktuell keine Chancen auf eine Änderung.

Auf Bundesebene läuft eine Novelle des Telemediengesetzes

Was eine vom Handelsverband geforderte Bundesratsinitiative von Baden-Württemberg betrifft, äußerte sich Bonde skeptisch. „Ich teile die Faszination für Bundesratsinitiativen nicht überall“, sagt Bonde. Solche Initiativen scheiterten bei Themen, die klar in Bundeszuständigkeit liegen, meistens an der übermächtigen Mehrheit von Union und SPD in Berlin. „Da enden geradezu Tonnen an Papierbergen ungelesen im Bundestag.“

Derzeit läuft auf Bundesebene eine Novelle des sogenannten Telemediengesetzes, das auch Regeln zur Störerhaftung enthält - auch künftig sollen W-Lan-Betreiber für Fehlverhalten ihrer Internetnutzer haften müssen. Nur wenn sie bestimmte technische Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, stehen sie nicht mehr in der Haftung - was genau das für Maßnahmen sein sollen, ist noch unklar. Ein Ende der Störerhaftung ist also nicht in Sicht.