Ferdinand Piëch und seine Frau Ursula haben ihre Aufsichtsratsmandate mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Foto: dpa

Der Machtkampf an der VW-Spitze hat mit dem Rücktritt des Konzernpatriarchen Ferdinand Piëch eine jähe Wende genommen. Was den 78-Jährigen zu seinen Attacken auf VW-Boss Winterkorn trieb, bleibt indes unklar - ebenso wie die Vorzeichen für die Ära nach Piëch.

Wolfsburg - Ferdinand Piëch hat nach dem Machtkampf um die Volkswagen-Spitze das Vertrauen verspielt - und muss sich nach Jahren als Chefaufseher zurückziehen. Der 78 Jahre alte VW-Patriarch trat am Samstag mit sofortiger Wirkung von seinem Kontrolleursposten zurück, wie Volkswagen mitteilte. Auch Piëchs Ehefrau Ursula gibt demnach ihr Mandat in dem Kontrollgremium ab. Mit Piëchs Rücktritt steht der Konzern vor einer Zeitenwende. Der frühere IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber übernimmt im Aufsichtsrat kommissarisch den Vorsitz.

Das Präsidium des VW-Aufsichtsrats begründete den Rücktritt Piëchs mit einem zerrütteten Verhältnis: „Die Mitglieder des Präsidiums haben einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben ist“, hieß es in einer Erklärung.

Piëch galt über viele Jahre als das Machtzentrum bei VW

Ähnlich deutliche Worte fand Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der in Hannover für die VW-Kapitaleigner Stellung nahm: „Die Diskussion der vergangenen zwei Wochen ist schädlich gewesen für Volkswagen. Es gab eine Flut von Personaldebatten. Das Präsidium (des Aufsichtsrates) musste deshalb die notwendige Klarheit schaffen.“

Huber hat nach Weils Worten „die ausdrückliche Unterstützung der Anteilseigner“. Das Land Niedersachsen ist nach den Familien Porsche und Piëch der zweitwichtigste VW-Aktionär. Auch Huber sprach von einem Vertrauensverlust zwischen Piëch und dem Rest des Präsidiums, „der sich in den letzten Tagen als nicht mehr lösbar erwiesen hat“.

Piëch galt über viele Jahre als das Machtzentrum bei VW. Vor rund 14 Tagen hatte er das interne Ringen um die Zukunft der VW-Spitze öffentlich gemacht, indem er dem „Spiegel“ sagte, er sei „auf Distanz“ zum Volkswagen-Chef Martin Winterkorn. Damit rückte Piëch völlig überraschend von seinem langjährigen beruflichen Ziehsohn ab.

Wolfgang Porsche dankte Piëch

Die Entmachtung des Patriarchen ist nun das Finale eines tagelangen Ringens um die Einflussnahme an der Spitze des größten europäischen Autobauers. Piëchs Rücktritt war am Samstagnachmittag ein erneutes Krisentreffen der sechsköpfigen Aufsichtsratsspitze vorausgegangen. Das Gremium versammelte sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Braunschweig am Flughafen. Am Ende der mehrstündigen Beratungen stand fest, dass Piëch gehen wird.

Ein Insider der Vorgänge im Aufsichtsrats-Präsidium sagte der dpa in einer ersten Reaktion am Abend: „Vor Piëchs Entscheidung haben sicherlich alle den größten Respekt.“ Der Sprecher der Familie Porsche, Wolfgang Porsche, sagte per Mitteilung: „Wir haben volles Vertrauen in die Unternehmensführung der Volkswagen AG und bedauern die Entwicklung der letzten Tage.“

Porsche dankte Piëch „für die Jahrzehnte seines außergewöhnlichen und höchst erfolgreichen Einsatzes“. Die Porsches halten über die Porsche-Holding PSE zusammen mit dem Piëch-Familienzweig gut 50 Prozent der Stimmrechte bei Volkswagen. Wolfgang Porsche ist der Chef im PSE-Aufsichtsrat.

Mit Piëchs Abgang endet ein zäher Kampf in der VW-Spitze, dessen Heftigkeit alle Beobachter überrascht hatte. Vor gut zwei Wochen hatte Piëch dem „Spiegel“ den entscheidenden Satz gesagt: „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn.“ Der Vertrauensverlust hatte den Konzern erschüttert. In der Zentrale war von einer „Katastrophe“ die Rede.