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Mit der S 60 und der S 4 hat der Verband Region Stuttgart gerade erst zwei neue S-Bahn-Strecken in Betrieb genommen. Die Hoffnung, dass die schnellen Nahverkehrszüge auch bald in den Kreis Göppingen fahren, wird sich aber nicht erfüllen.

Göppingen - Mit dem Zug zum Studieren nach Göppingen oder Geislingen ist für junge Leute aus der Region Stuttgart ganz schön teuer. Neben dem normalen Studi-Ticket des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS) für zurzeit 184,60 Euro pro Semester brauchen sie noch Fahrkarten von der VVS-Tarifgrenze in Reichenbach/Fils bis zu ihrem Studienort. Das schlägt nochmals mit rund 100 Euro pro Monat zu Buche. Ähnliche Rechnungen können auch die Studenten aufmachen, die aus dem Landkreis Göppingen an die Unis nach Stuttgart, Ludwigsburg oder Nürtingen fahren.

Vom Wintersemester 2013/2014 an brechen für diese Studenten günstigere Zeiten an. Dann können auch sie ihre Studienorte mit dem normalen Studi-Ticket erreichen und brauchen keine Zusatzkarte mehr. Das Ganze nennt sich Teilintegration des Landkreises Göppingen in den VVS. Seit 2009 beschäftigen sich der VVS und die Gremien des Landkreises mit diesem Schritt. Ende November hat nun der Kreistag für diesen Beitritt grünes Licht erteilt. Am Donnerstag unterzeichneten der Göppinger Landrat Edgar Wolff und der VVS-Aufsichtsratsvorsitzende, Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU), in Göppingen ein entsprechendes Schriftstück. Damit, so ist Schuster überzeugt, „ist der Geburtsfehler, bei der Gründung des Tarifverbunds vor 35 Jahren den Kreis Göppingen nicht aufzunehmen, korrigiert“.

Noch sind nicht alle Einzelheiten der Teilintegration (zum Beispiel die genauen Fahrpreise) ausgehandelt. Dies soll im Laufe des kommenden Jahres geschehen. Ziel ist es, die Schienenverbindungen von Geislingen über Göppingen bis in den heute bestehenden VVS-Bereich mit einer Fahrkarte nutzen zu können. Für die Benützung der Busse im Kreis Göppingen ist demnach auch in Zukunft noch ein weiterer Fahrschein notwendig. Ausgenommen sind die VVS-Tagestickets. Mit diesem Fahrschein lässt sich aus dem Herzen der Region beispielsweise mit dem Zug nach Göppingen fahren und dann weiter mit dem Bus auf den Hohenstaufen. Mehr Touristen ins Stauferland rund um Göppingen zu locken, ist eines der erklärten Ziele der VVS-Teilintegration. Davon profitieren soll auch der Kreis als Wirtschaftsstandort. Durch die Aufwertung im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) hofft Landrat Wolff auch darauf, dass mehr junge Familien mit Kindern in seinen Landkreis ziehen und der Rückgang der Bevölkerung gestoppt wird. In den zurückliegenden Jahren verlor der Landkreis Göppingen insgesamt 6000 Einwohner. Er ist damit der einzige Landkreis in der Region Stuttgart mit einem Bevölkerungsrückgang. Der VVS-Aufsichtsratsvorsitzende Schuster ist zuversichtlich, dass die Rechnung aufgehen wird. „In drei Jahren wird man sehen, dass die Teilintegration dem Landkreis Göppingen einen richtigen Schub gegeben hat“, sagte der Stuttgarter OB bei der Vertragsunterzeichnung.

Den Schritt in die ÖPNV-Zukunft lassen sich die Göppinger einiges kosten. Jährlich wird dadurch der Haushalt mit rund einer Million Euro zusätzlich belastet. Durch den Nachholbedarf, den der Kreis beim ÖPNV habe, sei die Summe jedoch zu rechtfertigen, meint Wolff. Mit dem nächsten Schritt, der Vollintegration des Göppinger Raums mit allen Linienbussen in den VVS, will sich der Landrat allerdings Zeit lassen. Der dafür notwendige Betrag von zehn Millionen Euro übersteige für absehbare Zeit die Leistungsfähigkeit des Kreises. Wenn sich an den Finanzierungsmodalitäten des Personennahverkehrs durch den Bund, das Land und den Verband Region Stuttgart nichts ändert, heißt das für Wolff, dass sich der Wunschtraum, eine S-Bahn bis Göppingen oder sogar bis Geislingen fahren zu lassen, noch lange nicht erfüllen wird. Für den Landrat steht fest, dass dafür eine Vollintegration des Landkreises in den VVS notwendig ist. Für Schuster und Wolff bleibt da nur die Hoffnung, „dass es nicht wieder 35 Jahre dauert, bis der Kreis Göppingen dem ersten Schritt den zweiten folgen lassen kann“.

Eine rasche S-Bahn-Anbindung, die möglichst bis Geislingen reichen soll, forderten in der jüngeren Vergangenheit vor allem die Göppinger Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie die CDU. Diese Forderung schon ab 2016 umzusetzen, stößt sich allerdings mit den eisenbahntechnischen Gegebenheiten im Filstal. Erst wenn Stuttgart 21 und die Schnellbahnstrecke nach Ulm gebaut sind, gibt es dort den Spielraum für neue Nahverkehrsverbindungen, denn erst dann wäre erreicht, dass die ICE-Züge und die Intercitys nicht mehr durchs Filstal fahren müssen.