Erneut vermeldet der Stuttgarter Verkehrsverbund mehr Fahrten. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der VVS hat erneut aufs Gas getreten: Auch 2016 wird von den Verantwortlichen als Rekordjahr verbucht – mit einem weiteren satten Plus. Die hohe Zahl von Feinstaubtagen stellt den öffentlichen Nahverkehr aber vor Probleme.

Stuttgart - Rasant auf der Erfolgsspur: Der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart hat 2016 erneut einen Rekord eingefahren. Seit zehn Jahren steigt die Zahl der Fahrten bereits, seit 2012 tut sie dies sogar deutlich. Mit einer Hausnummer von knapp 376 Millionen Fahrten im vergangenen Jahr lag das Wachstum im Vergleich zum Jahr 2015 bei 2,6 Prozent – und wieder merklich über dem bundesweiten Trend von plus 1,8 Prozent. Die Fahrgeldeinnahmen stiegen von knapp 500 Millionen auf fast 517 Millionen Euro.

Obwohl der Start der deutlichen Erfolgsserie mit dem Amtsantritt von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) zusammenfalle, sei sie natürlich nicht allein dessen Verdienst, sagte VVS-Geschäftsführer Thomas Hachenberger am Freitag mit einem Augenzwinkern. Der Erfolg des vergangenen Jahres etwa habe mehrere Väter.

Dazu gehörten die insgesamt gute wirtschaftliche Lage in der Region Stuttgart mit Anstieg der Bevölkerung sowie Verbesserungen bei Fahrplänen und Tarifen. „Das Leistungsangebot war noch nie so hoch wie jetzt“, sagte Hachenberger und verwies auf den durchgehenden Nachtverkehr der S-Bahn, den Testbetrieb für Expressbusse und das gut ausgebaute Stadtbahnnetz. Negative Entwicklungen seien dagegen der niedrige Dieselpreis und die steigende Zahl von Auto-Neuzulassungen.

Gute Wirtschaftslage war ein Erfolgsfaktor

Der Individualverkehr macht dem VVS auch in anderer Hinsicht zu schaffen: „Das Feinstaubproblem in Stuttgart ist ein Thema, das den Nahverkehr, der ja da auch Problemlöser sein soll, sehr fordert und an die Grenzen bringt“, sagte Hachenberger. In den Monaten mit vielen Feinstaubalarmtagen habe die Zahl der Einzeltickets deutlich zugenommen. Im November 2016 bei 13 Tagen waren es 11,5 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, im Dezember mit 19 Tagen waren es sogar 25 Prozent mehr.

Weniger Feinstaub-Umsteiger als vom VVS erwartet

Das klingt zunächst erheblich, doch: Im Gegenzug ging der Verkauf von Vierer- und Tagestickets zurück. Die Zahl der Fahrten stieg in den beiden Monaten um insgesamt rund fünf Prozent und lag damit nicht extrem über dem Jahresplus von 2,6 Prozent. Wegen der hohen Zahl an Feinstaubtagen sei auch der Unmut der Stammkunden gestiegen, die mit ihren Abos von den günstigen Preisen des Einzeltickets (es genügt die Kinderkarte) nicht profitieren konnten. „19 Tage in einem Monat sind einfach zu viele“, so VVS-Geschäftsführer Horst Stammler.

Der Verbund habe für die Feinstaubsaison von Oktober bis April fünf Millionen Euro kalkuliert. Wegen der vielen Feinstaubtage würden sie allerdings deutlich höher sein, kündigte Hachenberger an. „Wir haben mit mehr als fünf Prozent Umsteigern gerechnet.“ Trotz der deutlichen Preisreduzierung seien viele Autofahrer „in ihrem Pkw sitzen geblieben“. Der erneute Rekord bleibt davon aber unberührt – ein solides Trostpflaster. Und die Zahl von Stammkunden wächst. 395 000 Menschen fahren bereits mit einem Zeitticket, das länger als einen Monat gilt. Nimmt man die Wochen- und Monatstickets hinzu, sind es sogar 580 000.

Als ein Wachstumsmotor gilt beim VVS das Firmenticket, bei dem 2016 ein besonders hoher Zuwachs von zwölf Prozent verzeichnet wurde. Ende 2016 waren 71 500 Abonnenten mit dem Ticket unterwegs, und rund 500 Unternehmen förderten diese mit ihren Zuschüssen. „Dass neben dem Land auch die Automobilindustrie die Fahrt mit dem öffentlichen Nahverkehr unterstützt, ist ein starkes Signal“, freute sich Stammler.

Auch das 2016 eingeführte Ausbildungs-Abo trägt mit 26 900 Nutzern seit September zum Erfolg mit bei.

Immer wichtiger werden die digitalen Angebote. Der Handy-Fahrkartenverkauf schnellte rasant in die Höhe. 3,7 Millionen Tickets wurden 2016 so erworben, 59,6 Prozent mehr als 2015. Auch Informationen suchen Kunden oft im Netz: Pro Werktag wird nach Auskunft der Geschäftsführer mehr als zwei Millionen Mal eine digitale VVS-Fahrplanauskunft abgefragt.