Die ehemalige Villingerin Karla Borger (rechts) will auch bei den Olympischen Spielen am Netz die wichtigen Punkte erzielen. Foto: Reinhardt, Eibner

Beachvolleyball: Ex-Villingerin will bei Olympia in Rio ihr Bestes zeigen. Generalprobe steigt in Klagenfurt.

101 Straßenblöcke, 79 Straßen, vier Hänge und drei Favelas – dazu der weltberühmte Strand. Dies ist die Copacabana. Dort fühlt sich Karla Borger fast schon heimisch. Ein Vorteil für die Ex-Villingerin bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro?

Es sind noch genau 25 Tage, dann steht für Karla Borger zusammen mit ihrer Teamkollegin Britta Büthe der erste Auftritt in der olympischen Beachvolleyball-Arena an. In der Vorrunde warten Teams aus Kanada (Pavan/Bansley, Nummer 7 der Weltrangliste), der Schweiz (Heidrich/Zumkehr, 25) und der Niederlande (van Gestel/van der Vilst, 46).

"Natürlich wollen wir die Vorrunde überstehen", gibt Borger ein erstes Ziel preis. Die Ex-Villingerin, die heute 27-Jährige baggerte und schmetterte von 2009 bis 2012 für den TVV, träumt aber bei ihrem ersten olympischen Auftritt ("Damit hat sich ein Traum erfüllt") von mehr. "Es wäre der Wahnsinn, wenn wir es auf das Treppchen schaffen könnten. In Rio ist auf jeden Fall alles möglich", lacht Borger, die zusammen mit Britta Büthe derzeit auf dem 16. Rang der Weltrangliste zu finden ist.

"Wir wollen unser bestes Volleyball zeigen"

Doch ein gutes Abschneiden macht die Vize-Weltmeisterin von 2013 nicht nur an der Endplatzierung fest. "Wir wollen einfach unser bestes Volleyball zeigen, am Limit spielen", geht Borger davon aus, dass es in Rio viele enge Partien geben wird. "Da braucht man auch das notwendige Glück."

Apropos Glück. Dieses hatte die Spielerin des MTV Stuttgart im vergangenen Jahr nicht. Die Beachvolleyball-Nationalspielerin musste die Saison 2015 aufgrund einer Bandscheiben-Operation vorzeitig beenden. Der Traum von Rio schien zu platzen, sogar die Fortsetzung der Karriere war fraglich. Geduld war gefragt, mehrere Monate lang konnte Karla Borger nicht trainieren. Unterdessen sammelte die nationale Konkurrenz – nur zwei deutsche Frauen-Teams dürfen nach Rio – Punkt um Punkt bei den Olympia-Qualifikationen.

"Es war eigentlich ein Wunder, dass ich so schnell wieder spielen konnte", blickt die Ex-Villingerin auf ihr Comeback Ende Februar zurück. Diese verlief überaus erfolgreich. Bei den FIVB-Open im brasilianischen Maceio sprang gleich der fünfte Platz heraus. Das Selbstvertrauen war wieder da, der Weg nach Rio aber noch weit. Doch Mitte Juni war das "Wunder" perfekt: Borger und Büthe lösten beim Hamburg Major, dem letzten Qualifikationsturnier, das Ticket für Rio. Freudentränen folgten. "Das waren Emotionen pur, als wir wussten, dass wir in Brasilien dabei sind", wird Borger diesen Moment nie vergessen.

Dabei sein ist aber – wie gesagt – nicht alles. Ganz im Gegenteil. Die beiden Stuttgarterinnen wollen an der Copacabana am liebsten noch am 18. August am Netz stehen. Dann geht es in Rio um die Medaillen.

Generalprobe steigt in Klagenfurt

"Deshalb steht schon seit Wochen alles im Zeichen der Olympia-Vorbereitung", denkt die 27-Jährige nicht nur an die Generalprobe in Klagenfurt (26. bis 31. Juli), sondern auch an die zahlreichen Trainingseinheiten. "Am 1. August geht es dann nach Brasilien", gibt die Ex-Villingerin preis. Die Tage bis zur Eröffnungsfeier in Rio (5. August) und zum Auftakt der Beachvolleyball-Wettbewerbe sind also genau getaktet.

An der Copacabana wollen die EM-Dritten von 2016 dann für weitere Überraschungen sorgen. Dass die beiden Stuttgarterinnen, die seit 2010 zusammenspielen, in Rio bestehen können, bewiesen sie bereits Mitte März mit dem dritten Rang beim dortigen Grand Slam. "Wir waren schon oft in Rio, das ist fast unsere zweite Beachvolleyball-Heimat", kennt Borger auch viele der 101 Straßenblöcke der "Copa". "Allerdings sollte man in den Strandbuden keinen Caipirinha trinken, der wird dort oft gepanscht. Aber das Kokosnusswasser ist lecker und sehr erfrischend", gibt die 27-Jährige Rio-Besuchern Tipps.

Übrigens – sollten Karla Borger und Britta Büthe ihre sportlichen Ziele erreichen, lohnt sich für die Stuttgarterinnen vielleicht der Weg an den Nachbarstrand Ipanema. Angeblich gibt es dort in der "Bar Astor" die besten – und sicherlich nicht gepanschten – Cocktails der 13-Millionen-Einwohnern-Metropole. "Wir würden dann sicher eine geeignete Party-Location finden", lacht Karla Borger.

Zur Person: Karla Borger

Karla Borger

Die deutsche Beachvolleyball-Nationalspielerin wurde am 22. November 1988 in Heppenheim geboren. Borger entschied sich zunächst für Hallenvolleyball, trug die Trikots vom TSV Rot-Weiß Auerbach, dem 1. VC Wiesbaden, dem USC Braunschweig, Bayer 04 Leverkusen und – bis 2009 – von Allianz Volley Stuttgart. In der Saison 2009/10 gelang Karla Borger mit der Regionalliga-Mannschaft des TV Villingen der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Für Villingen spielte sie dann bis ins Jahr 2012. Im Beachvolleyball ("Es gibt keinen Sport mit mehr Action, Athletik, Stimmung, Flair und Fairness") stand Borger zunächst mit Rieke Brink-Abeler am Netz. Seit 2010 spielt sie zusammen mit Britta Büthe.

Die beiden Stuttgarterinnen feierten schnell große Erfolge. 2010 wurden sie Studenten-Weltmeisterinnen, 2011 waren sie bei der Universiade nicht zu schlagen. 2013 folgte dann mit dem Gewinn der Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft der bisher größte Erfolg der Karriere. 2014 sicherte sich das Duo den DM-Titel, in diesem Jahr standen Borger und Büthe bei der EM als Dritte auf dem Treppchen. Zudem belegten die beiden Stuttgarterinnen bei zahlreichen Grand-Slam-Turnieren Podestplätze.

Nun bestreiten Borger und Büthe in Rio ihre ersten Olympischen Spiele. In ihrer Freizeit spielt sie gerne Saxofon oder löst Kreuzworträtsel. Und das Lieblingsessen von Karla Borger? Ganz klar: Kartoffelsalat mit Würstchen von der Oma.