Hinter diesen Mauern im Seniorenheim in Vöhringen hat sich am 7. Oktober Schlimmes zugetragen. Ein früherer Mitarbeiter steht im Verdacht, Patienten mit Medikamenten vergiftet zu haben. Foto: Steinmetz

Ehemaliger Mitarbeiter soll Patienten selbst mitgebrachte Medikamente gegeben haben.

Vöhringen - Nach dem dubiosen Vergiftungsfall im Seniorenheim in Vöhringen waren viele Angehörige schon alarmiert. Jetzt kommt es noch dicker: Ein Mitarbeiter soll Dementen wahllos Medikamente verabreicht haben, die bei neun Patienten zur Bewusstlosigkeit führten.

Darüber hat der Paritätische Sozialdienst, der Träger des Vöhringer Seniorenheims ist, die Angehörigen aller 50 Bewohner am 28. November in einem Schreiben informiert.

In dem Brief heißt es, die Hilfskraft habe am 7. Oktober an die Patienten der Demenzstation Medikamente verabreicht, die nicht im normalen Verordnungsspektrum enthalten sind. Dies belegen auch die Ergebnisse von Blut- und Urinuntersuchungen, die in Freiburg gemacht wurden.

Anfang Oktober war der Schrecken in Vöhringen groß gewesen: Gegen 22.30 Uhr hatte eine Pflegerin der Nachtwache die Einsatzkräfte des Deutschen Roten Kreuzes und die Feuerwehr alarmiert, nachdem sie festgestellt hatte, dass es drei 79, 82 und 86 Jahre alten Bewohnern sehr schlecht ging. Sie mussten evakuiert und im Krankenhaus behandelt werden.

Der anfängliche Verdacht einer Lebensmittel- oder einer Kohlenmonoxidvergiftung erhärtete sich jedoch nicht, die Kriminalpolizei ermittelte daher von Anfang an wegen der ungeklärten Erkrankungsfälle in alle Richtungen.

Das Ergebnis war für Angehörige, Mitarbeiter und den Träger ein Schock: Eine Hilfskraft soll den Senioren absichtlich Medikamente verabreicht haben, mutmaßlich, um sie ruhigzustellen. Der Effekt war jedoch gravierend: Neun Heimbewohner wiesen Vergiftungserscheinungen auf, drei mussten in die Klinik.

Fristlos gekündigt

Jürgen Dittrich, der Geschäftsführer des baden-württembergischen Landesverbands des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, bestätigte diese neue Faktenlage gestern auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten, nachdem Heimleiterin Ivanka Nagel jede Auskunft verweigert hatte. »Wir haben dem Mitarbeiter, der seit Dezember 2010 in Vöhringen tätig war, fristlos gekündigt, als sich die Vermutung bestätigt hat und wollen ihn auf keinen Fall in einem unserer sechs Häuser weiterbeschäftigen«, erklärte Dittrich.

In 20 Jahren habe er eine solch verwerfliche Tat noch nicht erlebt, zeigte sich der Geschäftsführer betroffen.
Inzwischen ist klar, dass die verabreichten Medikamente nicht aus dem Bestand des Seniorenheims oder von Patienten entwendet wurden. Der Verdächtige habe sie selbst mitgebracht, teilte Dittrich mit. Woher der Mann die Mittel mit der betäubenden Wirkung hatte, ist aber noch unklar. Dies zu klären, wird nun Sache der ermittelnden Staatsanwaltschaft sein.

Da die Suche nach dem Grund für die Vergiftung so lange ergebnislos blieb, haben sich Angehörige in einigen Fällen für eine andere Unterbringung ihrer älteren Verwandten entschieden.