Ein Nest am anderen: Eine Schwalbe will gerade wegfliegen. Foto: Vögele

Bei Familie Grager ist reges Kommen und Gehen. Haus in Vöhringen ist Heimat für 250 Mehlschwalben.

Vöhringen - Es ist interessanter als fernsehen, wenn man mit Johann und Waltraud Grager auf der Terrasse in der Hopfenstraße sitzt und "ihren" Schwalben zusieht.

Ein reges Kommen und Gehen, begleitet von zartem Piepsen aus 40 Schwalbennestern, kann man beobachten und erlauschen. So viele Brutstätten sind es im Laufe von etwa 35 Jahren geworden, die unter dem Dach angebracht sind und die man erst auf den zweiten Blick wahrnimmt. Ihr Weiß hebt sich kaum von der Fassadenfarbe ab.

Als Vogelliebhaber hatte der Hausherr beim Bezug seines Neubaus zwei Schwalbennester an der Ostseite seines Hauses angebracht, die damals nicht angenommen wurden. Erst mit dem Umzug an die Westseite fühlten sich die Singvögel wohl.

Grager beobachtete ihren Drang, selbst zu bauen und erweiterte daher immer wieder die Kolonien bis auf 40 Stück dieses Jahr. Ein richtiger Fachmann durch Beobachtung und Fachliteratur ist er inzwischen geworden. Den regen Flugverkehr morgens um 6 Uhr und abends bei Sonnenuntergang kann man durch die begeisterte Schilderung richtig nachvollziehen, auch das "Bettritual" der Elterntiere. Denn "wenn die Jungen geschlüpft sind, dann wird geschwätzt bis um Mitternacht".

Im Frühjahrsputz der Nester sehen die Herbergseltern die einzige Arbeit. Alle 40 Nester werden vor dem Eintreffen im Frühjahr gereinigt und desinfiziert. Staunen lässt sie die Orientierung der Tiere. Recht ungewöhnlich habe einmal eine nasse Schwalbe auf der Straße im Regen gesessen. In einer Schachtel hätten sie das Vögelchen zum Trocknen ins Haus genommen und anschließend in irgendein Nest gesetzt. Nach einer Orientierungsrunde war die richtige Behausung gefunden.

Um den Anflug zu erleichtern, schnitt die Familie sogar eine Goldulme zurück. "Es gefällt ihnen bei uns, denn zehn neue Nester waren innerhalb weniger Minuten bezogen", schwang ein wenig berechtigter Stolz bei diesen Worten mit. Richtige Hausgenossen seien sie geworden.

Der herbstliche Abschied bedeute eine Zeit lang gedrückte Stimmung, und umgekehrt freue man sich, wenn die Vögel im Frühjahr wieder kämen, erzählten die Gragers. Und zitierten eine ägyptische Weisheit: "In Häusern, wo Schwalben wohnen, wohnen glückliche Menschen."