Die Schäppelmädchen sind bei der Prozession unverkennbar mit der Statue der heiligen Maria verbunden. Fotos: Ketterer Foto: Schwarzwälder-Bote

Kirchenfest: Pfarrgemeinde feiert Bruderschaftsfest mit einem feierlichen Gottesdienst und einer Prozession

Wie viele Tränen sind geflossen, seit die Bruderschaft im Jahre 1673 in Urach gegründet wurde?

Vöhrenbach-Urach. Diese Frage stellte Pfarrer Martin Schäuble zu Beginn des festlichen und würdigen Gottesdienstes, als er auf den Bruderschaftsaltar mit dem Bildnis der heiligen Maria deutete. Heutzutage sind die Gründe wie Armut, Hungersnot oder Krankheiten sowie die Pest, die zur Gründung der Bruderschaft "Maria Trost" geführt haben, in unseren Breitengraden nicht mehr aktuell, so Schäuble. Doch auch in unserer Zeit, so der Pfarrer, suchen die Menschen Trost mit Gebeten zu Maria, wenn sie von Krieg, Terror, Krankheiten, Unwetterkatastrophen, Erdbeben oder Schicksalsschlägen heimgesucht werden.

Nach 343 Jahren stellt das Uracher Bruderschaftsfest immer noch einen besonderen Tag im Jahresablauf der Pfarrgemeinde Allerheiligen dar. So durfte sich der Pfarrer über einen gut besuchten Gottesdienst freuen, wobei er auch auswärtige Gäste willkommen hieß.

Blasmusik und Gesang ergänzten den feierlichen Rahmen. Dafür sorgte zum einen der Musikverein Urach mit Vizedirigent Lothar Mai. Außerdem ließen Mitglieder des Vöhrenbacher und Uracher Kirchenchores ihre Stimmbänder erklingen. Annette Ruf leitete den Chor und der deutlich verstärkte Klangeindruck erfreute die Gottesdienstbesucher.

Eine Besonderheit des Bruderschaftsfestes ist, dass der Pfarrer seine Predigt von der Kanzel aus verkündigt. Hierbei ging Schäuble auf die Worte des Evangeliums ein, das auch in anderen Gottesdiensten zu hören war, aber auch gut zum einheimischen Bruderschaftsfest passte. Und, so Schäuble weiter, im heutigen Leben hätten die Menschen die Möglichkeit bei Festen und Veranstaltungen ihre Plätze auszusuchen, oder sie würden ihnen zugewiesen. Um einen guten Platz am himmlischen Hochzeitsmahltisch zu erhalten, müssten wir uns aber anstrengen. So sei es geboten, die Tugend der Demut, wie im Evangelium ausgesprochen, nicht zu vernachlässigen. Demut heiße, Gott im Blick zu haben, den Nächsten im Blick zu haben und sich dabei selber nicht zu vergessen. Ein großes Vorbild in der Demut sei Maria, die Gottesmutter, so Martin Schäuble. Die Marienverehrung sei auch heute noch zukunftsweisend. Wir sollten dafür sorgen, dass wir uns nicht nur im Leben um einen guten Platz bemühten, sondern auch einen guten Platz im Himmel erhielten. Maria helfe uns, in schwierigen Zeiten Trost zu erhalten, so der Pfarrer am Ende der Predigt.

Im Anschluss an die Predigt bat Schäuble bei der Kollekte um eine Spende für das Gotteshaus, wobei besonders Geld für das derzeit sanierte Schindeldach auf der Nordseite gebraucht werde.

Die Prozession nach dem Gottesdienst führte bis zum Altar beim ehemaligen Gasthaus Löwen. Danach fanden sich alle wieder in der Kirche ein, um den Schlusssegen zu erhalten. Pfarrer Schäuble dankte allen, die geholfen hatten, das Bruderschaftsfest zu gestalten. Dankesworte gingen auch an die Familie Dotter für die Errichtung des Altars.

Zum Bruderschaftsfest gehört auch, dass Schüsse aus der Böllerkanone während der Prozession abgefeuert werden. Dafür sorgten einmal mehr Georg Dorer und Albert Willmann. Nebenbei sorgte Petrus dafür, dass die Prozessionsteilnehmer bei Temperaturen um die 30 Grad gehörig schwitzen mussten. Weitere Schweißtropfen dürften die Musiker nach dem Gottesdienst beim anschließenden Frühschoppenkonzert vor dem "Sternen" vergossen haben.

Zurückgehend auf eine Gebetsgemeinschaft, die im Jahre 1673 gegründet wurde, wird seit dieser Zeit das Bruderschaftsfest "Maria Trost" in der Uracher Pfarrgemeinde aufrechterhalten.

Die Bruderschaft entstand wohl aus einer schwierigen Zeit, als bei uns die tödliche Pest wütete. Auch die Auswirkungen des 30-jährigen Krieges (1618-1648) waren spürbar. Pfarrer Johann Caspar Brugger gründete die Maria-Trost-Bruderschaft.

Nach der Gründung erhielt Urach größere Bedeutung im Umkreis. Auch Auswärtige konnten in die Bruderschaft aufgenommen werden. Wie die Uracher Chronik dokumentiert, sollen zu Pfarrer Johann Martin Kettereres Zeiten (1744 – 1790) bis zu 15 Priester am Fest teilgenommen haben.

Früher gab es beim Bruderschaftsfest noch eine weltliche Feier, genannt "Birefest", da um diese Zeit die ersten Birnen reif wurden.