Sechs Tage und Nächte lag eine 72-Jährige hilflos in der Badewanne - und überlebte. (Symbolfoto) Foto: bilanol/Fotolia.com

Frau wird erst nach sechs Tagen gefunden. Selbst Ärzte staunen. Hausnotruf rettet in solchen Fällen Leben.

Villingen-Schwenningen - Sechs Tage und Nächte lag eine 72 Jahre alte Villingerin hilflos in ihrer Badewanne. Sie überlebte. Selbst Ärzte und Schwestern im Klinikum konnten das kaum fassen: "So etwas haben wir noch nicht erlebt", sagten sie unisono. Rückblickend bilanziert die Frau selbst: Der Hausnotruf des DRK wäre sinnvoll gewesen.

Die Frau ist weder senil noch steinalt und gebrechlich. Im Gegenteil: Sie zählt auch mit ihren 72 Jahren so gar nicht zum alten Eisen, ist außerordentlich fit und immer unterwegs. Doch an diesem Tag im Februar wurde sie ausgebremst: Bei der Arbeit hatte sie sich wegen einer Grippe bereits abgemeldet und ihre Termine bis zum Beginn der neuen Woche abgesagt. Abends stieg sie in die Badewanne – und kam plötzlich nicht mehr raus. "Ich weiß es selbst nicht, warum ich nicht mehr aus der Wanne gekommen bin", erzählte sie später im Gespräch mit unserer Zeitung. Plötzlich fehlte einfach die Kraft.

Wie im Delirium lag die allein lebende Villingerin im Badewasser. Immer wieder nickte sie ein, vielleicht war sie zwischendurch sogar ohnmächtig. Tage und Nächte zogen an ihr vorüber. Sie ließ immer wieder warmes Badewasser nach, spürte, wie die Haut an Händen und Füßen aufweichte, hörte x-mal das Klingeln des Telefons oder Nachrichten, die auf den Anrufbeantworter gesprochen wurden. Aber reagieren konnte sie nicht.

Dann war Dienstag, der Tag, an dem ihr nächster Auftrag für ihren Arbeitgeber im Kalender stand. Als sich die Frau, die sonst so regelmäßig dort anruft, nicht für die weiteren Detailabsprachen meldete und auf Anrufe, Mails und What’s-App-Nachrichten nicht reagierte, wurde man skeptisch: Sollte ihr am Ende irgendetwas zugestoßen sein?

Man fuhr zu ihrer Wohnung in einem Villinger Hochhaus. 72 Parteien, viele unbekannte Gesichter, die nebenan wohnen. Ein bekannter Mitarbeiter des DRK kam zufällig mit dazu und ging routinemäßig vor: Der Briefkasten randvoll, befragte Nachbarn hatten die Frau nicht gesehen, und die Türmatte war, obwohl die Hausflurreinigung bereits einen Tag zurücklag, noch immer hochkant gestellt – "ich würde sagen, wir gehen rein".

Und plötzlich ging alles ganz schnell: Feuerwehr, DRK und Polizei kamen dazu, die Tür wurde aufgebrochen – und drinnen lag die völlig entkräftete Frau in der Badewanne und wurde gerettet. "Ich dachte, ich verrecke hier", sagte sie später, heilfroh. Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen war, war schnell klar. Die Diagnose im Schwarzwald-Baar Klinikum: unter anderem eine hochgradige Lungenentzündung mit beängstigenden Entzündungswerten und ein alarmierend hoher Sauerstoffmangel im Blut. Sie wurde stationär im Klinikum aufgenommen.

Im Krankenbett liegend blieb Zeit zum Nachdenken – auch über einen guten Rat, den sie dieser Tage so oft hörte. Sie möge doch den Hausnotruf des DRK installieren lassen, sagten viele. Per Knopfdruck ist damit Hilfe parat. 1283 Kunden nehmen diesen Service des DRK-Kreisverbandes Villingen-Schwenningen bereits in Anspruch, der durch ein zwölfköpfiges Team betreut wird, erläutert der Kreisgeschäftsführer Winfried Baumann auf Anfrage unserer Zeitung. Zwar sei ein Drittel von ihnen tatsächlich pflegebedürftig und bekomme die Kosten (ab 18,36 Euro pro Monat für das Basispaket) daher in der Regel von Pflege- oder Krankenkasse ersetzt, allerdings ist das längst keine Grundvoraussetzung. Im Gegenteil: Auch allein Lebende oder chronisch Kranke tun gut daran. Sie können nicht nur Hilfe rufen, sondern werden beispielsweise auch kontaktiert, wenn sie sich innerhalb von 24-Stunden nicht einmal, etwa per Knopfdruck, bemerkbar gemacht haben. Im Falle der 72-Jährigen hätte das bedeutet: Das DRK hätte versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen, dann gegebenenfalls Angehörige informiert oder gar Mitarbeiter vor Ort geschickt, um die Lage zu überprüfen und einen Rettungseinsatz zu veranlassen. 8000 Hausnotruf-Alarme werden pro Jahr abgesetzt, so Baumann, 1600 davon münden schließlich ein einen Rettungsdiensteinsatz.