Mehrere Stunden informierte Herbert Hermle (vorne Mitte) eine interessierte Schar Villingendorfer Bürger über ihre Heimatgemeinde und blickte in vergangene Zeiten. Fotos: Hölsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Historischer Rundgang durch Villingendorf / Vom "Loch" zum "Kreuz"

Villingendorf (hh). Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "875 Jahre erste urkundliche Erwähnung der Gemeinde Villingendorf" trafen sich 48 Teilnehmer zum zweiten Teil des Rundgangs der historisch interessanten Punkten in Villingendorf mit Herbert Hermle. Der langjährige Bürgermeister und Ehrenbürger hatte sich in Familien- und Ortsgeschichte vertieft.

Der Name Wirtsgasse deutet auf Gaststätten/Wirtschaften hin. Das erste Gasthaus in der Wirtsgasse war im Gebäude Nester, das Gasthaus zum Loch. Genannt wurde Fidel Müller in der Steuerliste 1811/12. Im Jahr 1876 verkaufte Josef Belser die Wirtschaft zum Loch an Augustin Kopf und erwarb die "Krone". August Kopf erstellte 1891 in der Wirtsgasse ein neues Gasthaus, die "Linde" (Haus Sekinger), heute das Schornsteinfeger-Museum. In den 50er-Jahren entstand die "Linde" am heutigen Standort. Gasthaus Loch beziehungsweise " Linde" ist seit 1876 im Familienbesitz.

August Kopf kaufte später das Gasthaus Kanne in Rottweil und zog dorthin. Ferner stiftete er das Feldkreuz Silcherstraße.

Diskutiert wurde über den Einmarsch der Franzosen 1945 mit ihren Panzern. Villingendorf sollte niedergeschossen werden. Dies konnte aber verhindert werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg endete bei der Brunnenstube, die mitten auf der Straße zu sehen war, die Wirtsgasse.

Herbert Hermle ging auf Grundstücks-Veräußerungen und Tauschgeschäfte ein. Seine Freude an der Ortsgeschichte begünstigte Forschungen, die auch das kleinste Detail erfassten. Er sprach von Backhäusern, streifte die Friedhofsgeschichte, die Eröffnung der Eisenbahn 1868, informierte über den Zugang zum Neckartal, über Bier- und Eiskeller, Küferbrunnen, Feuersee, über den Theologieprofessor Johannes Evangelist Belser und andere markante Bürger und Persönlichkeiten. Weitere Themen waren Fischzuchtanlage, Gebäude und Straßen, das Geburtshaus von Bruder Gregorius (sein Orden habe den Seligsprechungsprozess eingeleitet), die Oswaldkapelle und die Urhöfe im Gengenbacher Teil des alten Dorfes.

Viel Zeit widmete der Heimatforscher Hermle der Geschichte des Gasthauses Kreuz, das 1824 von Ignaz Flaig erbaut wurde. Flaig war sehr vermögend und eine sehr geschäftstüchtige Persönlichkeit. Laut Chronik hatte er mehrere Berufe: Bauer, Wirt, Weinhändler, Bierbrauer, Branntweinbrenner, Brotbäcker, Holzhändler und Flößerunternehmer. Und er hatte die Flößerei auf dem oberen Neckar gegründet. Die Flößerei, die 1892 eingestellt wurde, ist im Villingendorfer Gemeindewappen sichtbar gemacht.

Bier wurde im "Kreuz" bis in die 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts gebraut. Schnaps wird heute noch gebrannt, und der Weinhandel wurde im vergangenen Jahr vom Wirtsehepaar Dominik und Angelika Schanz wieder aufgenommen. Das Gehörte wurde im "Kreuz" weiter vertieft; Dominik Schanz führte seine Gäste in die Kellergewölbe. Hier war das Jahr der Gründung, 1824, zu sehen.

Hauptamtsleiter Armin Mei bedankte sich bei Herbert Hermle für seinen Vortrag, den Rundgang, die wichtigen Punkte der älteren und neuen Geschichte der Gemeinde und für die Erinnerungen und amüsanten Anekdoten, die die Teilnehmer begeisterten. Und wo Fragen offenblieben, sprang so mancher Teilnehmer des Rundgangs in die Bresche und konnte Antworten geben.