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Michael Fritzer und Gernot Schriek: Jeder Fall ist anders /Autofahrer versuchen zu betrügen

Die Wege zwischen Michael Fritzer, Facharzt für Arbeitsmedizin, und Gernot Schriek, Verkehrspsychologe sind kurz. Beide haben ihre Praxis in der Kalkofenstraße 1 in Villingen. Trotzdem ist es ein langer Weg für Autofahrer, die plötzlich ohne Führerschein dastehen, um diesen wieder zu erlangen.

Villingen-Schwenningen. Bei Gernot Schriek müssen die Autofahrer das psychologische Abstinenzprogramm absolvieren, bei Michael Fritzer hingegen müssen sie regelmäßig vorstellig werden und werden überprüft, ob sie wirklich abstinent sind, sich also keinerlei Alkoholspuren im Urin oder in den Haarproben nachweisen lassen.

Das Strafmaß entscheidet

Der Zeitraum der Überprüfungen und die Anzahl der therapeutischen Stunden hängt von dem Strafmaß, also wie lange der Führerschein entzogen wurde, ab. "Hier ist kein Fall wie der andere", erklärt Gernot Schriek im Gespräch. Wurde man mit 1,1 Promille Alkohol erwischt, ist der Führerschein für sechs bis acht Monate weg, dazu wird noch eine Geldstrafe verhängt, so Schriek.

Kommen noch Sach- oder sogar Personenschäden dazu, erhöht sich das Strafmaß, wurde man mit Drogen erwischt, es reicht schon, sie nur im Besitz zu haben, ist der Führerschein ebenfalls weg. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist sowieso eine Straftat, fährt er fort.

"Da nicht alle Fälle besprochen werden können, sie würden den Rahmen sprengen, bleiben wir bei einem Beispiel, also Führerscheinentzug bei 1,1 Promille", schlägt der Verkehrspsychologe vor. Die Sperre des Führerscheins setze der Richter fest, so Schriek. Habe der Verkehrsteilnehmer das Schreiben vorliegen, wäre es hilfreich, dieses genau durchzulesen und auch nicht das Kleingedruckte zu vernachlässigen, schlägt er vor. Gleichzeitig sollte man seiner Meinung nach zum Landratsamt oder zu einem Verkehrsanwalt gehen und sich beraten lassen, falls man den behördlichen Text nicht versteht.

Fahrer müssen zum Test

Es komme immer wieder vor, dass sich Menschen, denen die Fahrerlaubnis entzogen wurde, zurücklehnen und die Monate, die sie gesperrt sind, nutzlos verstreichen lassen. "Viele glauben, dass sie den Führerschein nach Ablauf der Sperre einfach so wieder zurückbekommen. Oft sind sie der Meinung, man habe ihnen Unrecht getan, wo sie angeblich nur einmal zuviel getrunken haben", fährt er fort.

Um den Führerschein wieder zu erhalten, müsse die MPU (Medizinisch psychologische Untersuchung) gemacht werden. Vorher müssen rund zwölf Stunden mit dem Verkehrspsychologen gearbeitet werden, parallel müsse das Abstinenzprogramm bei dem dafür zugelassenen Arzt durchgeführt werden. Er müsse, zusammen mit dem Verkehrsteilnehmer, herausarbeiten, wie sein Trinkverhalten war und wie sich das entwickelt habe.

Es gebe Personen, die sich einsichtig zeigen, das verkürze das Verfahren, so Schriek. Aber viele Mandanten seien der Meinung, man habe ihnen Unrecht getan, die Gründe für ihren "einmaligen" Alkoholausrutscher könne man manchmal nicht mehr hören: "Ich hatte Stress bei der Arbeit, Liebeskummer, mein erstes Kind wurde geboren und so weiter", bekomme er immer wieder zu hören.

Wo die Probleme liegen

Er selbst müsse herausarbeiten, wo die Probleme liegen. Für viele Menschen sei es das erste Mal, dass sie sich mit ihrem Alkoholproblem beschäftigen, betont Schriek. Auf die Frage, welche Gesellschaftsschicht besonders auffällig sei, antwortet der Verkehrspsychologe: "Alle, vom LKW-Fahrer bis zum Akademiker, man kann niemand hervorheben."

Leider hapere es immer an bei der Ehrlichkeit. Viele Mandanten, die zu ihm kommen, hätten eine ganz andere Drogen- oder Alkoholvorgeschichte, als sie zugeben, da müsse an der Einsicht gearbeitet werden.

Zwei Monate vor Ablauf der Sperre, vorausgesetzt man habe sein Abstinenzprogramm durchgezogen, könne der Antrag auf Neuerteilung des Führerscheins gestellt werden, so Schriek. Bei der MPU werde die Reaktion des zu Prüfenden getestet, die Konzentration, die Belastbarkeit und die Aufmerksamkeit ebenso. Auch müsse der Gutachter prüfen, ob der Prüfling das Verfahren verstanden habe und die Hintergründe zu seinem Alkoholkonsum darlegen könne.

Es geht zur Urinprobe

Arbeitsmediziner Michael Fritzer, der nicht nur die Arbeitsplätze auf ihre Sicherheit anschaut, sondern auch Sehtests, Hörtests und Tests auf Zuckerkrankheit bei LKW-Fahrern vornimmt, erscheinen die Fahrer ohne Fahrerlaubnis zur regelmäßigen Urinprobe, um nachzuweisen, dass sie in dem Zeitraum ohne Fahrerlaubnis keinen Alkohol getrunken haben. Er erklärt, dass "gefühlt" die Zahl der Personen ohne Fahrerlaubnis zunehme und das, obwohl weniger von der Polizei kontrolliert werde. Die Sperrfrist, die der Richter oder der Staatsanwalt festgelegt haben, könne sechs bis zwölf Monate betragen, auch hier sei es sinnvoll, bei ihm gleich einen Termin für ein Abstinenzprogramm zu machen.

Angenommen, eine Person habe den Führerschein für zwölf Monate entzogen bekommen, müsse er zwölf Monate auf Abruf bereitstehen für die Urinabgabe. Im Urin sei der Alkohol bis zu fünf Tage messbar, in den Haaren bis zu drei Monate, bei Drogen bis zu sechs Monate.

Personen, die zum Beispiel auf Montage seien, müssten nicht auf Abruf bereit stehen, ab alle drei Monate für die Haarprobe erscheinen. Die Haare müssten persönlich bei ihm abgeschnitten werden, sie ihm in einem Briefumschlag zu schicken, könne man vergessen, so Fritzer. Die Haare, die er selbst abschneide, würden extra verpackt und in ein spezielles Labor geschickt, erklärt der Experte.

Rufe er eine Person für die Abgabe einer Urinprobe an, müsse diese innerhalb von 24 Stunden bei ihm vorstellig werden. Finde er bei der Urinprobe Alkoholspuren, müsse der Patient sozusagen zurück auf Start, also das gesamte Programm von vorne beginnen.

Die Betrüger

Auf die Frage, ob es Kandidaten gebe, die versuchen, zu betrügen, antwortet Fritzer: "Selbstverständlich, deshalb gehe ein Mann oder eine Frau mit auf die Toilette." Trotzdem gebe es immer wieder abenteuerliche Versuche des Betrugs. Vorsichtig umschrieben, würden Männlein oder Weiblein sich alle möglichen Vorrichtungen, gefüllt mit fremden Urin, umschnallen und glauben, das falle nicht auf, meint er trocken, während seine Mitarbeiterinnen schmunzeln. Auf die Frage, was dann passiere, ist Fritzer schnell fertig: "Die fliegen raus und brauchen hier nie mehr erscheinen." Auch er erklärt, dass alle Altersgruppen und soziale Schichten bei ihm vorstellig werden, wobei zur Zeit die Drogendelikte ein Drittel und die Alkoholdelikte zwei Drittel ausmachen.

Die Kosten

Nach den Kosten zur Rückerstattung des Führerscheins befragt, meint Michael Fritzer: "Ojeh, im günstigsten Fall sind 3000 Euro weg, ohne Strafe oder gar Arbeitsverlust."