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Donald Trump gilt als unberechenbar. Traditionell enge Handelsbeziehungen zu den USA. Mit Video

Schwarzwald-Baar-Kreis - Verunsicherung bei Wirtschaft und Politik hat der Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA ausgelöst, vor allem weil Donald Trump als unberechenbar gilt.

Dieter Teufel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg will wissen, wo die USA künftig in ihren Beziehungen zur deutschen Wirtschaft stehen werden: "Die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten hat auch mich sehr überrascht. Er hat einen Wahlkampf geführt, der mehr von Polarisierung und Emotionen und weniger durch Fakten geprägt war. Es gibt in der regionalen Wirtschaft eine Verunsicherung, denn keiner weiß, wofür Donald Trump wirklich steht. Die Globalisierung hat nationale Strömungen weltweit begünstigt mit dem Effekt, dass sich viele Bürger überfordert fühlen und nach vermeintlich einfachen Antworten suchen. Diesem Bedürfnis ist Donald Trump nachgekommen. Die regionale Wirtschaft hat traditionell enge Beziehungen zum US-Markt als einem der wichtigsten Handelspartner weltweit. Die neue US-Administration muss nun deshalb schnell Klarheit schaffen, welchen Weg sie in den transatlantischen Beziehungen gehen und wie sie die Handelsbeziehungen zur EU gestalten möchte. Protektionismus in einer zunehmend globaleren Welt ist sicherlich der falsche Weg."

Nicht alle sind verunsichert: "Business as usual" kommentiert Stephen Gunson den Ausgang der US-Wahlen. Gunson ist Area President der Firma Wahl in Unterkirnach, die ihren Hauptsitz in Chicago (USA) hat. "Eine Instabilität der Finanzmärkte wäre schlecht", meint der Brite. "Aber ich habe mir die Finanzmärkte heute morgen angeschaut, sie haben nicht allzu negativ reagiert." Er habe auch das Wahlprogramm von Trump gelesen. "Ich sehe kurzfristig keinen Einfluss auf unser Geschäft", erklärte Gunson. Die Firma Wahl stellt Haarbürsten für Mensch und Tier her. "Was uns allerdings treffen würde, wäre, wenn der Freihandel mit China tatsächlich eingeschränkt würde. Das wäre geradezu schlecht", meint Gunson.

Der Europaabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Andreas Schwab meint allerdings, dass die Präsidentschaft Trumps letztlich schon eine Veränderung bedeuten werde. "Ronald Reagan war zwar Schauspieler, aber nicht als gefährlich bekannt. Trump hat einen anderen Ruf." Schon im Vorfeld habe sich der designierte Präsident zum Beispiel mit seinen Parteifreunden überworfen, die er nun benötigt, um seine Ideen durchzusetzen. "Die Stimmung ist versaut, er hat sich mit allen zerstritten. Und dieser Mann wird letztlich den größten Geheimdienst der kontrollieren und den roten Knopf für die Atombombe." Trump, so Schwabs Analyse, habe überall dort gewonnen, wo Politik als lokale Angelegenheit gesehen werde: "All politics is local".

Für Schwabs eigenen Wahlkreis entscheidend sind allerdings die Wirtschaftsbeziehungen. "Trump stellt alles in Frage, was wir erreicht haben, zum Beispiel den Durchbruch beim Klimagipfel. Und die Amerikaner haben uns geholfen, die Iraner vom Bau der Atombombe abzuhalten."

Jürgen Hartwich hat in Florida mitgewählt. Er ist vor einigen Jahren aus VS-Rietheim ausgewandert und berät jetzt Deutsche, die in den USA eine Niederlassung gründen wollen. Hartwich, der die doppelte Staatsbürgerschaft hat, ist vom Wahlausgang erschüttert. Die in Florida lebenden Deutschen hätten es anders erwartet. "Das große Dilemma war, dass vor ungefähr zwei Wochen Obama Care die Krankenversicherungsbeiträge um 145 Prozent erhöht hat", meint der in Cape Coral lebende Deutsche. Hinzugekommen sei, dass das FBI Vorwürfe gegen Clinton wegen E-Mails erhoben, dann aber wieder fallen gelassen habe. Trump habe der Landbevölkerung versprochen, die Steuern von 35 auf 15 Prozent zu senken. "Ich bin mal gespannt, wie er das machen will."

Die Zusammenarbeit mit Europa, so Hartwich weiter, "wird schwierig, er hält nichts von der Nato".

Für den Europaabgeordneten Andreas Schwab stellt eine eigene europäische Armee allerdings kein Problem dar: "Wir haben schon immer gesagt, dass wir mehr machen müssen. Das wird uns Europäer vor neue Fragen stellen. Deswegen ist diese Wahl ein weiterer Grund für noch mehr Kooperation, beispielsweise im Bereich der Verteidigung"

Die Glaubwürdigkeit Trumps stellt Jürgen Hartwich in Frage: "Zum Beispiel wollte er Clinton erst in ein Gefängnis stecken. Heute morgen verkündet er, wie tough sie ist, wie toll sie ist."

"Das ist wirklich schwierig zu verstehen, bei uns wäre das uns undenkbar", sagt Andreas Schwab dazu.

"Nahezu alle" Mitgliedsfirmen der Südwestmetall-Bezirksgruppe Schwarzwald-Hegau unterhalten nach Auskunft von deren Geschäftsführer Ralph Wurster Handelsbeziehungen in die USA. "Das ist einer der wichtigsten Handelspartner weltweit, und wenn es zum Beispiel Einschränkungen bei der Einreise oder beim Export gäbe, würde uns das schon sehr treffen", meint Wurster.

Überhaupt sei Baden-Württemberg sehr stark exportorientiert. Wurster fordert berechenbare Bedingungen der Zusammenarbeit mit den USA: "Die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten hat mich überrascht, insbesondere nach den relativ deutlichen Umfragewerten zu Gunsten von Hillary Clinton. Ich persönlich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht, aber die amerikanischen Wähler haben nun so entschieden. Donald Trump ist bisher ziemlich unberechenbar gewesen - was insbesondere außen- und weltpolitisch ein hohes Risiko darstellen kann. Gerade für die exportstarke baden-württembergische Wirtschaft ist eine verlässliche und berechenbare Zusammenarbeit mit den amerikanischen Partnern aber unerlässlich.

"An einen erfolgreichen Abschluss von TTIP glaube ich nicht mehr"

An einen erfolgreichen Abschluss des Freihandelabkommens TTIP glaube ich nach dem Sieg von Donald Trump nicht mehr. Dies kommt weder den hiesigen Unternehmen noch den Beschäftigten und der Sicherung ihrer Arbeitsplätze hier in der Region zu Gute. Die Aufgabe des neuen US-Präsidenten muss es aber nun trotzdem sein, die tiefen gesellschaftlichen Gräben, die im Wahlkampf aufgerissen wurden, wieder zuzuschütten."

Gerhard C. C. Warnke, Geschäftsführender Gesellschafter der Maico Elektroapparate- Fabrik GmbH Villingen-Schwenningen, eines mittelständischen Unternehmens in Schwenningen, das eine Tochterfirma in Illinois (USA) hat, sagt: "Die Wahl von Donald Trump beunruhigt mich schon. Donald Trump gilt in Europa als ein weniger berechenbarer Partner. Fraglich ist, inwieweit sein Beraterstab Einfluss haben wird.

Die Wechselkursentwicklung könnte zu Beginn der Präsidentschaft eventuell unter Druck geraten. Insgesamt bin ich etwas besorgt um die aus dem Wahlkampf bekannte Abschottungspolitik. Ich persönlich erwarte, dass er sich stärker inneramerikanischen Themen widmen wird, jedoch musste sich in der Vergangenheit noch jeder amerikanische Präsident früher oder später um die Außenpolitik kümmern. Unabhängig vom Ausgang der Wahl muss der neue Präsident die derzeitige Spaltung des amerikanischen Volkes überwinden. Fraglich bleibt, ob die USA wieder in die Rolle des Weltpolizisten schlüpfen werden."

"Es steht uns nicht zu, demokratische Wahlen in einem anderen Land zu kritisieren", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei. "Aber wir wissen wenig über den außenpolitischen Ansatz von Trump. Er stellt zum Beispiel die Rolle der Nato und den Freihandel in Frage, das können wir nicht gut finden. Wir sind ein exportorientiertes Land und profitieren vom Freihandel." Im Moment sei es sicherlich viel zu früh, um ein abschließendes Urteil zu bilden, meint Frei: "Dafür spricht, dass auch ein Präsident Trump in einen politischen Apparat eingebunden ist und das mächtigste Amt der Welt keine Showbühne ist. Der Wahlkampf ist nun vorbei und Trump steht vor der schwierigen Aufgabe, das gespaltene Land zu einen. Ob ihm dies gelingen kann, da habe ich mit Blick auf viele seiner Argumente, Behauptungen und Versprechen ziemliche Zweifel. Da Trump zumindest die kommenden zwei Jahre große Gestaltungsmöglichkeiten hat, da beide Kammern in republikanischer Hand sind, müssen wir davon ausgehen, dass er einige seiner Ankündigungen in Angriff nehmen wird. Fraglich ist aber auch, wie sehr Trump und die Republikaner eine gemeinsame Linie finden. Für uns unmittelbar gilt, dass Amerika unser wichtigster Partner ist und bleibt. Das transatlantische Bündnis bildet für beide Seiten in Zeiten von Globalisierung und zunehmender Polarisierung eine wichtige, gemeinsam getragene Wertebasis."

Zur künftigen Außenpolitik der USA meint Frei: "Deutschland und Europa werden sicherlich mehr Verantwortung für die Sicherheit in der Welt übernehmen müssen. Aber auch hier gilt abzuwarten, wie sich Donald Trump nach der Wahl tatsächlich in das Amt einfügen wird. Bei der Wirtschaftspolitik setzt Frei auf Fakten: "Protektionistische Maßnahmen helfen allenfalls partiell und kurzfristig. Deshalb bin ich skeptisch, ob die USA von der angekündigten Aufkündigung verschiedener Freihandelsabkommen und dem Ende von TTIP profitieren werden. Zumindest lässt sich so nicht das Versprechen einlösen, 20 Millionen neue Jobs zu schaffen, worauf ja der große Teil der weißen Wählerschaft ohne College-Abschluss hofft, der sich unter dem politischen Establishment abgehängt gefühlt hat. Die Wirtschaftszahlen geben die Realität vor. In der Wirtschaft stagnieren die Wachstumszahlen und stecken deutlich unter zwei Prozent fest. An dieser Stelle gebe ich aber zu bedenken, dass die USA zwar für uns das wichtigste Zielland für Exporte sind, aber in Summe nur etwas weniger als zehn Prozent aller Exporte ausmacht. Darüber hinaus sind wir kein Produzent billiger Exportware, sondern sind vor allem im Bereich des Maschinenbaus und anderer High-Tech-Industrien vertreten. Das gilt insbesondere für die vielen Mittelständler unserer Region. Auch die USA sind an vielen Stellen auf diese Produkte angewiesen, weshalb ich auch an dieser Stelle sehr vorsichtig mit Prognosen wäre."