Rechtsradikale versammeln sich in verschiedenen Kneipen in VS und Umgebung. Foto: Thissen

Gastronom erfährt per Zufall von seinem "Glück". Antifa startet Flashmobs. Geheimniskrämerei Rechtsextremer.

Villingen-Schwenningen - Im Briefkasten steckte ungefragt die Leserbriefzeitung LBZ (wir berichteten), und auch bei so genannten patriotischen Stammtischen wird den Anwesenden rechtsgerichtete Propaganda aufgetischt. Dass Gastronomen jedoch offenbar ebenso ungefragt Gastgeber einer solchen Veranstaltung werden können, das wurde am Mittwoch im Nachgang zu unserer Berichterstattung über die LBZ deutlich.

Ein Wirt aus einer Schwarzwaldgemeinde kontaktierte unsere Redaktion und war besorgt: "Ich habe ein Gasthaus und musste feststellen, dass J. Schützinger mit Gleichgesinnten auch bei mir Gast war. Die Treffen waren sporadisch montags." Dass es sich dabei um Stammtischtreffen Rechtsextremer rund um den DLVH-Gemeinderat und ehemaligen Landesvorsitzenden der nationaldemokratischen NPD Jürgen Schützinger handelte, war ihm zu dieser Zeit offenbar noch nicht bewusst. Erst als er den Artikel über die LBZ im Schwarzwälder Bote las, ging ihm ein Licht auf. Dem Probeblättchen, das unaufgefordert an einige Bürger ging, lag ein Flyer über patriotische Bürgerstammtische in Süddeutschland bei. "Ich habe nun die Befürchtung, dass mein Gasthaus in den Flyern genannt wird", schildert der Gastronom seine Sorge.

Dass diese berechtigt ist, zeigten einige Vorfälle in Villingen-Schwenningen in der Vergangenheit. Einerseits müssen die Gastronomen befürchten, dass an ihrem Lokal plötzlich der Stempel prangt, ein Nazi-Treffpunkts zu sein. Andererseits beschwört gerade diese Tatsache schnell auch die ebenso extreme Gegenseite hervor: Antifaschisten, die bereits an einschlägig bekannten Adressen sehr zum Leidwesen der Wirte dort Flashmobs veranstalteten und mit Flaggen, Plakaten und Schlachtrufe brüllend das Lokal stürmten. Ein ehemaliger Treffpunkt, dem dieses Schicksal 2013 blühte, war beispielsweise ein Lokal in der Oberen Straße in Villingen noch unter einem früheren Pächter. Im September wurde es Ziel eines Flashmobs der Antifaschisten, den die Sprecherin "Aktionsbündnis gegen Rechts", Bärbel Wagner, mit der Begründung rechtfertigte, man wolle "der Verbreitung faschistischen Gedankenguts den Boden entziehen".

Dass die rechte Szene um diese "Gefahr" weiß, zeigt die Geheimniskrämerei, die selbst vor Gleichgesinnten betrieben wird: So nennt Schützinger in seinen Flyern zu den Patriotischen Stammtischen keine Lokale und Zeiten, sondern lediglich die Orte und Wochentage, an welchen die Stammtischtreffen mal monatlich, mal vierzehntägig, abgehalten werden: St. Georgen, Donaueschingen, Blumberg, Rottweil, Tuttlingen, Schopfloch, Pfullendorf, Oberndorf, Schramberg, VS-Schwenningen, VS-Villingen sowie Aldingen. Interessierte können sich telefonisch an Schützinger wenden, doch selbst dann wird der Versammlungsort nicht verraten: Der Anrufer wird lediglich um seine persönliche Adresse gebeten und bekommt den Treffpunkt dann per Post mitgeteilt.