Hier kommt der Schrecken das Vampirs Nosferatu im Stummfilm-Horrorklassiker aus dem Jahr 1922. Hörbar machte ihn das Trossinger Ensemble Open Source Guitars. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder-Bote

Ensemble Open Source Guitars untermalt stummen Horrorfilm

Von Wolfgang Trenkle

VS-Schwenningen. Nicht immer ist technischer Fortschritt auch gleichbedeutend mit tatsächlichem Gewinn. Deutlich wurde dies im Capitol. Nosferatu, einer der ersten Horrorfilme der Welt, flimmerte dort über die Leinwand.

Schwarzweiß, wackelig, oft unscharf und nur mit langen Kameraeinstellungen ist er gedreht. Die Bildaufzeichnung geht heute wesentlich besser. Und der Ton ist seit langem eine Selbstverständlichkeit. Der Horrorstreifen aus dem Jahr 1922 von Friedrich Wilhelm Murnau besitzt als Stummfilm zwangsläufig keinen. Hier jedoch ist künstlerisch auch eine Chance verborgen.

Das zehnköpfige Ensemble Open Source Guitars der Musikhochschule Trossingen engagierte sich genau an jenem Punkt und unterlegte die damalige große Filmkunst mit ihrer eigenen akustischen. Eigentlich kaum zu glauben, dass es zu Stummfilmzeiten durchaus zum guten Ton gehörte, Filme mit Livemusik zu unterlegen und sie damit erst hörbar und emotional besser nachvollziehbar zu machen: ein außergewöhnlicher Aufwand, der den Filmen zusätzliches Leben einhauchte. Die Musiker unter der Leitung von Michael R. Hampel griffen die längst vergangene Tradition mit ihrem Projekt auf und schufen ein großartiges Klangspektakel. Hierzu nutzten sie durchweg nur Gitarren.

Egal, ob der junge Held Hutter glücklich an seine Frau denkt oder dem Vampir in dessen finsterem Schloss in den Karpaten begegnet – das dem Publikum zugewandte Orchester vor der Leinwand hatte immer die passenden Töne parat.

Zuversicht, Liebe, Glück, Hass, Angst, Erschrecken – dies alles konnten die Musiker bestens ausdrücken. Bisweilen half nur genaues Hinschauen von der Leinwand weg hinunter auf die einzelnen Instrumente, um nachvollziehen zu können, dass da tatsächlich Gitarren eingesetzt wurden.

Streicht ein Geigenbogen über die Saiten, kann dies beispielsweise ganz andere emotionale Wirkungen beim Zuhörer auslösen als das typische Zupfen oder Anschlagen von Akkorden. Verbunden mit dem bösen Vampir Nosferatu ist im Horrorfilm die sich durch Ratten verbreitende Pest. Auch zu deren musikalischer Illustration war der innovative Klangkörper ungewöhnlich eingesetzter Gitarren hervorragend geeignet.

Die Capitolgäste erlebten eine Mischung alter und neuer Filmkunst. Besonders angenehm sind Horrorfilme immer dann, wenn man das Kino verlässt und draußen alles wieder gut ist: Das im Film vorkommende Schwarze Meer und eine Unmengen Menschen dahinraffende schreckliche Seuche andernorts gibt es inhaltlich aber leider derzeit fast täglich in immer neuen Horrormeldungen aktueller Nachrichten.