Wie kommen ehemalige Patienten des Facharztes an ihre Krankenakten? Keiner weiß, wo sich der Mann aufhält. Foto: mnirat/Fotolia.com

Vorwurf Ärztepfusch: Aufenthalt des Mediziners nicht bekannt. Nachfolger kann nicht weiterhelfen.

Villingen-Schwenningen - Die Geschichte um den Vorwurf "Ärztepfusch" und die juristische Prüfung eines Facharztes aus der Region ist noch nicht zu Ende, da öffnet sich schon ein weiteres Kapitel. Wie kommen ehemalige Patienten des Arztes an ihre Krankenakten, ist doch der Aufenthalt des Mediziners noch immer nebulös?

Die Geschichte um einen Arzt, gegen den rund 30 Strafanzeigen vorliegen, geht in ihr nächstes Jahr. Während die einstigen Patienten des Facharztes noch immer auf das Ergebnis des durch die Staatsanwaltschaft Konstanz beauftragten Gutachters warten, haben einige ganz andere Probleme.

"Ich komme nicht mehr an meine Krankenakte heran", beschreibt eine Frau ihre Schwierigkeiten. Ein Dilemma, aus dem man so leicht nicht herauszukommen scheint, wie der Schwarzwälder Bote von einigen Gesprächspartnern erfährt. Wie bereits mehrfach berichtet, laufen gegen den Mann nicht nur strafrechtliche Ermittlungen seit zwei Jahren, mehrfach gab es auch zivilrechtliche Verhandlungen.

Die Patientin

Es war ein Notfall, erläutert eine frühere Patientin des Mannes, dem seit mehr als zwei Jahren der Vorwurf "Ärztepfusch" anhaftet. "Ich hatte einen Hörsturz." Die Behandlung war längst abgeschlossen. Irgendwann, erinnert sie sich, wollte "ich meine Krankenakte holen". Sie steuerte die Praxis an, stand vor verschlossener Türe und einem Haus, an dem auch das Hinweisschild auf die einstige Praxis abmontiert worden war. Parallel dazu versuchte sie, ihren früheren Arzt über Telefon zu erreichen: "Ohne Erfolg. Die Nummern stimmten nicht", erzählt sie. Dann fing sie an, misstrauisch zu werden und begann damit, im Internet zu suchen. All ihre Bemühungen schildert die Frau als ein "Laufen von Pontius zu Pilatus".

Auf der Suche nach ihrer Krankenakte kontaktierte sie Krankenkassen, Ärztekammer und auch den ausgewiesenen Stellvertreter ihres einstigen Facharztes. "Doch niemand konnte mir weiterhelfen."

Die Stellvertreter

Warum auch der Fachmediziner nicht weiterhelfen konnte, der immer wieder die Vertretung des Ex-Kollegen übernahm? "Wir haben hier keine Unterlagen von Patienten anderer Ärzte", meinte er auf Anfrage. Der Fachmediziner aus der Region vertritt zwar immer wieder Kollegen, berichtet er auf Anfrage des Schwarzwälder Boten, doch "Zugriff auf deren Akten habe ich als Vertretungs-Arzt nicht". Wie sollen dann betroffenen Patienten zumindest an Kopien ihrer Akten kommen, wenn der Mediziner nicht mehr praktiziert und derzeit auch nicht auffindbar ist? "Das ist eine schwierige und sicher auch eine juristische Sache", meint der Fachmediziner. An persönliche Akten, informierte er weiter, gelange man nur dann, wenn man mit einer Praxis auch den Patientenstamm des Vorgängers übernehme.

Der Ärzteverband

Auch für Swantje Middeldorf, Pressereferentin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden- Württemberg, hört sich das ganze Geschehen nach einem Problem an, das nur juristisch geklärt werden könne. Patienten haben die Möglichkeit, die Kopien ihrer Akten einzufordern. Die Frage sei aber, ob ein solches Vorgehen auch Erfolg habe. Grundsätzlich seien Ärzte dazu verpflichtet, die Akten ihrer Patienten zehn Jahre lang aufzubewahren. Ein Recht auf die Originalakten haben Patienten indes nicht: "Diese dürfen Ärzte nie aus der Hand geben." Und was, wenn der Arzt seine Praxis schließt? Dann müsse er die Akten notfalls im eigenen Haus stapeln. Der Hausarzt könne auch nur bedingt weiterhelfen. Der bekomme allenfalls einen Arztbrief vom Facharzt, der freilich lange nicht so umfangreich wie die persönliche Krankenakte sei. Doch ob ein Arztbrief je beim Hausarzt ankomme, sei eine andere Frage. Dies geschehe nur, ob Überweisung oder nicht durch den Hausarzt, wenn Patienten ihre Zustimmung zu einem solchen Schreiben gegeben habe.