500 Gäste nahmen am Gesundheitskongress teil. Vordere Reihe rechts Werner Mezger, der über Megatrends sprach. Foto: Schück

"Man kann durchaus die Zukunft voraussehen:" Brauchtumsforscher referiert beim Gesundheitskongress an Hochschule Furtwangen.    

Schwarzwald-Baar-Kreis - Man kann durchaus die Zukunft voraussehen", ist Werner Mezger überzeugt. Der Direktor des Institutes für Volkskunde an der Universität Freiburg, der eigentlich eher durch seine profunde Kenntnis der schwäbisch-alemannischen Fasnet berühmt geworden ist, zeigte, dass er auch etwas von Zukunftsforschung versteht.

Ziemlich viele Megatrends, nämlich 15, und unter ihnen natürlich Gesundheit, zählte er in einem unterhaltsamen Vortrag im Rahmen des Gesundheitskongresses, der am Mittwoch an der Hochschule Furtwangen stattfand, auf. Die gemeinsame Veranstaltung von Gesundheitsnetzwerk Schwarzwald-Baar, Hochschule Furtwangen und Landkreis sowie der Stadt Furtwangen sei zu einer "Marke" geworden, schilderte Rektor Rolf Schofer in der Aula der Hochschule.

Immerhin ein Fünftel der Studiengänge der Hochschule Furtwangen betreffen bereits den Bereich Gesundheit. Die Tatsache, dass man am gleichen Tag das Future Care Lab in Furtwangen eröffnet habe, zeige, welche Bedeutung das Thema Gesundheit für den Standort Furtwangen habe. "Gesundheit ist ein Riesen-Thema im Schwarzwald-Baar-Kreis", erklärte Landrat Sven Hinterseh in seinem Grußwort. Schon 2009 habe der Landkreis sich auf den richtigen Weg gemacht und das Gesundheitsnetzwerk etabliert. Immerhin 10.000 Beschäftigte seien im Schwarzwald-Baar-Kreis im Gesundheitsbereich tätig.

Die Unterscheidung zwischen Gesunden und Kranken habe sich seit dem Mittelalter verändert, sagte Mezger zum Megatrend Gesundheit in seinem Vortrag mit dem Titel "Körper, Geist und Seele im Sog der Megatrends" vor circa 500 Gästen. "Die Grenzen zwischen Gesundheit und Krankheit sind fließend geworden." Während es im Mittelalter entweder nur Gesunde oder Kranke gegeben habe, so sei heute jeder sowohl gesund als auch krank. "Noch nie haben Menschen so viel über ihre Befindlichkeit wissen wollen wie heute. Mit dem Smartphone ist sie jederzeit abrufbar." Crosstrainer und Laufband im Wohnzimmer gehörten heute zum Trend. "Früher hätte man diese Geräte für ein bisschen pervers gehalten", sagte der Wissenschaftler. Ein großes Thema sei Ernährung, es gebe immer mehr Vegetarier und Veganer. "Wellness" sei eine Verwöhnkultur aus den 1980er-Jahren.

"Kräfte, die von heute in das Morgen führen, die Entwicklung einer Vergangenheit in die Zukunft", so definiert der Forscher Trends. Und Mega-Trends seien" besonders tief greifend und epochal". "Auf Dauer kann ein Megatrend die Gesellschaft überformen", sagte der Kulturwissenschaftler. Jede kulturelle Erscheinung vollzieht sich nach seiner Definition in drei Dimensionen, nämlich Zeit, Raum und Gesellschaft. "Zeit ist das, was wir nicht mehr haben, Raum hat sich nicht verändert, trotzdem ist die Welt kleiner geworden", sagte Mezger. Und selbst im kleinsten Dorf gebe es heute Personen "die uns fremd sind". Sobeschreibt er gesellschaftliche Veränderung. Der erste Megatrend ist für Mezger Globalisierung, dergestalt, dass viele Orte auf der Welt inzwischen gleich aussehen, wobei er gleichzeitig die Tendenz bei kleinen Ort sieht, ein Alleinstellungsmerkmal zu erhalten, die "Glokalisierung". Positiv seien neue Trends in der Gesundheitsversorgung, die durch Globalisierung kämen, wie zum Beispiel Akupunktur.

Mobilität sei ein weiterer Megatrend, der auch für die Gesundheitsversorgung wichtig sei, so Mezger, der auf Medizintourismus nach Osteuropa hinwies. Außerdem ein Megatrend ist der demografische Wandel. "Wir werden weniger, bunter und älter", zitierte der Wissenschaftler eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Nächster Megatrend ist folgerichtig die "Silver Society", die "jungen Alten", die einen "enormen Markt" darstellten. Ein genetischer Eingriff bei Würmern könne deren Lebensdauer verzehnfachen, stellte er in Aussicht, was dem Menschen bevorstehen könnte. Megatrend sechs ist die digitale Revolution, die, so Mezger, die Gesellschaft wahrscheinlich am meisten verändern werde. "New Work" ist laut Mezger der siebte Megatrend. Dazu zeigte er Personen mit einem Laptop am Strand. "Man kann sich die Arbeit einteilen, hat alle Zeit der Welt". Megatrend acht ist neue Wissensproduktion, wie zum Beispiel das Internet-Lexikon Wikepedia. Als weiteren Megatrend sieht Mezger die "Beratungsgesellschaft". Megatrend zehn ist die Beschleunigung: "Es muss alles immer schneller gehen, andererseits werden heute beschauliche Zeitschriften gekauft und gelesen, die man vor 40 Jahren nicht angerührt hätte, wie zum Beispiel ›Landlust‹". Nächster Trend ist "Neo-Ökologie", so dass zum Beispiel der Wald wieder zum neuen Erlebnis wird." Als weiteren "Mega-Trend" definiert Werner Mezger "Sicherheit". Angesichts von Terrorattentaten hätten die Menschen das Befürftnis nach ihr, sogar die Briten sprächen inzwischen von "German Ängst".