Wundpflege im Aufgabenspektrum ambulanter Pflege immer wichtiger / Service der AWO

Villingen-Schwenningen (cn) "Was sich nicht ändern lässt, muss ich akzeptieren", deutet Herbert Schroeter seine pragmatische Haltung zur eigenen Lebenssituation an. Vor drei Jahren musste sein künstliches Hüftgelenk entfernt werden, seither sitzt der Wahl-Villinger im Rollstuhl und ist auf Hilfe angewiesen. Dies gilt besonders für die Pflege seiner "offenen" Beine, um die sich das Pflegeteam der Arbeiterwohlfahrt (AWO) kümmert. Der Bedarf an Wundversorgung nimmt zu, weiß Annika Radtke, Krankenschwester mit Zusatzqualifikation als Wundexpertin. "Die Menschen sind länger alt und werden pflegerisch anspruchsvoller."

Ulcus cruris (lateinisch: ulcus – Geschwür, crus – Unterschenkel) heißt das Phänomen offener, oft schmerzhafter und nässender Wunden am Unterschenkel. Sie haben verschiedene Ursachen, aber eine gemeinsame Tendenz: Sie verheilen schlecht, schließen sich nur sehr langsam und oft gar nicht mehr. Die fehlende Fähigkeit der Haut, neue Schichten zu bilden, liegt oft an Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus, landläufig Alterszucker genannt, spielt häufig eine Rolle. Meist sind es mehrere Faktoren, die den Heilungsprozess erschweren oder verhindern. "Gerade Ältere haben oft Parallelerkrankungen, multimorbide nennen das die Mediziner", erklärt die Fachfrau.

Erfolgsentscheidend sei, die Ursache für offene Wunden zu kennen: "Danach richten sich Behandlung und Pflege." Dafür würden kontinuierlich neue Methoden und verbesserte Produkte entwickelt. Herausforderung sei, die individuell geeigneten herauszufinden. In enger Kooperation mit Haus- und Fachärzten bemühen sich die Pflegedienste um eine optimale Strategie; Schnittstelle ist ein "Wund-Manager". Bei ihm laufen die Fäden der interdisziplinären Vernetzung von pflegerischer und medizinischer Kompetenz zusammen.

Die Krankengeschichte von Herbert Schroeter beginnt 1973 mit einem "völlig überflüssigen Unfall", wie er sagt. Der damals 35-Jährige stürzte in der Toilette und brach sich den linken Oberschenkelhals. Er fiel ins Koma, wurde erst nach Stunden gefunden und in eine Klinik gebracht. Auch nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit wurde die Fraktur nicht diagnostiziert und wuchs schief zusammen. Gleichwohl kam der Elektromeister, der 60-jährig in Rente ging, bis 1995 ohne Prothese klar. Erst dann wurde er mit einer künstlichen Hüfte versorgt, die 16 Jahre gute Dienste versah. Doch 2011 sorgten entzündliche Abzesse und Keime für Komplikationen, das Gelenk musste entfernt werden. "Seither sitze ich im Rollstuhl."

Schon während der ersten Wochen nach der Operation entstand eine offene Wunde am Bein, die nicht einmal Schroeter selbst bemerkte. Beim Sturz im WC war der Ischias-Nerv lange eingeklemmt und so geschädigt worden, dass Unterschenkel und Füße seither schmerzunempfindlich sind. Der Traum von einer neuen Hüftprothese kann erst dann Wirklichkeit werden, wenn sich die offenen Wunden geschlossen haben. Herbert Schroeter ist sich bewusst, dass die Aussichten darauf recht bescheiden sind.

Eine "Mordsüberraschung" in dem schwierigen Prozess innerer und äußerer Umorientierung durch das Angewiesensein auf den Rollstuhl und Hilfe von außen sei die AWO gewesen. "So schnell, so pünktlich und flexibel", lobt er mit verschmitztem Blick zu Annika Radtke und Gunhild Schroeter-Brachmann. "Und so nett", ergänzt seine Ex-Frau, die sich seit gut einem Jahr ebenfalls täglich liebevoll um ihn kümmert, für den Haushalt und fürs Einkaufen zuständig ist. "Das ist ein großes Glück", sagt ihr ehemaliger Partner dankbar. Er revanchiert sich mit feinen Gerichten, denn er kocht leidenschaftlich gern. "Das geht im Sitzen ganz gut."

Gemeinsam freuen die beiden sich auch an Kater Leon, den die AWO-Pflegekräfte ebenfalls in ihr Herz geschlossen haben. Annika Radtke verscheucht ihn erst vom Schoß ihres Patienten, als sie mit dem Wechsel des Kompressionsverbands am rechten Bein beginnen will. Die Wunde dort ist kleiner geworden, während die linke stagniert. Herbert Schroeder gibt die Hoffnung nicht auf, dass sie sich doch noch schließt. "Eines Tages wieder laufen zu können, wäre schön."