Familienheim-Geschäftsführer Sebastian Merkle (rechts) stieß mit (von links) Oberbürgermeister Rupert Kubon, Dekan Josef Fischer, Prokuristin Melanie Pees und Diakonie-Geschäftsführerin Anita Neidhardt-März auf das soziale Management an. Foto: Spitz Foto: Schwarzwälder-Bote

Beispielhaft: Familienheim und Diakonie feiern zehn Jahre soziales Management

"Jeder kann einmal in eine schwierige Situation kommen", räumte der geschäftsführende Vorstand der Baugenossenschaft Familienheim, Sebastian Merkle, ein. Häufig aber vermute man die helfende Hand nicht beim Vermieter. Doch gerade bei der Familienheim pulsiert die soziale Ader gewaltig – und das seit zehn Jahren.

Villingen-Schwenningen. Die Baugenossenschaft Familienheim und das Diakonische Werk stießen am Donnerstag im Franziskaner mit vielen geladenen Gästen auf ihre bereits zehnjährige Kooperation an. Dabei wurde eines sonnenklar: Einfach einem Menschen Wohnraum zu vermieten und ihn bis zu seinem Auszug seinem Schicksal zu überlassen, das ist nicht Sache der Familienheim. Die Genossenschaft mit über 3000 Wohnungen im Schwarzwald-Baar-Kreis will sich auch kümmern, helfen, wo möglich. Sei es beim Messie mit vermüllter Wohnung, bei der Alleinerziehenden mit deutlicher Überforderung oder auch bei Mietstreitigkeiten.

Vor zehn Jahren habe man die Wichtigkeit des sozialen Managements erkannt, so Merkle rückblickend. Man war Vorreiter, von weither seien Neugierige gekommen, um zu sehen, "was die Schwarzwälder wieder Interessantes ausgeheckt hatten".

Bei der Familienheim mündete das auch in eine Person: Melanie Pees. 2006 zunächst als kaufmännische Mitarbeiterin zur Familienheim gekommen, kümmert sie, die sich augenzwinkernd selbst als "Sozialtussi der Familienheim" bezeichnet, sich als Prokuristin mit eigener Abteilung und drei Mitarbeitern nun um das soziale Management. Dass dieser Weg richtig ist in Zeiten, da, so Merkle, "Familienbande seltener geworden" sind und soziale Medien statt sozialer Kontakte gepflegt werden, belegten Pees und Anita Neidhardt-März, die Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes im Schwarzwald-Baar-Kreis, mit Zahlen: 178 Fälle in zehn Jahren, darunter 36 Fälle wegen Mietschulden, 26 wegen Mietschulden und sonstiger Belange, 65 Mediationen und 51 sonstige Fälle (etwa vermüllte Wohnungen), wurden bearbeitet. "168 Fälle sind gelöst", nur in zehn bestehe keine Erfolgsaussicht, "weil die Betroffenen einfach nicht mitmachen", so Neidhardt-März.

Beide erinnerten sich gut daran, wie alles begann: Mit einem Anruf von Melanie Pees bei weil über eine Mieterin Sorgen bereitete. Gemeinsam machte man sich auf zur Alleinerziehenden mit rückständiger Miete. Sie habe vergessen, eine Mieterhöhung beim Amt zu melden. Gemeinsam holte man das nach, die Miete floss – und nach und nach noch viel mehr Hilfe. Die Frau, eine ehemalige Drogensüchtige im Methadonprogramm, überfordert und mit "Riesenangst vorm Jugendamt" fasste Vertrauen – und habe ihr Leben dank vieler Hilfestellungen in den Griff bekommen. Ebenso wie eine Frau in einer vermüllten Wohnung. Ein Mitarbeiter des Regiedienstes der Familienheim hatte den Fall im Zuge einer Reparatur entdeckt. Mittlerweile führe sie, bis heute, "wieder ein geordnetes Leben". Die Liste der gemeinsam bewerkstelligten Projekte von Diakonie und Familienheim ist lang, darunter auch "Gemeinsam alt werden im Quartier" – in diesem Fall im Goldenbühl, wo jetzt Spieletreffs, Handarbeitsgruppen oder sonstige Aktionen stattfinden –, die Mahlzeit, mit der 14-tägig 60 bis 80 Personen ehrenamtlich verköstigt werden zum kleinsten Preis, oder die Zusammenarbeit mit der Stiftung Liebenau.

Ein Vorzeigeprojekt auch für andere Unternehmen sei das, lobte Oberbürgermeister Rupert Kubon und freute sich über die "Pioniertat, um Menschen in besonderen Lebenslagen in den eigenen vier Wänden weiterzuhelfen" in seiner Stadt. Viele, ebenfalls soziale Projekte stemmt man hier schon und noch gemeinsam: Mit dem Bündnis für Faires Wohnen wird sozialer Wohnraum geschaffen auf dem Mangin-Areal sowie preiswerter Wohnraum in den Mehrfamilienhäusern der französischen Militärangehörigen. Villingen-Schwenningen sei auf gutem Weg, "soziale Stadt zu sein". Einen großen Anstoß in diese Richtung gab es auch von Dekan Josef Fischer in seinem Impulsvortrag, denn wichtig sei, "mit welcher Achtung man den bedüftigen Menschen begegnet".