Die Flüchtlinge sind in fünf Leichtbauhalle untergebracht. Foto: Bloss Foto: Schwarzwälder-Bote

IHK-Neujahrstreff: Messegesellschaft enttäuscht über Verlegung nach Tuttlingen / Flüchtlingssituation im Griff

Aufgrund der "außergewöhnlichen Situation" auf dem Messeareal, so Präsident Dieter Teufel, wird der IHK-Neujahrstreff von Schwenningen nach Tuttlingen verlegt - sehr zum Unverständnis der Messegesellschaft.

Von Mareike Bloss

VS-Schwenningen. Wie berichtet, bestätigte die Industrie- und Handelskammer in einer Presseerklärung, dass ihr Neujahrsempfang am 14. Januar 2016 durch die Bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle (BEA) auf dem Messeareal erstmals in der Stadthalle Tuttlingen stattfinden werde.

Auch wenn die Veranstaltung auf der Messe logistisch ohne Probleme durchführbar sei, könne man nicht vorhersehen, wie sich die Flüchtlingssituation mittelfristig entwickeln werde, heißt es vonseiten der IHK weiter. Bereits vor einigen Wochen wurden Mutmaßungen laut, dass die IHK nach Ausweichmöglichkeiten suche, so war dafür unter anderem die Helios-Arena ins Gespräch gekommen.

"Wir bedauern die Entscheidung sehr. Denn die bisherigen Neujahrsempfänge haben gezeigt, dass der Standort ideal ist", sagt Patricia Leppert, Betriebsleiterin der SMA Südwest Messe- und Ausstellungs-GmbH. Auch für das Oberzentrum sei es stets eine schöne und wichtige Veranstaltung gewesen. "Verstehen können wir es nicht", fügt Leppert hinzu. Denn die Unterbringung der Flüchtlinge, die in fünf Leichtbauhallen neben den großen Messehallen geschützt erfolge, um den Flüchtlingen genug Intimsphäre zu gewähren, sei eine "völlig losgelöste Geschichte". Es würde zu keinerlei Kollision zwischen IHK-Gästen und Flüchtlingen kommen. Und auch die Zugänge zu den Hallen befänden sich an ganz anderer Stelle.

"Die Flüchtlinge interessieren sich überhaupt nicht für die Veranstaltungen, die in den Hallen stattfinden, sie sind froh, wenn sie ihre Ruhe haben können", meint Patricia Leppert. Und verweist auf die wenigen Zwischenfälle, die es seit Errichtung des Notquartiers Ende September auf dem Messeareal gegeben habe. Das führt Leppert auch auf den hohen Anteil der Flüchtlingsfamilien zurück, die teilweise mit Säuglingen nach Schwenningen gekommen und unauffällig seien.

Eine Unberechenbarkeit des kurzfristigen Flüchtlingszustroms sieht die Betriebsleiterin nicht gegeben: "Die Betreiberfirma ist geübt und rund um die Uhr vor Ort. Die Platzkapazitäten sind gedeckelt und die Anreise von neuen Flüchtlingen vom Regierungspräsidium Freiburg genau terminiert."

Es ist die erste Absage, die die Messegesellschaft seit September erhalten habe. Zwar hätten Veranstalter stets nachgefragt, ob die jeweilige Veranstaltung trotz BEA stattfinden könne, es habe aber bisher immer geklärt werden können. Und so werden bis zum voraussichtlichen Ende der Flüchtlingsunterbringung Ende März die traditionellen Messen für die "Trau", die Motorrad-Ausstellung oder die Jobs for Future wie gewohnt stattfinden.

Patricia Leppert: "Wir hoffen, dass die IHK ab 2017 wieder bei uns zu Gast sein wird. Dass der Neujahrsempfang jetzt nicht zustande kommt, ist sehr, sehr schade."

Kommentar

Wenn Thyssen-Krupp-Chef Heinrich Hiesinger am 14. Januar in der Tuttlinger Stadthalle seinen Vortrag zum Thema "Kultur- und Wertewandel als Voraussetzung für den Konzernumbau bei Thyssen-Krupp" hält, dann wird sich der eine oder andere IHK-Verantwortliche sicher peinlich angesprochen fühlen. Hat die IHK der Schwenninger Messe diesmal eine Absage erteilt, hat sie damit auch eine Absage an die Flüchtlings-Integration ausgesprochen. Sekt und Häppchen passen eben nicht zu einer aufgewärmten Suppe, die den Flüchtlingen in den Zelten gegenüber ausgegeben würde. Schade – nicht nur um den Standort VS, wie Patricia Leppert sagt, sondern auch wegen des "Gschmäckles", das die IHK beim Thema Flüchtlinge hinterlässt. Der Kultur- und Wertewandel sollte erst einmal in den Köpfen stattfinden, statt in der großen weiten Wirtschaftswelt.