Der Kabarettist Christoph Sonntag brachte am Mittwochabend in der Neuen Tonhalle in Villingen gut 900 Menschen zum herzhaften Lachen. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder-Bote

"Rebellischer Kabarettist" Christoph Sonntag beschreibt unser aller Alltag

VS-Villingen (bn). Es gibt nicht nur Rebellen, sondern auch Kabarettisten aus dem Remstal. Christoph Sonntag gehört gar der Gattung "rebellischer Kabarettist" an und trifft damit den Nerv seines Publikums.

In der ausverkauften Neuen Tonhalle schnappte das schon nach wenigen Worten des Waiblingers nach Luft – vor Lachen. "Genauso ist es" – auch diesen Satz hörte man aus den Zuschauerreihen zwischen Gelächter immer wieder heraus.

Christoph Sonntag ist einer, der die Welt, vor allem unser aller Alltag, so gut kennt wie wir selbst, der ihn aber – in akzentfreiem Schwäbisch natürlich – beschreiben kann wie kein Zweiter: auf den Punkt, unverblümt und gnadenlos, manchmal bitterböse, aber immer oberhalb der Gürtellinie. Es sei denn, er prangert die Existenz von Pissoirs an oder vergleicht den Charme von Andrea Nahles mit der einer Prostatauntersuchung.

Vor der Kulisse des Neuen Schlosses in Stuttgart – "habe ich mitgebracht, solange es noch oben ist" – samt Replikt des Schlossbrunnen politisiert Sonntag genauso gerne, wie er den Geschlechterkampf aufs Korn nimmt: "Frauen an die Macht – macht sauber, macht Essen, macht Kaffee". "Wir brauchen Politik von Profis, nicht von der Leyen", ätzt er in Richtung Regierung und unterstellt Seehofer das Porzellansyndrom – "nicht mehr alle Tassen im Schrank". Thomas de "Misere" kriegt sein Fett ebenso weg wie Stefan Mappus, der sich von seiner Pension vielleicht einen Wasserwerfer in den Vorgarten stellt und jeden vorbeigehenden Senior fragt: "Wollen sie mal ein Auge drauf werden?" Autsch!

Doch es geht bei Christoph Sonntag auch friedlicher, wenngleich mit ebensolchem Tiefsinn. Sohn fragt Vater: "Wie habt ihr früher Selfies ohne Smartphone gemacht?" "Gar nicht!" "Woher hast du dann gewusst, wie die Mama aussieht?" "Ich habe sie angeschaut" "Krass, Alter, voll analog!"

Ob Neue-Medien-Hype, Kindererziehung, IBAN oder die Englischkenntnisse von Oettinger – Christoph Sonntag ist nichts heilig, und er schlägt auch gerne zwei Fliegen mit einer Klappe: Einen Live-Mitschnitt für seine SWR3-Sendung "Muss des sei…." erledigte er an diesem Abend gleich mit.

Das große Los gezogen hatten "Sascha und Isabelle aus Weilersbach" in der ersten Reihe, die Sonntag in das Lieblingsspiel vieler Komiker einbezog und als roten Faden durch den Abend spannte. Er outete sich als Haustierhasser, schlüpfte in die Rolle eines Märchen vorlesenden Notars – "nach Infangnahme der Kugel ist der Fresser ablebig" (Rotkäppchen) – und beleuchtete die "Quantendynamik" der Frauen: Die Banken rechnen den Männern vor, wo ihre Frauen überall zum Shoppen gewesen sein müssen. Als Landesvater Kretschmann als Skulptur vor dem Neuen Schloss – "neben dem kleinen Nils und Stefan Mappus in Mops-Form" – bewies Christoph Sonntag auch seine Fähigkeiten als Stimmenimitator.

Sein Publikum entließ Sonntag nicht ohne Hausaufgaben, nämlich Antworten zu finden auf Fragen wie: Wenn Katholiken demonstrieren, sind sie dann Protestanten? Welche Farbe nimmt ein Schlumpf an, wenn man ihn würgt? Ist ein Schäfer, der seine Schafe verhaut, ein Mähdrescher? Wenn Du bei der Deutschen Bahn schaffst, darfst Du dann mit dem Zug zur Arbeit kommen oder musst Du pünktlich sein?

Christoph Sonntag ist nicht nur ein erfolgreicher Kabarettist, sondern auch Stiftungsvorsitzender. 2007 gründete er die "Stiphtung Christoph Sonntag", die sich unter dem Projekttitel "Sternchenfänger" vor allem um Kinder und Jugendliche kümmert. Auch dafür warb der Schwabe am Mittwochabend in Villingen.