Ewald Schäfer (vorne) und Berthold Reisle: Die beiden seit Jahren begeisterten Modellbauer und -flieger zeigen, was mit Eigenbauten heute möglich ist: beispielsweise Schleppflug. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder-Bote

Für Modellbauer Schäfer beginnt die Freiheit unter den Wolken

Von Wolfgang Trenkle

Villingen-Schwenningen. Die Faszination vom Fliegen hat Ewald Schäfer ergriffen – auch wenn es "nur" Modelle sind, die er in luftige Höhe steigen lässt.

Reinhard Mey besang es zwar sehnsüchtig, aber trotzdem muss Fliegen nicht immer über den Wolken stattfinden. Beispielsweise auf dem Villinger Modellflugplatz – da wäre es sogar fatal, denn Sichtkontakt ist für die Fernsteuerpiloten zwingend. Rein theoretisch wäre es offenbar durchaus möglich, außerhalb der Sichtweite zu fliegen. Die Fernbedienungen sind leistungsfähig, rund drei Kilometer schätzt Ewald Schäfer deren Reichweite.

Schäfer hat an einem sonnigen Tag oberhalb der Zähringerstadt mal wieder seine "Supercup" aufgebaut. Der Eigenbau mit vier Metern Spannweite ist zwar nur ein Modell aus Kiefer-Sperrholz im Maßstab 1:3, harmlos ist er allerdings nicht. Der Motor mit 100 Kubikzentimetern Hubraum erreicht eine Leistung von bis zu elf Pferdestärken. Damit schlägt er locker so manchen Benzin-Rasenmäher. Dem drehenden Propeller zu nahe zu kommen, ist dementsprechend nicht ungefährlich. Schneller als ein Rasenmäher ist die "Supercup" außerdem: "Zwischen 50 und 70 Stundenkilometer sind machbar", meint der Flieger, der schon seit 1981 Modellflugzeuge baut. Etwa 50 Stück hat er inzwischen geklebt, gelötet, gesägt...

Über ein solches Fluggerät die Kontrolle oder es als Ganzes gar aus den Augen zu verlieren, wäre fatal und kommt glücklicherweise nur äußerst selten vor. Einem Kollegen aus der Modellflug-Gruppe Villingen-Schwenningen ist dies vor Jahren durch einen Schwächeanfall sogar einmal passiert. Das Modellflugzeug landete damals, von Villingen aus gestartet, in Urach – sogar ohne Schaden anzurichten und ohne selbst Schaden zu nehmen. Glück im Unglück.

Bei Windstille können die Hobbyflieger besonders ihre Qualitäten zeigen. Einfach starten und wieder landen ist für ambitionierte Modellflieger-Asse kaum mehr interessant. Wie bei den Fliegern in Maschinen im Maßstab 1:1 wachsen mit der Erfahrung Ansprüche und selbstgesteckte Ziele. Loopings fliegen, Schrauben drehen – da wird es schon spannender. Gemeinsam mit Berthold Reisle zeigen die beiden, was heute im Modellbau möglich ist.

Der Hochemminger Reisle ist auch ambitionierter Bastler. Seine "Ka8b" mit fünf Metern Spannweite, ebenfalls im Maßstab 1:3, besitzt jedoch keinen Motor, es ist ein Segelflugzeug, dessen Orginal den 50ern entstammt. Während Schäfer spätestens dann landen muss, wenn der 750-Milliliter-Benzintank leer ist, kann Reisle stundenlang in der Sonne kreisen – wie die großen Segelflugzeuge.

Und ganz gleich wie die Großen Vorteile haben, gibt es auch Nachteile im Maßstab 1:1. Wie kommt das Flugzeug in die Luft? Hier hilft Schäfer: Seine "Supercup" kann mit einem bis zu 300 Meter langen Schleppseil ausgestattet werden. Und so zieht er beispielsweise Reisles "Ka8b" binnen weniger Minuten hoch unter die Wolken. Dort angekommen, wird das Seil ausgeklinkt. Dann geht sie los, die Freiheit unter den Wolken. "Über den Wolken würde, was uns groß und wichtig erscheint, plötzlich nichtig und klein", heißt es bei Reinhard Mey. Wenn im Modellflug unter den Wolken große Sorgen vielleicht nur in den Maßstab 1:3 verkleinert und nicht ganz nichtig werden, ist das aber auch schon was.