Vor dem Landgericht Konstanz wurde der Fall verhandelt. Der Täter wurde zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Foto: Seeger

Dreieinhalb Jahre Haft. Angestellte identifizieren Täter eindeutig. 20 Schlaftabletten geschluckt.

Villingen-Schwenningen - Für dreieinhalb Jahre schickte das Landgericht Konstanz den 36-jährigen Mann ins Gefängnis, der im Februar eine Tankstelle in Schwenningen überfallen hatte.

Wie berichtet, war der drogensüchtige Mann aus Estland zum Tatzeitpunkt nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Kurz vor der Tat hatte er in Selbstmordabsicht 20 stark wirkende Schlaftabletten geschluckt. Das Gericht berücksichtigte diesen Umstand und verhängte eine mildere Strafe. Die Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt scheiterte an einer fehlenden Erfolgsaussicht. Verantwortlich dafür machte das Gericht vor allem die fehlenden Sprachkenntnisse, die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Therapie sei.

Der 36-Jährige hatte erst wenige Wochen zuvor in Schwenningen eine Wohnung bezogen und im Raum Rottweil eine Arbeitsstelle als Bauhelfer angetreten. Er war nach Deutschland gekommen, um mehr Geld zu verdienen. Damit wollte er seine Freundin beeindrucken. Er hatte sie kurze Zeit nach der Entlassung aus einem Gefängnis in Estland kennengelernt. Dort hatte er wegen Mordes zwölf Jahre Haft verbüßt.

Als die Frau sich wegen seiner Drogenproblematik von ihm trennte, unternahm er angeblich zwei Selbstmordversuche. Am Tattag sollte es zum Finale kommen. Da die Tabletten nicht schnell genug wirkten, griff sich der benebelte Mann eine Schreckschusswaffe, die er im Auto liegen hatte. "Ich wollte die Polizei provozieren, damit sie mich erschießt", übersetzte eine Dolmetscherin seine Aussage am ersten Prozesstag.

Als er die insgesamt sechs Angestellten mit der Pistole bedrohte und Geld verlangte, hielten diese die Waffe für echt. Der Schreck saß den drei Angestellten, die das Gericht als Zeuginnen geladen hatte, auch vor Gericht noch in den Gliedern. Besonnen hatte eine von ihnen dem Räuber damals die 315 Euro ausgehändigt, die sich nach der Abrechnung noch in der Kasse befanden. Der Mann habe sich schwankend aufrecht gehalten und "verschwommene" Augen gehabt, berichteten die Frauen.

Als er den Verkaufsraum verlassen hatte, habe er noch einen Schuss in Richtung Tür abgebeben. Der verständigten Polizei gelang es erst nach einer wilden Verfolgungsjagd, den Täter zu stellen. Weil er der Aufforderung anzuhalten nicht folgte, sondern noch einen Schuss aus dem Wagenfenster abgab, zerschoss einer der Beamten einen Hinterreifen des Fluchtwagens. Doch erst ein Baum in der Nähe von Niedereschach konnte den blauen Peugeot stoppen. Der 36-Jährige landete mit erheblichen Verletzungen auf der Intensivstation. Vor Gericht behauptete er, er könne sich überhaupt nicht an den Überfall erinnern, schloss es aber auch nicht aus, dass er es getan hatte. Die Angestellten aus der Tankstelle identifizierten ihn eindeutig als den Räuber, der sie so nachhaltig erschreckt hatte. Er hat bereits fünf Monate Untersuchungshaft verbüßt.