Der Bau ist auf Eis gelegt. Doch Reiner Schorer kündigt an, den Rechtsweg bis zum Ende beschreiten zu wollen. Foto: Pohl

Stadt reagiert auf Vorwürfe von Reiner Schorer. Eigentümer macht Hintergründe öffentlich.

VS-Schwenningen - Rund 60 Jahre lang wurde das Elternhaus von Reiner Schorer als Wohnhaus genutzt. Doch er und seine Frau sollen nicht dort einziehen dürfen. Laut Stadtverwaltung dürfe eine derartige Nutzungsgenehmigung nicht erteilt werden.

Reiner Schorer, Inhaber des Auktions- und Pfandhauses in Schwenningen, wird die Stadt verlassen. Diese Nachricht hat Ende vergangener Woche hohe Wellen geschlagen. Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit der Stadt Villingen-Schwenningen über ein privates Bauvorhaben. Schorer wollte sein Elternhaus auf der Gemarkung Mühlhausen, an der Bundesstraße 27, umbauen, um mit seiner Frau zukünftig darin zu wohnen. Doch die Stadt lehnte ab. "Das Gebäude aus den 50er-Jahren war lediglich für landwirtschaftliche Nutzungen als Hühnerstall beantragt und genehmigt", begründet die Verwaltung in einer Stellungnahme auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Diese Begründung kann Schorer nicht nachvollziehen, "da das Haus seit rund 60 Jahren durchgehend als Wohnhaus genutzt wurde", erklärt er. Erst von den Eltern, dann von Onkel und Tante und zuletzt von mehreren Mietern. Vater Gerhard Schorer zeigt ebenfalls kein Verständnis: "Wir mussten damals aus unserer Wohnung in Mühlhausen raus, durften aber nicht nach Schwenningen ziehen, und haben schon während der Bauphase die Nutzung als Wohnhaus vom damaligen Bürgermeister Meßmer zugesagt bekommen."

Der Vorwurf der Stadt, dass im Laufe der Jahre das Gebäude ohne Kenntnis und Genehmigung der zuständigen Behörden schrittweise so ertüchtigt wurde, dass es als Wohnraum genutzt werden konnte, sei deshalb schlichtweg falsch. "Das Haus war aufgrund der Umstände von Anfang an als Wohnhaus gebaut", widerspricht Gerhard Schorer. Dass die neuerlichen Umbauten, die Reiner Schorer veranlasst hat, nicht genehmigt seien, wie es die Stadt schreibt, sei richtig. "Allerdings nur deshalb, weil ich zuvor auf dem Bauamt gewesen bin und der zuständige Sachbearbeiter zu meinen Plänen lediglich sagte, dass ich dafür keine Baugenehmigung brauche." Das sei leider nur die halbe Wahrheit gewesen und keine vollständig Antwort, wie Rechtsanwalt Stefan Bartholme der Behörde vorwirft. "Es mag sein, dass es sich um ein verfahrensfreies Bauvorhaben handelt. Aber es wäre eine vollumfängliche Prüfung aller rechtlichen Vorschriften notwendig gewesen." Schorer handelte nach der Aussage des Sachbearbeiters allerdings in der Überzeugung, dass alles in Ordnung sei. "Die Folge war, dass die Bauaufsichtsbehörde den Bau zum 16. August 2016 einstellte", sagt Bartholme.

Die Verwaltung teilt in ihrer Stellungnahme außerdem mit, dass diese Umnutzungen zu einem Wohnhaus nach den angeblich schrittweisen Umbauten, jeweils einer Genehmigung bedurft hätten, diese jedoch nie erteilt worden seien. Dem entgegnet Schorer mit einem Schreiben, datiert auf den 10. Februar 1988, welches den Titel "Veränderungsnachweis" trägt. Die Unterlagen vom städtischen Vermessungsamt bestätigen eine "Änderung der Nutzungsart" für das Gebäude Mühlbachstraße 75 zum Wohnhaus mit Garage. Auch die Vorwürfe, die Stadt habe all die Jahre von der Nutzung als Wohnhaus nichts gewusst, sind für Schorer nicht nachvollziehbar. Beim Bau der Bundesstraße seien Strom, Wasser und Kabelfernsehen aus dem Industriegebiet über mehrere hundert Meter unterirdisch zu diesem Haus gelegt worden. Selbst die Kanalisation sei erneuert worden. "Es kann mir keiner erzählen, dass davon niemand Kenntnis gehabt haben soll."

Wie berichtet, eskaliere dieser Streit nur, weil die Stadt einen kleinen Passus, den die Partei Schorer vorgeschlagen hat, ablehne. "Wir wollen, dass Familie Schorer im Falle einer Zerstörung des Hauses durch höhere Macht oder Fremdverschulden, an selber Stelle das Haus wieder aufbauen darf", erklärt Bartholme. "Und das sogar zeitlich begrenzt – nämlich nur solange das Ehepaar Schorer lebt." Dafür gab es von der Verwaltung aber keine Erlaubnis. "Eine grundsätzlich dauerhafte Genehmigung eines Wohngebäudes an diesem Ort, darf die Kommune nicht erteilen, da es sich um ein Gebäude im Außenbereich handelt", so die städtische Begründung. Einer Duldung der Wohnnutzung ohne den Rechtsanspruch, hätte die Stadt laut Schorer allerdings zugestimmt. "Aber ich unterschreibe nicht meinen finanziellen Selbstmord." Denn im Klartext würde diese Vereinbarung bedeuten: Sollte das Haus durch einen Blitzeinschlag oder andere Naturereignisse zerstört werden, stünde Schorer vor dem Nichts. "Keine Versicherung deckt dieses Risiko ab."

Reiner Schorer will zwar den Rechtsweg bis zum Ende beschreiten und gegen die Stadt prozessieren. Doch geschäftlich hat er bereits einen Entschluss getroffen: "Ich werde noch dieses Jahr mit dem Firmensitz des Auktionshauses von Schwenningen wegziehen. Das Pfandhaus wird mein bisheriger Mitarbeiter Patrick Wiehl weiterführen." Das sei keine Trotzreaktion, aber er habe tagtäglich geschäftlich mit diesen Behörden zu tun und könne mit diesen Personen nicht mehr zusammenarbeiten. Wie er dem Schwarzwälder Boten bereits letzte Woche verriet, zieht es ihn wohl nach Bad Dürrheim.