Jörg Iwer (links) wurde für seine langjährigen Verdienste um das Sinfonieorchester zu dessen Ehrendirigenten ernannt, die Urkunde überreichte Andreas Dobmeier, Leiter des Amtes für Kultur. Foto: Limberger Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur: Sinfonieorchester VS, Kantorei und Solisten treten beim Abschiedskonzert des musikalischen Leiters mit viel Leidenschaft auf

Ein großes Abschiedskonzert nach zwei Jahrzehnten sehr erfolgreicher Arbeit mit dem Sinfonieorchester VS gab Dirigent Jörg Iwer in einem sehr gut besuchten Franziskaner-Konzerthaus.

Villingen-Schwenningen. Somit gab es am Ende des Konzertes auch lang anhaltenden Applaus für den 60-jährigen Dirigenten und Komponisten, der einmal mehr eines seiner Werke im Konzert vorstellte und damit einen schönen Beitrag zum Thema "500 Jahre Luther" präsentierte. Es gab Standing Ovations für einen passionierten und vielschichtigen Musiker und einen leidenschaftlichen Komponisten, der für das Komponieren in Zukunft auch mehr Zeit haben wird.

Am Feiertag stellte er mit dem "Oratorium Wittenberg 1517" ein eindrückliches und sehr interessantes Werk zum Thema "500 Jahre Reformation" vor. Neben dem Orchester präsentierten die Villinger Kantorei, drei Gesangssolisten und Musiker im Vorraum des Konzerthauses sowie auf der Empore ein bemerkenswertes Festkonzert auf hohem musikalischen Niveau. Unterstützung im Konzert erhielt Jörg Iwer durch den Brasilianer Cesar Masano Cavaloti als Dirigier-Assistenten, er wirkte bei verschiedensten Einsätzen beim Festkonzert mit.

Leise abgestimmt

Leise eingestimmt wurden die Besucher mit Charles Edward Ives’ Stück "The Unanswered Question", ein Stück für die Experimentierfreude des amerikanischen Komponisten mit einer sehr langsamen Folge reiner Akkorde, der Holzblasinstrumente gegenübertreten. Die kurze Passage der Trompete gibt ein Motiv vor, das der Komponist als "die ewige Frage nach der Existenz" beschreibt.

60 Sänger und Solisten

Fast 60 Sänger sowie die drei Solisten Guona Yin (Sopran), Andreas Jören (Bariton) und Gamaliel von Tavel (Bassbariton) betraten anschließend die große Bühne des Konzerthauses. Die 60 Sänger teilten sich in zwei gegenüberstehende Gruppen auf.

Aus elf verschiedenen Sätzen bestand das von Jörg Iwer komponierte Oratorium Wittenberg 1517. Es entstand in den Jahren 1999 und 2000 als Auftragwerk der Lutherstadt Wittenberg. In die Komposition verarbeitete Jörg Iwer Texte aus der Bibel, der Carmina Burana-Sammlung, von Georg Trakl, Ingeborg Bachmann, Augustinus und anderen. Zentrales Thema: der Aufbruch der Menschheit aus dem Mittelalter in die Moderne. Die elf Abschnitte der Komposition beleuchten jeweils einen Aspekt dieses Aufbruches. Und es sollte ein sehr aufwühlendes und bewegtes Bild dieses Aufbruches werden, mit Blockflöte, Trommeln und Trompeten, die zunächst ein noch düsteres Treiben musikalisch vermitteln, das sich beispielsweise im "Frühlingstanz" auflöst, Heiteres bringt und im folgenden Abschnitt wieder in die mittelalterliche Musik mit einem schwermütigen Teil abgleitet.

Hohes Niveau des Chores

Schöne Duette folgen, und im siebten Abschnitt zeigt ein sehr präzise ausgesungener energiegeladener Part durch die Villinger Kantorei einmal mehr das hohe Niveau des Chores.

Die drei Solisten brillieren in ihren Gesangspartien. Das "Liebeslied" im zehnten Abschnitt zeigt heiteren anmutigen Charakter durch eine fein auftretende Frauengruppe, ehe Trompeten, Trommeln und das Gesamtorchester wieder überleiten in den gewaltigen Schlusspart. Es war ein bravouröses Spiel des Orchesters, gut aufeinander abgestimmt sind Orchester und Kantorei. Die nicht auf der Bühne agierenden Musiker vermitteln Kraftvolles, und in der Mitte der Bühne steht der Mann, der alles in ein schönes Gesamtwerk inszenierte: Jörg Iwer, der scheidende Dirigent des Sinfonieorchesters, der an diesem Abend zum Ehrendirigenten des Sinfonieorchesters VS ernannt wurde

Villingen-Schwenningen (wli). Große Worte des Lobes für den scheidenden Dirigenten Jörg Iwer gab es zu Beginn des Abschiedskonzertes am Nachmittag des Feiertags vor großem Auditorium im Franziskaner-Konzerthaus durch Andreas Dobmeier, den Leiter des Amtes für Kultur.

Er dankte dem langjährigen Chefdirigenten dieses weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Sinfonieorchesters, das Jörg Iwer zu einem Aushängeschild der Stadt und der gesamten Region gemacht habe, einmal von 1991 bis 2002 und ein zweites Mal, als ihn die Musiker 2009 erneut zum Chefdirigenten wählten.

Viele musikalische Glanzpunkte habe er mit dem Orchester in zahlreichen Konzerten gesetzt, die Standardliteratur gerne mit Musikerinnen und Musikern erarbeitet, aber auch musikalische Wege abseits des Konventionellen gewählt.

Als Komponist habe er den Besuchern viele außergewöhnliche Erlebnisse beschert und speziell für die Doppelstadt Werke komponiert, beispielsweise die Hymne "Natura Aglutinata" zur Eröffnung der Landesgartenschau Villingen-Schwenningen 2010. Ebenso Festfanfare und Festouvertüre zum Stadtjubiläum "1200 Jahre urkundliche Ersterwähnung von Schwenningen, Tannheim und Villingen".

Im Gedächtnis bleiben werden auch seine Werke für Kinder und Iwers wichtiges Anliegen, Kinder und Jugendliche an klassische Musik heranzuführen. Was ebenso bleibt von ihm, sei die Gründung der Jugendorchesterakademie, deren Gründung mit der Musikakademie von ihm mit großem Elan vorangetrieben wurde.

Eine neue Zeit gibt es nun für Jörg Iwer, sein Leben zu überdenken und den Dingen mehr Zeit einzuräumen, die er außerhalb der Musik noch gerne betreibt: wandern, segeln und paddeln.

Als Zeichen des Dankes und der Anerkennung für seine großen Verdienste um das Sinfonieorchester Villingen-Schwenningen wurde Jörg Iwer mit einer schönen Urkunde zum Ehrendirigenten ernannt.